10 Jahre Jukserei
Das Interview mit Gründerin Chanette Anderson
Das deutsch-dänische Schmuckbrand gehört seit einem Jahrzehnt unwiderruflich zu Berlin. Dabei wohnt Chanette Anderson gar nicht mehr hier. Wir haben mit ihr gesprochen und sie gefragt, wie man ein Unternehmen aus einem anderen Land führt
Chanette Anderson und ihr Schmucklabel Jukserei gehören zu Berlin. Jede*r kennt die minimalistischen Schmuckstücke von Shops wie Kauf Dich Glücklich und kleinen Concept Stores wie Nordliebe, aber auch in Dänemark wird das deutsch-dänische Brand in vielen Stores wie Illums Bolighus verkauft – und das gilt wie eine Auszeichnung als dänisches Kulturgut.
Gefühlt begleite ich Chanette schon seit Anfang an auf ihrem Weg, ich kann mich noch gut erinnern, als wir vor fünf oder sechs Jahren bei ihnen im Office im Souterrain in Berlin Mitte saßen und gemeinsam Kaffee getrunken haben. Schon damals war die Croissant-Kette eine Ikone und Jukserei bekannt für seinen qualitativen, aber dennoch erschwinglichen Schmuck.
Jetzt, zum zehnjährigen Jubiläum des Brands war als Zwischenstopp Chanette in Berlin – denn mittlerweile hat sie die Hauptstadt verlassen, dem City-Life den Rücken zugekehrt und ist wieder in ihre Heimat, den Norden von Dänemark, gezogen – und wir haben uns auf einen Kaffee getroffen.
Es wurde nämlich höchste Zeit, mal zu resümieren, warum Jukserei zu Berlin gehört und Berlin zu Jukserei – und das trotz eines sehr dänischen Teams:
Du hast Jukserei vor zehn Jahren gegründet. Was fühlst du dabei, wenn du an das letzte Jahrzehnt denkst?
Man versteht einfach nicht, wo die Zeit geblieben ist. Es ist schon viel passiert und wir sind gewachsen, aber trotzdem ist die Zeit rückblickend sehr schnell vorbeigelaufen.
Bist du ein bisschen wehmütig, wenn du an die Anfänge denkst? Oder glücklich, dass du mittlerweile ein so „gestandenes“ Unternehmen hast?
Manchmal vermisse ich es, einfach ich zu sein. Ein kleines Brand, bei dem man alles frei entscheiden kann. Ich war sehr unabhängig und ich konnte tun und lassen, was ich wollte und von überall aus arbeiten. Aber ich bin sehr glücklich mit der Entwicklung und dem Team im Office.
Mittlerweile muss ich eben Aufgaben abgeben an Menschen, die Dinge viel besser können als ich selbst, aber dafür man kann nicht alles alleine entscheiden. Dafür habe ich einige neue spannende Aufgaben, die ich am Anfang nicht hatte.
Die wären zum Beispiel?
Jetzt mache ich mehr Controlling, verwalte Budgets, mache strategische Pläne. Das Tollste an so einem Unternehmen ist, dass es quasi wie eine Schule ist, in der man immer neue Dinge lernt. Man entwickelt sich stets weiter.
Aber beim Design bist du doch weiterhin involviert, oder? Ist das nicht dein Herzblut?
Na klar, ich beschäftige mich auch mit dem Design. Aber mittlerweile ist der größte Teil meiner Arbeit der strategische Plan, egal, worum es geht: ob ums Design, die PR, das Marketing oder unsere Kund*innenwünsche.
Was war in den letzten zehn Jahren die größte Herausforderung?
Die Pandemie! Wir wussten nicht, wie wir uns verhalten sollen, wie lange das so weitergehen würde. Planen wir jetzt nur für sechs Monate oder mehr? Es ist definitiv herausfordernd, ein Unternehmen durch solch eine Zeit zu führen.
Wie haben eure Kund*innen sich denn in der Pandemie verhalten? War Schmuck überhaupt noch gefragt?
Vor Corona haben wir mit Jukserei unseren Umsatz zu 70 Prozent im B2B-Geschäft gemacht (Anm. d. Redaktion: Resale in Stores) und 30 Prozent online. Um alle meine Mitarbeiter*innen weiterhin halten zu können, musste ich das Verhältnis umdrehen und mich voll und ganz auf das Online-Geschäft fokussieren.
Die Leute haben definitiv weiterhin Schmuck gekauft, sich vielleicht sogar noch mehr mit dem Unternehmen dahinter und unserer Geschichte beschäftigt. Wir haben in der Zeit viel mehr Mails von Kund*innen bekommen, die uns persönlich geschrieben haben, was ihnen am Schmuck besonders gefällt oder ihre Geschichten damit erzählt haben.
Warum hast du dich entschieden, eine Modeschmuck-Label zu gründen?
Als ich anfing, habe ich eine Marktlücke gesehen – die war damals noch viel größer als heute. In Dänemark waren die führenden Labels sehr teuer, dann gab es die günstigeren Brands, aber es fehlte etwas dazwischen, etwas, das für die Leute erschwinglicher war.
