
Können Steine heilen?
Eva Simin Saidi Bierwirth ist der festen Überzeugung, dass sie das tun – und gründet mit dieser Überzeugung ihr eigenes Schmucklabel
Warum hat ein Kristallshop in New York ihr Leben verändert? Was macht pinke Opale so besonders? Und wie bringt man mentale Gesundheit in die Modewelt? Eva Simin erzählt von ihren Inspirationen, besonderen Meilensteinen und der Kunst, Schmuck mit Seele zu erschaffen.
Als ich Eva Simin Saidi Bierwirth im Sommer in Berlin in einem Berliner Café treffe, sehe ich sie schon von weitem: eine braune Lockenmähne, ein breites Lächeln, ein für Berlin ungewöhnlich bunter, hippiesker Look – und in der Hand hält sie ihren großen Koffer fest. Denn sie befindet sich auf der Rückreise an ihren selbstgewählten Lebensmittelpunkt Cascais, ein portugiesischer Küstenort. Stationen in ihrem Leben davor waren Hamburg, New York, Kopenhagen und Los Angeles. Eva Simin hat schon viel von der Welt gesehen – und von dort jede Menge Inspiration für ihr eigenes gleichnamiges Schmucklabel und ihre „Healing Stones“ mitgebracht.
Wie es in der Modebranche zugeht und worauf sie sich mit ihrem eigenen Brand eingelassen hat (und trotzdem vieles anders machen will) hat sie bei Luxuslabels wie The Row und By Malene Birger gelernt, als sie dort im Design-Department gearbeitet hat. Auf der Suche nach mehr Balance in ihrem Leben ist sie auf die heilende Wirkung von Steinen gestoßen, kein Wunder, denn bei den großen Brands geht es nicht immer ruhig und gelassen zu – ganz im Gegenteil!
Jetzt tragen Promis und Influencer*innen wie Chloë Sevigny, Pernille Rosenkilde, Joy Denalane und Courtnee Crews ihre Ketten – und wir sprechen darüber, wie es dazu gekommen ist!



Was inspiriert dich am meisten bei der Gestaltung deines Schmucks, und wie beeinflussen deine Reisen diese Inspirationen?
Meine Inspiration kommt aus vielen Quellen – der Natur, Menschen, Kulturen und der Ästhetik von Formen und Materialien und Reisen. Vor allem mein Trip 2017 nach New York, wo ich in der Modebranche gearbeitet habe und mich mittags in einen benachbarten Kristallshop Rückzug gefunden habe und die Idee der Healing Stones entstand. Ich liebe es, klassische Designs mit modernen Akzenten zu vereinen. Zum anderen inspirieren mich Farben und ihr Ausdruck, ihre Fähigkeit, Emotionen zu transportieren und Geschichten zu erzählen.
Gibt es eine Geschichte oder Philosophie hinter deinem Designansatz?
Ja, der Kern meiner Arbeit liegt in der Verbindung von Ästhetik und Funktion. Meine Healing Stones stehen für mentale Gesundheit und Selbstfürsorge. Jedes Stück soll nicht nur schön, sondern auch bedeutungsvoll sein und dabei helfen, Balance und Energie in den Alltag zu bringen. Immer mehr Menschen öffnen sich für Gespräche darüber, suchen Unterstützung und erkennen, wie sehr wir alle aufeinander angewiesen sind. Mit meinen Designs und Healing Stones möchte ich dazu beitragen, das Bewusstsein für mentale Stärke zu fördern und die Gesellschaft ein Stück heller zu machen.
Welches deiner Stücke liegt dir persönlich am meisten am Herzen und warum?
Die Healing Stone-Taschen liegen mir besonders am Herzen, weil sie in ihrer Fertigung so aufwändig und grazil sind. Jede Tasche verbindet handwerkliches Geschick mit der einzigartigen Schönheit der Steine, deren Farben mich immer wieder aufs Neue begeistern. Darüber hinaus haben die Taschen auch eine beruhigende Funktion: Man kann die Steine direkt auf die Haut legen und spüren, wie sie eine entspannende Wirkung entfalten – ähnlich wie meine Healing Stone-Masken.
Aber auch meine Healing Stone-Ketten liebe ich in allen Farben, weil sie nicht nur zu jeder Garderobe passen, sondern auch ein persönlicher Reminder sind, den man den ganzen Tag bei sich trägt. Jede Kette erzählt eine individuelle Geschichte. Ein besonderes Beispiel ist die neue pinke Opal-Kette: Sie erinnert daran, das Herz offenzuhalten und trotz Enttäuschungen weiter mutig in die Welt hinauszugehen. Diese Kombination aus Ästhetik, Funktionalität und Symbolkraft macht diese Stücke für mich unverzichtbar.
Wie entscheidest du, welche Materialien du verwendest, und gibt es besondere Herausforderungen?
Ich wähle Materialien basierend auf ihrer Ästhetik, Qualität und Energie. Es ist manchmal schwierig, ethisch einwandfreie Quellen für die Steine zu finden, da Transparenz in der Lieferkette nicht immer gegeben ist. Darüber hinaus ist es eine große Herausforderung, die ich noch nicht gelöst habe, genug Bestand der Steine zu finden. Alle meine Bestseller sind ausverkauft und es ist so schwierig ethische Steine in einer Vielzahl zu beziehen.
Ich arbeite mit Lieferanten aus Idar-Oberstein, die transparente und nachhaltige Prozesse garantieren. Unsere Verschlüsse werden im Norden von Italien gefertigt und dreifach in Pforzheim vergoldet. Mein Ziel ist es, Materialien zu verwenden, die fair gehandelt und umweltfreundlich sind.
Wie findet man die richtige Kette für sich?
Die richtige Kette sollte dich von der Farbe ansprechen, sich gut auf deiner Haut anfühlen, dann passt er zu jedem Stil. Die Bedeutung sollte dir etwas bedeuten und für dich eine verspielte Erinnerung sein, die dich emotional berührt. Es hilft, die Steine auszuwählen, die gerade zur eigenen Lebensphase passen.
Was waren Meilensteine für dein Label?
Ein Highlight war es, Chloë Sevigny in New York zu treffen und ihr eine persönliche Beratung zu geben, welche Kette zu ihr passt. Darüber hinaus ist Evasimin in 30 Concept-Stores weltweit verfügbar und ich habe meine erste Pop-up-Veranstaltung organisiert, bei der ich meine Philosophie und Produkte vorstellen konnte.

Wie bist du zur Schmuckgestaltung gekommen? Gab es einen Schlüsselmoment?
Die Liebe zur Schmuckgestaltung wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Schon als kleines Mädchen war ich fasziniert von den Geschichten, die meine Großmütter und Großtanten über ihre Schmuckstücke erzählten – besonders ein Rubin-Ring meiner persischen Großmutter hat mich nachhaltig beeindruckt. Sie beschrieb ihn als Symbol für innere Stärke und Leidenschaft, und dieser Gedanke hat mich nie losgelassen.
Wie hilft dir deine Erfahrung als Modedesignerin bei deinem eigenen Label?
Mein Hintergrund hat mir ein tiefes Verständnis für Ästhetik und Handwerkskunst gegeben. Die Arbeit mit Brands wie The Row hat meine Liebe für dezente Details geprägt und mein Bedürfnis für eine gute Qualität und Tragegefühl gestärkt.
Was ist der wertvollste Ratschlag, den du erhalten hast?
„Bleib authentisch – deine Marke ist eine Erweiterung deiner Vision und deiner Werte. Und so einfach es sich anhört, Step-by-Step, day by day.“ Ich neige oft dazu alles als alles oder nichts zu wollen, und nehme mir zu schnell zu viel vor. Ein klassischer Imposter im Winter und Workaholic im Sommer, Kontinuität, Routinen und jeden Tag einen kleinen Schritt voranzukommen, ist das Geheimnis des großen und gesunden Erfolgs.




Du hast schon in so vielen Ländern und Städten gelebt, hattest lange keinen „festen“ Wohnsitz, warst eine digitale Nomadin. Welche Orte haben dich besonders geprägt?
New York hat mich geprägt durch seine Einfachheit und die Mentalität harter Arbeit. Es ist eine Stadt, in der man lernt, zielstrebig zu sein und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Gleichzeitig hat Lissabon, insbesondere der Küstenort Cascais, eine ganz andere, tiefgreifende Wirkung auf mich. Dort habe ich ein Leben in Gemeinschaft erlebt, in dem viele gleichgesinnte, selbstständig arbeitende Menschen zusammenkommen, die das gleiche Wertesystem teilen.
Die Atmosphäre von Sonne, Routinen, Yoga und einem starken Fokus auf mentale und physische Gesundheit sowie Achtsamkeit und Zusammenhalt schafft eine Balance, die mich inspiriert und unterstützt. Diese Orte stehen für mich für zwei Seiten des Lebens – den Antrieb und die Disziplin einer Großstadt wie New York und die Gelassenheit, Gemeinschaft und Tiefe, die ich in Cascais gefunden habe. Beide prägen mich in meinem persönlichen und kreativen Schaffen.
Welchen Einfluss hat das Nomadentum auf dein Wohlbefinden und deine Kreativität?
Es hält mich offen und inspiriert, kann aber auch herausfordernd sein, da es manchmal schwer ist, eine Routine zu finden. Besonders herausfordernd ist es, Deutschland immer wieder zu verlassen und wieder aufs neue zu „gehen“. Mein Wohlbefinden sehnt sich jetzt jedoch auch nach einem Ort, der mein Zuhause bleibt und ich denke, ich habe dies in Cascais jetzt gefunden.
Was bedeutet für dich Zuhause?
Zuhause ist für mich der Ort, an dem ich mich kreativ entfalten und mich mit Menschen verbinden kann, die mich inspirieren und unterstützen. Es bedeutet, Liebe zu geben und anzunehmen, ohne Angst zu haben, und meine Routinen in einem Umfeld leben zu können, das mich stärkt.
Zuhause heißt für mich, all meine Steine, Nähmaschinen, Stoffe, Bücher und Teppiche um mich zu haben – die Dinge, die meine Kreativität beflügeln und mich erden. Es ist ein Ort, an dem meine Tür immer offen steht für Freunde, die jederzeit zum Essen vorbeikommen dürfen.
Zuhause bedeutet auch, Blumen im Garten zu pflegen, Vertrauen und Ruhe täglich willkommen zu heißen und das Leben mit all seiner Schönheit zu genießen. Es ist ein Raum, in dem Kreativität gelebt wird, in dem Lachen, Gemeinschaft und Kinder einen festen Platz haben.
Vielen Dank für deine tollen Antworten und deine Zeit, es war so schön!
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Fotografin: