


Kann man wirklich alles haben? Babba Rivera sagt: Ja!
Wie man in den Dreißigern alles unter einen Hut bekommt, ohne den Verstand zu verlieren
Die erste Ausgabe von „More Than A Title“ – ehrliche Gespräche mit Frauen, die nicht nur erfolgreich und stilvoll sind, sondern auch erfrischend echt
Darf ich vorstellen: More Than A Title. Eine neue Interviewreihe, die Frauen in den Mittelpunkt rückt, die mit Stil und Substanz führen.
In More Than A Title treffe ich inspirierende Frauen, die nicht nur ganze Branchen prägen, sondern auch unser Verständnis von Erfolg, Identität und Selbstbestimmung auf den Kopf stellen. Es sind offene, ungefilterte Gespräche – über Karriere und Kreativität, Mutterschaft und Sinnsuche, Druck und Selbstverwirklichung. Frauen, die zeigen, dass hinter jeder glänzenden Fassade noch viel mehr steckt.
Diese Woche spreche ich mit Babba Rivera: Unternehmerin, Fashion-Ikone, Mutter von vier Kindern – und noch so viel mehr.
Ich arbeite seit über zehn Jahren als selbstständige Journalistin – Interviews sind für mich eigentlich Alltag. Und trotzdem: Als ich durch die Kopfsteinpflasterstraßen von Soho schlendere, auf dem Weg zu meinem Treffen mit Babba Rivera, spüre ich dieses bekannte Kribbeln im Bauch – eine Mischung aus Vorfreude und Aufregung.
Typisch New York: Babba landet erst mal im falschen Café (mal ehrlich – wie können drei Läden mit demselben Namen nur fünf Blocks auseinanderliegen?). Während ich auf sie warte, nutze ich die Zeit, um mich zu sammeln – und über das Thema unseres Gesprächs nachzudenken: die Dreißiger. Dieses kraftvolle, prägende Jahrzehnt – vor allem für Frauen. Plötzlich stehen die großen Fragen des Lebens im Raum und wollen Antworten: Bist du mit dem richtigen Partner zusammen oder willst du ihn noch finden – oder eben nicht!? Oder heiratest du vielleicht bald?! Denkst du über Kinder nach? Stellst du deine Karriere in den Vordergrund – oder versuchst du, mehr Raum für dich selbst, deine Freundschaften, deine kreative Seite zu schaffen?
Die Zwanziger sind zum Ausprobieren da. In den Dreißigern dagegen wird erwartet, dass du dich kennst – und selbstbewusst agierst.
Und da kommt sie auch schon, eine knappe Stunde wegen des New Yorker Verkehrs zu spät: Babba Rivera. Stil-Ikone, Unternehmerin der neuen Generation, ehemalige Gründerin einer angesagten PR-Agentur – heute CEO der Kult-Haarpflegemarke Ceremonia. Und Mutter von vier Kindern. Als sie schließlich auftaucht, sieht sie aus, als wäre sie gerade einem Magazin-Cover entsprungen: strahlend schön im weißen Abendkleid, völlig unbeeindruckt vom Großstadttrubel um uns herum. Wir landen auf zwei Metallstühlen auf dem Bürgersteig in Midtown, das Café hat längst geschlossen, die U-Bahn rumpelt unter uns, Autohupen liefern den Soundtrack. Es ist alles andere als ein klassisches Interview-Setting – und doch fühlt es sich irgendwie genau richtig an.
Auf den ersten Blick strahlt Babba eine ruhige Souveränität aus – wie jemand, der alles im Griff hat. Doch je länger wir sprechen, desto klarer wird: Ihr Weg war alles andere als geradlinig. Die Dreißiger sind kein Spaziergang – schon gar nicht, wenn man ein Unternehmen führt, eine Ehe pflegt und gleichzeitig vier kleine Töchter großzieht. Und trotzdem hält Babba an einer Überzeugung fest, die sie wie ein innerer Kompass begleitet: Man kann alles haben. Aber wie genau macht sie das? Und was bedeutet dieses „alles haben“ eigentlich wirklich?
Schauen wir mal genauer hin.
Marie: Gab es in dieser Woche einen kleinen Moment, der für dich unerwartet bedeutungsvoll war?
Babba: Ja, tatsächlich heute. Wir haben die letzten Vorbereitungen für den Auszug aus unserer Stadtwohnung abgeschlossen. Ich habe in den letzten Tagen viel allein daran gearbeitet, aber heute waren mein Mann und ich zusammen dort – eigentlich nur, um noch einmal alles durchzugehen. Es sollte ein rein praktischer Termin sein, einfach die letzten Punkte auf der Checkliste abhaken.
Aber dann standen wir plötzlich einfach da – und realisierten: Drei unserer vier Kinder sind in genau dieser Wohnung aus dem Krankenhaus nach Hause gekommen.
Wir haben hier so viele Phasen des Elternseins durchlebt. Wie du weißt, verändert sich das Leben mit Kindern ständig – besonders mit vier. Es ist ein ständiger Wandel. Und auf einmal wurden wir beide richtig emotional. Dankbar. Für alles, was dieses Zuhause uns gegeben hat.
Die Wohnung ist wunderschön. Als wir sie damals bekamen, fühlte es sich an wie ein riesiger Traum – fast unerreichbar. Und jetzt, vier Jahre später, passt sie einfach nicht mehr zu unserem Leben. Aber auch darin liegt etwas Schönes. Keine Trauer, nur ein leises: „Danke.“ Danke, Leben. Danke, Universum. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so weit komme.


Marie: Es klingt so, als würdest du ganz natürlich den Fokus auf das Positive legen.
Babba: Ich versuche es zumindest. Ich versuche, das Glas halb voll zu sehen. Es hängt so viel davon ab, welche „Überschrift“ wir den Dingen geben – das ist die Kraft unseres Geistes. Wir haben die Möglichkeit, die Geschichte selbst zu erzählen.
Marie: Wir sprechen in dieser Serie ja über das Thema Veränderung in den Dreißigern. Wenn diese Lebensphase ein Parfum wäre – wie würde sie riechen?
Babba: Oh mein Gott – als ich diese Frage gelesen habe, war ich mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob der Duft angenehm wäre! Diese Phase ist so intensiv. Ich wünschte, ich könnte die Zeit verlangsamen.
Ich bin gerade sehr emotional. Das hier sind DIE Jahre. Wahrscheinlich werde ich nie wieder so gesund oder jung sein wie jetzt. Meine Kinder sind in einem wunderbaren Alter – sie sehen mich noch als ihr ganzes Universum, und das wird nicht ewig so bleiben. Mein Unternehmen wächst rasant, wir sind gerade in unser absolutes Traumhaus gezogen … es passiert alles gleichzeitig. Und manchmal möchte ich einfach auf Pause drücken.
Wenn diese Phase einen Duft hätte, dann wäre es tatsächlich unser eigener Ceremonia-Duft. Er ist intensiver, leicht rauchig, tief verwurzelt in Herkunft und Geschichte. Diese Zeit steht für mich im Zeichen von Vermächtnis – eins, das ich für meine Familie aufbaue – und genau das fängt Ceremonia ein. Bergamotte, Vetiver, Jasminblüten, Zitrusnoten … geerdet, kraftvoll, nachdenklich.

Marie: Hätte deine 20-jährige Version von dir gedacht, dass du so über deine Dreißiger sprechen würdest?
Babba: Ehrlich? Nein. Ich glaube, ich hatte damals nicht mal richtige Erwartungen an meine Dreißiger. Dass es sich so anfühlt, hätte ich mir nie träumen lassen. Ich liebe es, in den Dreißigern zu sein. Es ist die beste Zeit.
Marie: Hattest du jemals Angst vor den Dreißigern? Viele Frauen fühlen ja diesen Druck – den richtigen Partner finden, ein Zuhause schaffen, Karriereziele erreichen …
Babba: Lustigerweise war ich Ende 20 von all dem noch weit entfernt. Jetzt, mit 34, bin ich mitten drin. Rückblickend ist das Sorgenmachen irgendwie unnötig.
Aber ich glaube, es braucht diese Loslass-Momente, um Dinge ins Rollen zu bringen. Bei mir war es, die Verhütung abzusetzen. Ich hatte echt Respekt davor! Obwohl ich seit über zehn Jahren mit meinem Partner zusammen war und wusste, dass er der Vater meiner Kinder sein würde ... Ich hatte genug vom Feiern, vom Trinken, von späten Nächten – also, worauf habe ich gewartet?!
Es ist einfach, im Peter-Pan-Modus stecken zu bleiben. Aber ich bin froh, dass ich den Sprung ins Unbekannte gewagt habe. Ich habe nicht gesagt: „Ich will jetzt ein Baby.“ Aber ich war offen dafür. Ich habe losgelassen. Und innerhalb eines Monats war ich schwanger. Das Universum hat gesagt: „Girl, jetzt wird es Zeit.“
Marie: Genau das ist doch auch Mutterschaft, oder? Man weiß es erst wirklich, wenn man mittendrin ist.
Babba: Genau. Deshalb finde ich Loslassen so kraftvoll. Du brauchst Absichten. Du musst mutig sein. Aber dann musst du die Kontrolle loslassen. Wenn du zu sehr daran hängst, wie alles perfekt sein soll – der richtige Zeitpunkt, der perfekte Plan – klappt es meistens nicht.

Marie: Welche Vorstellung hattest du vor der Mutterschaft über das Mama-Sein – und wie hat sich das verändert?
Babba: Oh, da hat sich so viel geändert. Meine Vorstellungen waren total begrenzt. Ich dachte, mein Leben wäre vorbei. Dass ich all meine Freiheit verlieren würde und nie wieder eine Minute für mich hätte. Ich war überzeugt, meine Karriere wäre vorbei oder ich müsste nur noch arbeiten, um irgendwie durchzukommen. Alles, was ich an meinem Leben geliebt habe, dachte ich, müsste ich aufgeben.
Deshalb hatte ich sehr niedrige Erwartungen – und Angst. Aber die Wahrheit ist: So eine Realität kann passieren, wenn man es zulässt. Ich hatte einfach keine Vorbilder – keine Frauen, die es anders gemacht haben. Deshalb erzähle ich meine Geschichte so offen: Um eine andere Version zu zeigen, wie Mutterschaft aussehen kann.
Gleichzeitig gibt es Dinge aus meiner Erziehung, die ich weitergeben möchte. Meine Mutter ist meine beste Freundin und größte Unterstützerin. Das wünsche ich mir auch für meine Kinder. Aber ich habe auch gesehen, wie sehr sie gekämpft hat – sie hat nie wirklich Unabhängigkeit erreicht. Kein Führerschein, kein Englisch, kein Job. Das hat sie eingeschränkt – und damit auch, wie viel Unterstützung sie uns geben konnte. Sie hat offen gesagt, dass sie das bereut, und das habe ich mir zu Herzen genommen.
Marie: Hat sich dein Ehrgeiz in den Dreißigern verändert?
Babba: Eher im Gegenteil, ich bin jetzt viel ehrgeiziger. Ich denke viel über Vermächtnis nach. Was möchte ich meinen Kindern hinterlassen – nicht nur finanziell, sondern auch emotional? Was möchte ich ihnen vorleben? Ich arbeite nicht mehr nur für mich. Ich möchte ein Wegbereiter für meine Kinder sein – ihnen zeigen, was möglich ist. Das bringt Verantwortung mit sich, aber auch Antrieb. Ich will nicht nur etwas aufbauen, das Rechnungen bezahlt. Ich will etwas schaffen, das über mich hinauslebt.
In meinen Zwanzigern waren meine Träume groß – aber viel ego-getriebener. Ich habe mal in einem Manifestations-Workshop aufgeschrieben, dass ich mir einen eigenen Laden wünsche, mit Büro oben drüber, und dass Forbes mich auf dem Cover zeigt, wie ich davor stehe. Rückblickend denke ich: Warum eigentlich? Für wen war dieser Traum wirklich? Er kam nicht aus einer Tiefe. Heute träume ich von Dingen, die bedeutungsvoller und tief verwurzelt sind.


Marie: Aber so ein Vermächtnis für deine Kinder aufzubauen, klingt ganz schön nach Druck. Wie gehst du damit um?
Babba: Ja, das ist es auch. Mein Mann und ich tragen da eine Menge Verantwortung – wir sind die Einzigen in unseren Familien, die so leben und arbeiten. Unsere Familien sind finanziell, emotional und praktisch auf uns angewiesen, deshalb gibt es kaum einen Ort, an dem wir wirklich auftanken können, außer bei uns gegenseitig. Selbst zu Weihnachten gibt es niemanden sonst, der Gastgeber sein kann. Deshalb haben wir ein Haus gekauft – und jetzt sind wir die Gastgeber.
Aber meine Eltern können sich keine Flugtickets nach New York leisten – das ist Luxus für sie. Deshalb übernehmen wir auch die Reisekosten, damit unsere Familien zusammen sein können. Das ist viel Verantwortung. Aber ehrlich gesagt, genau darum geht es doch. Was bringt Erfolg, wenn man ihn nicht mit den Menschen teilen kann, die man liebt? Der Druck kommt von einem Ort der Liebe.
Marie: Hat sich deine Definition von Liebe in deinen Dreißigern verändert – gerade mit vier Kindern und all den Herausforderungen?
Babba: Oh ja, total. Die Liebe ist so viel tiefer geworden. Die Liebe zu meinem Partner ist so stark, dass ich ehrlich glaube, ihn für immer lieben werde. Selbst wenn er etwas wirklich Schlimmes täte, könnte ich nicht aufhören, ihn zu lieben – er ist der Vater meiner vier Kinder. Das ist eine tiefe, fast familiäre Liebe. So wie zu deinen Blutsverwandten: Man kann enttäuscht sein, aber die Liebe bleibt.
Marie: Also bedingungslose Liebe.
Babba: Genau. Aber praktisch gesehen haben wir auch gelernt, dass Liebe echte Arbeit bedeutet. Es ist leicht, in den „Wir sind einfach nur Partner“-Modus abzurutschen. Wir achten sehr darauf, nicht zu Mitbewohnern zu werden.
Und wenn wir merken, dass wir nur noch den Alltag managen, sprechen wir das offen an – nicht um Vorwürfe zu machen, sondern aus Bewusstsein. Wir sagen dann: „Hey, das fühlt sich gerade an, als wären wir nur noch Kollegen.“ Und das will ich nicht. Ich möchte Spaß mit meinem Partner haben. Ich möchte verbunden sein. Aber mit vier Kindern braucht das Planung.

Marie: Gab es bei Ceremonia einen Moment, in dem du dachtest: Das ist nicht nur eine gute Idee – das muss ich einfach machen?
Babba: Absolut. Je mehr ich recherchiert habe, desto mehr bin ich darin aufgegangen. Was bei mir wirklich Klick gemacht hat, war die Erkenntnis, wie wenig lateinamerikanische Repräsentation es eigentlich in der Beauty-Branche gibt – und das ist verrückt, wenn man bedenkt, wie viele kraftvolle, natürliche Inhaltsstoffe aus Lateinamerika kommen. Einige davon sind sogar klinisch belegt wirksam – aber im westlichen Beauty-Markt noch kaum angekommen. Obendrauf haben wir ganze Generationen an Ritualen und kulturellem Wissen. Und Latinas in den USA sind eine der größten Kundinnengruppen im Beauty-Bereich.
Marie: Echt?
Babba: Ja, Latinas geben 46 Prozent mehr für Haarpflege aus als Nicht-Hispanics. Und trotzdem gibt es fast keine Marken, die von uns gegründet wurden. Wir machen 20 Prozent der US-Bevölkerung aus – jede fünfte Person! Aber wo ist die Repräsentation? Diese Lücke hat mich richtig angestachelt.
Ich habe gemerkt: Ich muss diejenige sein, die das macht. Ich bin Latina, bin mit einem Friseur-Papa aufgewachsen, und Beauty-Rituale gehörten bei uns zum Alltag. Außerdem hatte ich selbst einen echten Bedarf – ich fand einfach nichts, das Haare ganzheitlich und mit Fokus auf Wellness behandelt. Diese fehlende Repräsentation war für mich der endgültige Beweis. Ich dachte: Das ist nicht nur eine Chance. Das ist eine Verantwortung. Und ich bin genau die Richtige, um sie anzunehmen.

Marie: Das ist eine richtig starke Perspektive. Und ist das auch der Grund, warum Ceremonia in den USA ansässig ist? Ich meine, ich kann mir vorstellen, dass es in Schweden – als kleinerem Markt – vielleicht sogar einfacher gewesen wäre, eine Marke zu starten?
Babba: Ja, vielleicht. Aber ganz ehrlich: Für mich kommt ein Leben irgendwo anders als in New York einfach nicht infrage. Das ist mein Zuhause. New York inspiriert mich auf eine Art und Weise, wie es kein anderer Ort tut. Ich glaube nicht, dass ich überhaupt auf die Idee gekommen wäre, wenn ich noch in Schweden leben würde. Damals in Schweden habe ich mich selbst gezügelt. Schweden ist ein kleines, sehr homogenes Land. Ja, es gibt viele Kulturen, aber die sind total getrennt voneinander.
Ich bin in einem sozialen Wohnprojekt großgeworden, umgeben von anderen Einwanderern. Aber ich war Teil eines staatlichen Integrationsprogramms und bin auf eine Schule gegangen, in der vor allem weiße, mittelständische Kinder waren. Ich war die Einzige, die so aussah wie ich. Deshalb habe ich als Kind verinnerlicht, dass Erfolg weiß aussieht. Weiße, heterosexuelle Paare. Weiße Führungskräfte. Weiße Café-Besitzer. Überall, wo ich hingeschaut habe – die Leute an der Spitze sahen nicht aus wie ich. Sogar in den Magazinen waren die Schönheitstrends nie solche, die zu mir passten.
Ich habe mir so oft gewünscht, weiß zu sein. Blonde Haare zu haben. Glattes Haar. Ich habe mich einfach immer ... weniger wert gefühlt. Und dachte, ich müsste doppelt so hart arbeiten, um dazuzugehören. Aber der Umzug nach New York hat alles verändert.
Plötzlich sah ich Erfolg auf hundert verschiedene Arten. Ich traf Leute, die riesige Firmen leiteten und kaum Englisch sprachen – und ich habe gemerkt: Erfolg ist nicht weiß.
New York hat mir so viel Raum gegeben. Es hat mir gezeigt, dass es mein unfairer Vorteil ist, so zu sein, wie ich bin – und nicht mein Nachteil.
Wenn ich heute nach Schweden zurückkomme, ist das schon verrückt. Weil ich jetzt in einer anderen Einkommensklasse bin, kann ich in die schicken Hotels und Restaurants gehen. Und oft nehmen die Leute dort an, ich sei keine Schwedin. Sie sprechen Englisch mit mir – während ich neben meinem weißen schwedischen Mann stehe, der auf Schwedisch spricht. Ich antworte auf Schwedisch, und die sind total verwirrt. Das ist dieser unbewusste Bias, der in Schweden immer noch existiert. Einwanderer werden akzeptiert – aber nur in bestimmten Bereichen. Es ist immer noch sehr segregiert.




Marie: Wie fühlt es sich eigentlich an, Ceremonia jetzt in den Beauty-Regalen in Schweden zu sehen?
Babba: Das bedeutet mir wirklich alles. Aber weißt du, was mich richtig berührt? Wenn weiße Frauen Ceremonia kaufen. Dann denke ich: Ja, genau darum geht’s. Ich habe mein ganzes Leben französische Beauty-Produkte gekauft – und niemand hat je gesagt: „Moment mal, du bist ja nicht französisch.“ Du musst keine Latina sein, um Guave zu feiern. Guave ist für alle kraftvoll. Ceremonia in Europa erfolgreich zu sehen, ist für mich so ein „Pinch-me“-Moment.
In Frankreich vertreibt uns Oh My Cream – und wir sind dort tatsächlich die Nummer 1 im Bereich Haarpflege. Da dachte ich nur: Hä, was? Ich hatte immer gedacht, dass wir in den USA besser ankommen, weil wir hier eine diversere Kundschaft haben. Aber in Europa, obwohl die Kundschaft oft weniger divers ist, sind die Leute unglaublich offen. Die verstehen Nachhaltigkeit, Inhaltsstoffe, Formulierungen. Für unsere Formulierungen bekommen wir in Europa mehr Anerkennung. Viele unserer europäischen Kundinnen sind auch Mütter, und ich glaube, Mutterschaft bringt einen dazu, genau hinzuschauen, was man auf die Haut lässt. Also ja: An den Läden in Schweden vorbeizugehen, in denen ich früher nur Schaufensterbummeln konnte, weil ich mir nichts leisten konnte, und jetzt Ceremonia im Regal zu sehen ... und zu beobachten, wie Leute, die nicht mal so aussehen wie ich, das kaufen? Das ist wohl der größte Full-Circle-Moment meines Lebens.
Marie: Das ist wirklich etwas Besonderes. Gab es bei Ceremonia einen Moment, in dem du nur auf deine Intuition vertraut hast – und es hat sich richtig ausgezahlt?
Babba: Die gibt’s ständig! Da zapfe ich meine feminine Energie an. Als CEO schaue ich mir zwar Daten an, aber ich entscheide mich nie nur danach. Daten sind ja immer rückblickend – was letztes Jahr gut lief, sagt nichts darüber aus, was nächstes Jahr funktioniert. Die Aufgabe als Gründerin ist es, die Daten zu analysieren und dann die eigene Magie und Vision reinzubringen.
Ein super Beispiel ist unsere Launch-Strategie. Die Daten sagten: „Fang mit Shampoo und Conditioner an – da ist das große Geld.“ Aber mein Bauchgefühl sagte: Nein. Der Markt ist schon zu voll, und unsere Ressourcen sind begrenzt. Warum sollte jemand sein Shampoo tauschen gegen eine Marke, von der er noch nie gehört hat?
Also haben wir mit einem Kopfhautöl gestartet. Das war Nische – aber Nische ist dein bester Freund, wenn du anfängst. Du kannst nicht für alle sprechen, also sei für jemanden etwas Besonderes. Und das hat funktioniert.

Marie: Ich hab vorher nie groß über meine Kopfhaut nachgedacht – und plötzlich dachte ich so: „Moment mal, vielleicht kommen all meine Haarprobleme ja genau daher?“
Babba: Genau! Warum cremen wir unser Gesicht ein, aber ignorieren die Kopfhaut komplett? Wenn etwas wirklich Mehrwert bringt, werden die Leute neugierig. Und sobald sie das Öl benutzt haben und Ergebnisse sehen – glänzenderes, stärkeres Haar, weniger Juckreiz, mehr Wachstum – haben sie der Marke vertraut. Und dann wollten sie natürlich auch Shampoo und Conditioner ausprobieren.
Marie: Was ist denn der unschöne Teil daran, eine Beauty-Marke aufzubauen?
Babba: Oh Gott – der Großteil! Was die Leute sehen, ist gerade mal ein Prozent. Meine Mama denkt, ich drehe den ganzen Tag nur Hair-Tutorials. So sieht sie das. Aber die echte Arbeit? Operations, Supply Chain – also Ware, Zoll, Regularien, Rechtliches, Währungen – totaler Wahnsinn! Ehrlich, ich sollte ein Buch über den ganzen Kram schreiben, den wir durchmachen mussten. Das glaubt einem keiner. Gründerin sein ist wie Muttersein – wenn du die ganze Jobbeschreibung lesen würdest, würdest du nie anfangen! Aber es lohnt sich total. Man wächst daran.
Marie: Hat Mutterschaft deine Sicht auf Schönheit verändert?
Babba: Absolut. Ich hab nie ans Altern gedacht, bis ich in den 30ern angekommen bin. Auf einmal kamen Schwellungen, Falten. Concealer hab ich vorher nicht kapiert – erst als Mama. Heute gehe ich nicht mehr ohne aus dem Haus.
Außerdem hat’s meinen Blick auf die Branche verändert. Schönheit dreht sich viel zu sehr um Jugend. Die meisten Models und Influencer*innen sind so jung – das ist einfach nicht repräsentativ. Ich lasse mir von 20-Jährigen kein Make-up-Tutorial geben. Die sind wunderschön, klar, aber die haben halt nicht meine Augenringe!
Marie: Und ich hab das Gefühl, in den Zwanzigern geht’s noch ums Stylen, aber in den Dreißigern ums Pflegen – besonders bei der Haarpflege.
Babba: Absolut. Als Mama hab ich keine Zeit für Lockenstab und Co. Alles muss schnell und effizient sein.
Marie: Und mit Anfang 30 weiß man wahrscheinlich auch, was wirklich für einen funktioniert.
Babba: Genau. Und man gibt sein Geld auch anders aus. In den Zwanzigern hab ich eher zu Lippenstift gegriffen als zu einem Serum – weil das sieht ja jeder. Heute ist mir egal, was andere sehen. Es geht darum, wie ich mich fühle.
Marie: Das ist so ein toller Wandel. Was ist denn ein großer Irrtum über „Latin Beauty“?
Babba: Da gibt’s viele, aber der größte? Dass Latin Beauty nur ein Nischen-Ding ist – nur für Latinas. Und dann sage ich immer: Was heißt eigentlich „Latina“? In Lateinamerika gibt’s alle möglichen Typen – Leute, die aussehen wie du, wie ich, wie alle. Rotschöpfe, Blondinen, Afro-Latinas. Es gibt nicht den einen „Look“.
Wenn eine Marke lateinamerikanische Inhaltsstoffe oder Rituale nutzt, denken viele, das sei nur für Menschen mit lateinamerikanischer Herkunft. Aber niemand denkt das bei französischen Marken! Keiner meint, L’Occitane sei nur was für Französinnen. Das ist unbewusste Voreingenommenheit – eine begrenzende Sichtweise. Und das betrifft nicht nur Latin-Gründerinnen. Meine PoC-Gründerinnen-Freundinnen erleben das auch – da denken die Leute, deren Produkte seien nur für Schwarze Kundschaft. Aber wenn du französische Gründerin bist, denkt keiner, dass du nur an Französ*innen verkaufst. Verrückt.
Marie: Eine letzte Frage – ich glaube, du musst bald zum Abendessen. Wenn du Frauen, die in ihren Dreißigern zwischen Identität und Ambition navigieren, eine Botschaft schicken könntest, welche wäre das?
Babba: Dass du auf jeden Fall alles haben kannst – nur nicht alles auf einmal. Ich glaube wirklich, man muss sich drei Kernbereiche aussuchen, auf die man sich fokussiert. Für mich sind das gerade Arbeit, Familie und mein Wohlbefinden.
Marie: Das sind aber große Themenfelder!
Babba: Absolut. Und ehrlich gesagt, glaube ich, man kann wirklich in zwei von drei richtig glänzen. Der dritte Bereich ist dann eher ein Balanceakt. Bei mir ist es so: Ich fühle mich stark in meiner Arbeit, ich bin eine präsente Mama, und ich versuche wirklich, mein Wohlbefinden zu priorisieren. Wenn was zurückfällt, dann meistens das Wohlbefinden. Ich versuche, es wieder nach vorne zu holen, aber das ist ein ständiger Prozess.
Marie: Das macht total Sinn.




Babba: Und es heißt auch, dass das gerade nicht die Phase in meinem Leben ist, in der ich auf Mädels-Trips gehe oder lange, ziellose Nachmittage habe. Jede Stunde muss in eine dieser drei Kategorien passen. Zum Beispiel Freundschaften — wenn die sich nicht natürlich mit Familie, Arbeit oder Wohlbefinden verbinden lassen, ist es schwer, Platz dafür zu finden. Aber ich versuche, alles zu integrieren. Freunde mit Kindern oder solche, die sich gern in unseren Familien-Chaos begeben oder mit mir zum Yoga gehen – so klappt’s.
Marie: Klingt, als wärst du damit echt im Reinen. Vermisst du denn manchmal was?
Babba: Oh ja, auf jeden Fall. Manchmal hab ich das Gefühl, ich könnte zehn Leben leben: Sollten wir einfach nach Puerto Rico fliegen? Und dann denke ich, hey, ich hab vier Kinder, ein Business … aber manchmal halt auch: Warte mal, vielleicht geht das ja doch. Ichsteheh total auf Bad Bunny und hab es so sehr bereut, dass ich sein Konzert in Puerto Rico verpasst hab. Das hat mich wirklich beschäftigt. Also hab ich mir gedacht, warum nicht? Wie passt das in die drei Bereiche? Familie heißt ja auch mein Partner. Und wir versuchen sowieso, uns mindestens einmal im Quartal zu zweit eine Auszeit zu gönnen. Also machen wir das zu unserem Q2-Trip. Und es hat geklappt — Babysitter*in gefunden, Flüge gebucht, wir machen’s einfach.
Marie: Ich liebe es – sich Raum schaffen für spontane Momente.
Babba: Genau. Jetzt braucht es mehr Aufwand und Planung — aber es geht noch. Nur nicht ständig. Es ist immer ein Kompromiss.
Marie: Ein toller Abschluss, finde ich.
Babba: Noch was zum Schluss: Was mir wirklich hilft, innerlich Frieden zu finden, ist zu wissen: New York wird immer hier sein. Puerto Rico auch. Aber diese Jahre mit meinen Kindern und diese Phase, meine Firma aufzubauen — das sind die besonderen Jahre. Ich werde nicht immer ihre ganze Welt sein. Deshalb will ich diesen Moment jetzt voll auskosten. Denn ich weiß, irgendwann werde ich genau diesen Moment vermissen.
Marie: Vielen Dank für das Gespräch.
Babba: Danke dir.