Ich habe die verschiedenen Qualitäten genau begutachtet, habe die gleiche Qualität erreicht, aber ich habe sie zu einem besseren Preis verkauft. Das war immer das Ziel: eine gute Qualität zu schaffen und die Produktion zu verbessern.
Hast du diese Art von Marktlücke auch im Design gesehen? Gab es etwas, was du vermisst hast?
Es ist nicht so, dass ich immer auf der Suche nach etwas bin, das auf dem Markt fehlt. Oft denke ich darüber nach, was mir gefällt und was ich tragen würde.
Was mich beeinflusst hat, war die Tatsache, dass ich aus der Modebranche komme. Ich habe für viele schnelllebige Unternehmen gearbeitet. Ich habe immer gesehen, wie sich die Jahreszeiten, das Design, die Materialien usw. ändern, in absurder Geschwindigkeit. Das ist etwas, was ich an Schmuck mag: Er hat die gleichen Eigenschaften, egal ob im Sommer oder Winter, die Farben ändern sich nicht. Das macht ihn langlebig. Man kann Schmuck auch im nächsten Jahr und in der nächsten Saison tragen.
Eine andere Sache, die ich an Schmuck liebe, ist der persönliche Wert. Und dass er einen Mehrwert hat, wenn man ihn von einem geliebten Menschen geschenkt bekommt.
Wie hast du das alles über Mode, Schmuck und die verschiedenen Qualitäten gelernt?
Ich habe Produktdesign studiert und in der Modebranche gearbeitet, der Schwerpunkt lag auf Mode, aber ich hab auch gelernt, wie man andere Produkte herstellt, wie man sie gestaltet ...
Ich habe schon im Studium angefangen, Schmuck zu machen, denn ich habe furchtbare Gene und Allergien, zum Beispiel gegen Nickel. Deshalb habe ich angefangen, selbst Materialien zu finden und sie zu kombinieren, dann wusste ich nämlich genau, was drin ist.
Jetzt bist du ja auch gerade auf der Durchreise nach Italien, wo du alles produzieren lässt. Schaust du dort oft vorbei?
Unser ganzer Schmuck wird vom Team im Office überprüft, um sicherzustellen, dass die Qualität stimmt. Aber nach so vielen Jahren ist es eine Sache des Vertrauens mit unserem Produzenten in Italien, wir teilen dieselben Werte. Er hat nicht die Absicht, schnell viele Kunden zu gewinnen, er hatte Angestellte, fand aber, dass er besser allein arbeitet.
Wie, Moment mal, der ganze Jukserei-Schmuck wird von EINER Person angefertigt?!
Ja, er hat Partner, die vergolden, aber der handgefertigte Teil wird von ihm gemacht. Und dann fertigen wir noch einen kleinen Teil in Dänemark.
Krass, das klingt ja wirklich ein bisschen nach Family-Business. Dabei bist du ja selbst gar nicht mehr hier vor Ort beim Team, sondern wieder zurück nach Dänemark gezogen, richtig? Wie ist es, ein Unternehmen aus einem anderen Land, fern von seinen Mitarbeiter*innen zu leiten?
Ich habe Leute, die von Anfang an für mich gearbeitet haben, zum Beispiel Anne. Sie war die Allererste, die ich eingestellt habe und sie ist diejenige, die in meinen Namen auch alle Fragen beantworten kann, sie weiß, was ich denke. Das ist unter anderem der Grund, warum ich woanders leben kann.
War das denn eine schwierige Entscheidung für dich, wegzuziehen?
Ja, ich habe in Berlin elf Jahre mit meinem Mann und meinen Kindern gelebt, aber mit der Schwangerschaft hat sich das Stressniveau verändert. Wir wollten näher bei unserer Familie leben. Und ich glaube nicht, dass ich das Herzstück von Jukserei ist, es geht viel mehr ums Team. Wenn ich das alles nach Dänemark verlegt hätte, hätte ich sich ohne das Team die ganze Firma verändert.
Woran arbeitet ihr denn im Moment?
An einer neuen Kollektion. Wir fahren jetzt nach Italien, weil wir Designs entwickelt haben, die schwieriger zu produzieren sind. Wir mussten dafür einige neue Zeichenprogramme lernen, damit wir sie überhaupt umsetzen konnten. Ich verrate natürlich noch nicht, was es ist, aber die Kollektion ist inspiriert von der Vergangenheit. Im August ist es dann hoffentlich so weit.
Und jetzt, nachdem du auf zehn Jahre Jukserei zurückblicken kannst, was ist dein nächster großer Wunsch für die Zukunft?
Eine Kollektion aus Echtgold. Das wäre mein großer Traum. Natürlich im Jukserei-Stil, aber eben wirklich für die Ewigkeit gemacht. Und wenn ich jetzt ein bisschen herumspinnen darf, dann würde ich ein Jukserei-Haus in Italien bauen. Ein Ort, wo wir gemeinsam an den Kollektionen arbeiten können, wo wir zeitweise zusammen wohnen, das wäre wirklich schön!
Chanette, vielen Dank für das Gespräch und deine Zeit!
Dieser Artikel ist Werbung, da er Markennennungen enthält.
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Fotos Chanette und Anne: