I get mom-bashed all the time …
... because I am not complaining
Nicht müde? Kein weinendes Kind? Kein Stress mit dem Partner? Die Antwort: ein augenrollendes „Schön für dich!“
Wir sind wieder da! 2 Wochen Mallorca und damit unser erster großer Urlaub als Familie in der Sonne (die sich dann leider doch weniger gezeigt hat als erwartet). Mein Urlaubsfazit mit Kind: unbedingt machen! Das gilt zumindest für mich. Auf diesen Instagram Post, in dem ich meine positive Erfahrung teilte, erhielt ich jedoch gleich einen Kommentar in diesem Ton: „Schön für dich, dass du einen schönen Urlaub hast, aber warum musst du das teilen, das macht alle anderen mit anderen Erfahrungen mundtot.“ Ich war (leider) ganz und gar nicht überrascht über diese Reaktion, schon beim Tippen der Zeilen war mir bewusst, dass ich mich mit diesem Post aufs Eltern-Glatteis bewege. Muttersein als öffentliche Person, das ist Fluch und Segen zugleich. Im Teilen von Erfahrungen aber bedauerlicherweise öfters Fluch. Mom-Bashing – und darunter fällt auch der Kommentar oben – ist an der Tagesordnung. Du hast es schwer? Stell dich nicht so an. Der kleine Zeh deines Kindes ist in der Sonne: Das gibt bestimmt Sonnenbrand! Dein Kind schläft in einem Babynest? Erstickungsgefahr! Und eben auch: Bei dir in der Mutterschaft läuft alles glatt und du bist happy? Bitte töne das nicht so laut in die Welt heraus! Oder auch „Warts mal ab!“
Boah, ich bin es so satt. Erfahrungen, Enttäuschungen und eben auch Erfolge als Mutter zu teilen, bedeutet anscheinend immer, jemanden auf den Fuß zu treten – und dabei selbst über einen Scherbenteppich zu laufen. Alles wird bewertet, verglichen und auf die Waagschale gelegt.
Neulich unterhielt ich mich in einem Restaurant nett mit einer anderen Mutter. Wir sprachen über Zähne und darüber, dass mein Sohn stehen kann. Alles war schön, wir bewunderten gegenseitig die Kleidung des anderen Kinds. Bis zu dem Punkt, an dem wir feststellten, dass unsere Kinder gleich alt waren. Und ihr Kind liegt, meines krabbelt, steht und sitzt. Zack, war das Gespräch beendet und die Mutter weg. Ich wurde das dumpfe Gefühl nicht los, dass ich das Alter meines Sohnes lieber hätte verschweigen sollen …
Und auch sonst habe ich mich als Mutter verändert, bin stiller und zurückhaltender geworden. Denn oft sitze ich bei Events und auch privat neben Müttern, die sich über ihre Erfahrungen austauschen: Kinder, die die ganze Zeit schreien, nicht schlafen wollen, laut sind, Lohn- und Carearbeit, die sich nicht vereinbaren lassen. Kenne ich! Gerade mit letzterem struggle ich JEDEN Tag, auch ich hab schlechte Nächte, auch mein Kind zahnt … Aber zu 99 Prozent der Zeit tut es das eben nicht - und ich bin, ich traue mich es kaum hierhin zu schreiben - glücklich und es geht mir gut.
Ich komme sehr gut mit wenig Schlaf aus und merke ihn körperlich kaum, mir macht mein Kind zu 99 Prozent der Zeit Spaß und ich wertschätze meine Arbeit als auch die Carearbeit sehr - was nicht heißt, dass ich das System, in dem wir unsere Kinder großziehen, richtig finde. Zu meiner Haltung, meiner Entspanntheit und meinem Verhalten empfundenen Glück trägt dabei sicherlich auch meine privilegierte Lebens- und finanzielle Situation sowie meine gleichberechtigte Partnerschaft bei, das ist mir bewusst!
Und ich weiß auch, dass man bei Unzufriedenheit oder dem Empfinden von Missständen schneller das Bedürfnis hat, zu teilen, laut zu sein, sich zu beschweren und online nach Hilfe und Verbündeten zu rufen, als sein Glück in die ganze Welt hinauszuschreien. Trotzdem müssen wir das auch dürfen als Mütter. Wir dürfen auch sagen, dass wir gut schlafen, dass unsere Kinder nicht schreien, dass wir mit ihnen unsere Leidenschaften weiter ausleben können und wir genug Energie haben, uns selbst zu verwirklichen (Zeit ist da nochmal ein anderes Gut). Ja, ich traue mich das hier mal zu schreiben: Ein Kind zu haben ist (momentan) schöner und auch leichter, als ich es mir vorgestellt habe.
Erfahrungen können nebeneinander stehen, ohne sich gegenseitig zu bewerten. Und ich sehe, höre und schätze alle Erfahrungen. Aber ich möchte bei der nächsten Unterhaltung nicht mehr still mit meinem Sohn auf dem Schoß sitzen – aus Angst und höflicher Zurückhaltung, mein Glück zu teilen und dafür ein Augenrollen oder eine ironisches „Schön für dich“ als Antwort zu bekommen. Let us simply be mothers - in jeder Variante, Stimmung und mit jeder Erfahrung.
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Fotos:Janine Sametzky