
Quiet Luxury, Loud Impact
Wie Paulina Liffner von Sydow Luxus neu definiert
Die Gründerin des Taschenlabels Liffner über Stil, Handtaschen und ihr Leben in New York – im Rahmen unserer neuen Interviewreihe More Than A Title
Die Preise für Designer-Handtaschen sind in den letzten Jahren schneller gestiegen als die Mieten in Berlin. Und ehrlich gesagt: Die Zeiten, in denen wir alle der immer gleichen „It-Bag“ hinterhergejagt sind, liegen hinter uns. Wir Millennials surfen längst auf einer neuen Welle – einer, in der Individualität das neue Statussymbol ist. Wir wollen Zeitloses statt Trendiges, Raffinesse statt Prahlerei. Lieber investieren wir unser Geld in einen Reisepass voller Stempel, Mini-Sweat-Sets für unsere Kinder oder ein winziges Apartment, das vielleicht irgendwann einmal uns gehören wird.
Hier kommt Liffner ins Spiel – das Taschenlabel, das die Modewelt (wieder einmal) leise, aber dafür umso bestimmter erobert. Der Name kommt euch bekannt vor? Kein Wunder. Liffner, früher als Little Liffner bekannt, wurde 2012 von Paulina Liffner von Sydow gegründet – einer ehemaligen Mode-Redakteurin und PR-Insiderin aus Schweden. Nach einem klugen Rebranding Ende 2024 ist die Marke heute alles andere als „little“ – sondern reduziert, elegant und genau abgestimmt auf die Wünsche modebegeisterter Frauen.
Ein Beispiel dafür? Die Flat Leather Basket Bag – ein Design, das Who What Wear als „das Minimalismus-Essential, das man den ganzen Sommer über tragen will“ bezeichnete. Sie verbindet die klare Struktur einer klassischen Korbtasche mit einer ungewohnt eleganten, flachen Envelope-Silhouette. Ergebnis: ein Piece, das Statement und Allrounder zugleich ist. Gefertigt in Italien (selbstverständlich), aus hochwertigem, pflanzlich gegerbtem Leder – und getragen von der Quiet-Luxury-Bewegung.
Menschen haben genug von lautem Branding.“ Und ehrlich gesagt? Sie hat recht. Ihre Taschen verkörpern eine Art stille Stärke – klare Linien, weiche Kurven, unaufgeregte Details. Sie wollen niemanden beeindrucken. Sie tun es einfach.
Vor Kurzem hat Paulina Stockholm gegen New York eingetauscht, um näher an ihrem größten Markt – den USA – zu sein. Gleichzeitig entdeckt auch Deutschland langsam die Magie von Liffner, trotz der hohen Retourenquote (Grüße an die Zalando-Girls!). Besonders jetzt, da die Marke bei Net-A-Porter erhältlich ist.
Lange ein Geheimtipp unter Mode-Insider*innen, positioniert sich Liffner heute als eines der gefragtesten Handtaschen Brands – und bleibt doch angenehm unauffällig für alle, die Logos eben nicht so sehr lieben. Genau darum geht es. Die Taschen sind für Frauen, die sich für sich selbst kleiden. Die gutes Design schätzen. Die Schönheit bevorzugen, die nicht laut nach Aufmerksamkeit ruft.
Doch wer ist die Frau hinter dieser stillen Luxusrevolution? Was treibt sie an? Was hält sie geerdet, während sie eine globale Marke aufbaut?
Um das herauszufinden, habe ich mich mit Paulina zum Frühstück im Herzen Manhattans getroffen. Bei Croissants und dem vermutlich teuersten Iced Latte der Stadt haben wir über Stil, Neuanfänge und Selbstvertrauen gesprochen.
Paulina während unseres Treffens in New York
Marie: Wie hat sich dein persönlicher Stil seit der Gründung von Liffner entwickelt? Hat er auch die Ästhetik der Marke beeinflusst?
Paulina: Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass er sich groß verändert hat. Im Grunde habe ich denselben Stil, seit ich zwölf bin. Klar, in meiner Teenagerzeit hatte ich auch eine wilde Phase, aber ich habe schon immer klassische Stücke geliebt. Zum Beispiel war ich mit zwölf regelrecht besessen von dunkelblauen Cabanjacken – und ich liebe diesen Schnitt bis heute. Schon damals habe ich Modezeitschriften verschlungen. Im Sommer waren wir oft in Spanien, und ich habe jedes englischsprachige Magazin gekauft, das ich in die Finger bekam. Ich habe stundenlang die Runway-Bilder angeschaut und so früh ein Gespür für Stoffe und Schnitte entwickelt.
Es ist lustig, denn genau dieser Stil ist heute wieder sehr angesagt – ich fühle mich also vollkommen zu Hause in dem, was ich trage.
Marie: Trägst du eigentlich noch Stücke aus deinen ersten Kollektionen?
Paulina: Ja, unbedingt! Als ich die Marke vor zwölf Jahren gegründet habe, habe ich mit einer kleinen Capsule Collection von drei Taschen gestartet: eine Tote, eine flache Tasche mit einem Riemen darum – die bringen wir nächste Saison übrigens in einer modernen Version zurück – und etwas, das ich „Power Pouch“ genannt habe, eine große Clutch mit Reißverschluss, die auch für einen Laptop passt. Die benutze ich immer noch – und ich sehe auch einige meiner Freundinnen damit herumlaufen. Das ist ein tolles Gefühl.



Marie: Definitiv! Und ein großartiges Qualitätsmerkmal – zwölf Jahre und noch immer im Einsatz. Gibt es ein Kleidungsstück oder eine Tasche, das dir Selbstsicherheit schenkt? Ein absolutes Go-to?
Paulina: Hm … gute Frage. Eigentlich bin ich ziemlich unsentimental, wenn es um Kleidung geht. Ich mag es, Dinge abzuwechseln. Aber ein guter Mantel war für mich immer ein zentrales Stück – etwas, das mich geerdet und gleichzeitig „angezogen“ fühlen lässt. Vielleicht liegt das daran, dass ich aus einem kälteren Klima komme, aber die Suche nach dem perfekten Wintermantel war schon immer fast eine kleine Obsession.
Wenn es ums Spielen und Experimentieren geht, dann eher bei den Schuhen. Ich war schon immer besessen von ihnen – viele fragen mich, wann ich endlich anfange, Schuhe zu machen, aber dafür habe ich zu viel Respekt! Ich liebe Schuhe einfach, vor allem die Handwerkskunst, die dahintersteckt. Sie sind für mich das Stück, in dem ich meinen Stil am stärksten ausdrücke. Meist trage ich sehr klare, reduzierte Kleidung – und kombiniere das dann mit einem besonderen, auffälligen Schuh. Genau wie heute: schlichtes Outfit, aber spannende Schuhe.
Früher war es für mich immer nur High Heels – mittlerweile viel öfter Flats. Ich fahre Rad, ich laufe durch die Stadt, ich gehe sogar abends in Flats aus. Früher hätte ich mir das nie vorstellen können, aber das hat sich geändert.
Marie: Ich habe die Version mit Glitzer – perfekt zum Ausgehen! Spannend finde ich, dass du bei Mode unsentimental bist. Für viele Frauen sind Handtaschen die emotionalsten Stücke – ein Statement, manchmal sogar eine Investition. Da steckt oft mehr dahinter als nur das Design.
Paulina: Genau – und ehrlich gesagt, das ist etwas, das mir nicht so gefällt. Interessant, dass du das ansprichst, denn früher habe ich Handtaschen wirklich geliebt. In meiner ersten Wohnung hatte ich sogar eine ganze Wand mit Nägeln bestückt, an denen ich alle Taschen aufgehängt habe – fast wie eine kleine Installation. Aber das waren keine Designertaschen, höchstens ein oder zwei. Es waren eher verspielte Modelle, mit Federn oder Perlenstickerei. Das war meine expressivere Phase – so Anfang der 2000er, in der Tom-Ford-Gucci-Ära. Mode war damals sexier, ein bisschen Boho, ein Hauch 70er.
Natürlich liebe ich Taschen immer noch – sie sind mein Leben, und wahrscheinlich weiß ich fast zu viel über sie. Aber ein Teil der Motivation, meine Marke zu gründen, war eine Reaktion auf die „It-Bag“-Ära, die genau in meinen Teenagerjahren ihren Höhepunkt hatte. Diese Vorstellung, dass eine Tasche plötzlich zum ultimativen Symbol für Stil wird – das hat sich für mich nie richtig angefühlt. Meine Marke war ein Statement: Ich glaube nicht an dieses Spiel.
Ich finde, Frauen sollten andere Wege finden, auszudrücken, wer sie sind, und sich wertvoll zu fühlen – nicht über Statussymbole. Ich habe eine komplizierte Beziehung zum Luxus. Es ist eine Art Hassliebe. Ich liebe es, für Qualität und großartiges Design zu zahlen – das ist mir wichtig. Aber es frustriert mich, wenn Menschen viel Geld für etwas ausgeben, das schlecht gemacht oder entworfen ist, nur wegen des Labels. Es nervt mich, wenn Leute darauf hereinfallen, nur der Marke wegen zu kaufen.




Marie: Ich finde es spannend, weil – vielleicht nicht im Mainstream, aber in meiner Fashion-Bubble – Liffner für mich definitiv schon eine It-Bag ist.
Paulina: Lustig! Ich weiß nicht, ob ich das so nennen würde. Für mich hängt der Begriff „It-Bag“ mit einem ganz bestimmten Kontext zusammen: Eine It-Bag ist oft entweder extrem teuer oder streng limitiert – also etwas, das nur wenige überhaupt bekommen können. Aber unsere Marke basiert auf einer viel demokratischeren Idee. Ich möchte, dass Frauen das Gefühl haben: Das ist erreichbar. Natürlich ist es immer noch eine Luxustasche – aber eine, für die Frauen in unserem Alter, die ihr eigenes Geld verdienen, realistisch sparen können. Und genau das ist der Punkt.
Vielleicht kann sie eine beliebte Tasche werden, sogar eine geliebte – aber in meinen Augen ist das etwas anderes als eine It-Bag.
Marie: Spannend! Macht dir das Thema Taschen an sich eigentlich noch Spaß? Ich kenne das als Modejournalistin: Magazine lese ich nicht mehr einfach nur so – ich analysiere immer.
Paulina: Ja, das kenne ich. Ich schaue mir definitiv ständig Taschen an, aber ich kaufe sie nur noch selten. Alle paar Jahre sehe ich ein Modell und denke: Okay, das ist wirklich ein großartiges Design.
Marie: Zum Beispiel?
Paulina: Jonathan Anderson bei Loewe fällt mir sofort ein – da gibt es Stücke, die einfach wunderschön gearbeitet sind. Und Hermès natürlich. Wobei ich dort das Problem habe, dass die Marke extrem statusgetrieben geworden ist. Aber wenn ich meine eigenes Label nicht hätte, könnte ich mir vorstellen, für eines der ungewöhnlicheren, handwerklich besonderen Modelle zu sparen. Eine Birkin allerdings – das wäre nie meins.
Marie: Sehr interessant. Und wenn du das Gefühl hast, du brauchst eine neue Tasche – entwirfst du dir dann einfach selbst eine?
Paulina: Im Grunde, ja.
Marie: Als du dann von Fashion-PR zu deinem eigenen Label gewechselt bist – gab es da diesen einen Moment, in dem du wusstest: Jetzt oder nie?
Paulina: Nein, es war kein einzelner Moment, sondern ein längerer Prozess. Mein Vater war selbst sehr unternehmerisch und hat mir immer wieder gesagt, ich solle etwas Eigenes gründen. Aber ich war nicht so weit. Ich bin eigentlich eher risikoscheu – und ich glaube, das betrifft viele Frauen. Uns wird oft beigebracht, auf Nummer sicher zu gehen. Diese Denkweise hält viele davon ab, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.
Für mich war die Angst vor dem Scheitern riesig. Ich hätte die Marke wahrscheinlich fünf Jahre früher starten können, wenn ich nicht so viel Angst gehabt hätte. Es brauchte viel innere Arbeit, um das zu überwinden. Aber die Gründung war die beste Entscheidung meines Lebens.
Ich finde es unglaublich wichtig – gerade für Frauen –, sich hinzusetzen und zu fragen: Was soll meine Arbeit für mich leisten? Wenn du gerne arbeitest, dann sollte dein Beruf dein Leben in einer sinnvollen Weise bereichern. Diese Klarheit gibt dir eine Richtung – und sie trägt dich auch durch schwierige Zeiten.
Es war also kein Aha-Moment, sondern eher ein langsames „Lösen von Blockaden“. Und genau dieser Prozess hat mich wachsen lassen – nicht nur als Unternehmerin, sondern als Mensch. Ich musste aufhören, auf Erwartungen, Ängste oder alte Muster zu reagieren, und stattdessen anfangen, das Leben zu gestalten, das ich wirklich wollte. Dieses persönliche Wachstum war extrem hart – und gleichzeitig unglaublich bereichernd. Ich glaube nicht, dass mir viele andere Jobs das hätten geben können.

Marie: Was hat dir denn konkret geholfen, die Selbstzweifel zu überwinden?
Paulina: Es ist nicht so, dass ich als Jugendliche nicht selbstbewusst wirkte. Ich wurde immer als jemand mit „Attitüde“ wahrgenommen – selbstsicher, offen. Nach außen hin hatte ich das alles. Und ich war mir meines Geschmacks, meines Stils sicher – ich habe immer genau gewusst, was ich mag und was nicht. Aber selbst damit fiel es mir schwer, einfach anzufangen.
Es geht nicht um persönliche Unsicherheit – es ist gesellschaftlich bedingt. So werden Frauen erzogen. Wir lernen, keine Risiken einzugehen. Und genau diese Botschaft ist extrem hinderlich, gerade wenn man etwas Eigenes aufbauen will.
Marie: Was hat dir geholfen, darüber hinauszukommen?
Paulina: Ehrlich? Vorbilder. Ich habe viel gelesen – Bücher über Frauen wie Coco Chanel, Diane von Fürstenberg – Frauen, die mutig etwas Eigenes und Andersartiges aufgebaut haben. Sie waren meine Heldinnen als Teenagerin. Und in den letzten Jahren ging es zusätzlich viel um innere Arbeit.
Es klingt vielleicht klischeehaft, aber man muss sein „Warum“ herausfinden. Warum spürt man dieses Bedürfnis, etwas Eigenes zu schaffen? Sobald man diese tiefere Motivation gefunden hat, wird sie zum Antrieb, der Angst und Zögern überwindet.
Marie: Ich kann mir vorstellen, dass es Druck erzeugt, eine Tasche komplett selbst zu entwerfen – wie schaffst du es, zwei Kollektionen im Jahr zu kreieren und trotzdem inspiriert zu bleiben?
Paulina: Es gibt viel Angst in diesem Prozess. Viel Prokrastination, ehrlich gesagt. Mentale Herausforderungen sind normal. Aber ab und zu entwickelt sich ein Design, das einfach „passt“ – und dieses Gefühl ist magisch. Ich glaube, im Laufe der Jahre sind mir einige wirklich gute Designs gelungen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und diese seltenen Momente kreativer Klarheit – das ist die eigentliche Belohnung.
Marie: Wahrscheinlich die größte Frage deiner Community: Wie gelingt es dir, Designs zeitgemäß und gleichzeitig zeitlos zu halten? Wie bleibst du trendbewusst, ohne die Identität deiner Brand zu verlieren?
Paulina: Ich glaube, alles beginnt damit, zu wissen, was man selbst mag. Was echt du bist. Im vergangenen Jahr habe ich begonnen, mit einer weiteren Designerin zusammenzuarbeiten – das war so erfrischend. Jahrelang habe ich alles allein gemacht, und jetzt die Möglichkeit zu haben, Ideen auszutauschen, ist ein Geschenk. Sie scherzt immer: „Du magst, was du magst“ – und sie hat recht.
Ich entwerfe etwas und denke: „Haben wir das nicht schon einmal gemacht?“ Und sie sagt: „Ja, weil das dein Stil ist.“ Ich habe schon immer eine Vorliebe für eine bestimmte Art gestreifter T-Shirts gehabt – als Kind trug ich sie, und heute trage ich sie immer noch. Mein persönlicher Stil hat sich also kaum verändert: minimalistisch, skandinavisch, aber ich versuche immer, einen kleinen Twist hinzuzufügen – etwas Boho-haftes oder künstlerisches.
Nehmen wir die Griffe unserer Sprout-Bag – sie sind asymmetrisch. Dieses kleine, unerwartete Detail macht die Tasche interessant. Das ist der Sweet Spot: verankert in der Schlichtheit, aber mit Charakter.




Marie: Wenn ein Design sofort wiedererkennbar ist, sagt es quasi schon alles.
Paulina: Genau. Ganz ohne Logo.
Marie: Ja! Das ist die beste Art einer Markensignatur.
Paulina: Absolut. Und ich denke, das kommt daher, dass man genau weiß, was man liebt – und dabei bleibt. Für mich entsteht die „Zeitlosigkeit“ vor allem durch die ständige Inspiration aus Vintage-Stücken. Das wird man in meinen kommenden Kollektionen noch deutlicher sehen. Vor ein paar Jahren habe ich mich mehr auf weichere, lässigere Designs konzentriert – zeitgemäßer, entspannter. Jetzt beschäftige ich mich wieder stärker mit Stilen, die vom Vintage inspiriert sind, strukturierter und sehr feminin wirken. Darauf freue ich mich richtig.
Marie: Ist das eine Reaktion darauf, dass du ein bisschen auffälliger sein willst?
Paulina: Nicht unbedingt auffälliger. Eher weniger lässig. Ein bisschen eleganter. Der Umzug nach New York City hat mich definitiv beeinflusst – ich habe gesehen, dass die Leute sich hier häufiger schick machen, und das inspiriert mich sehr. Es hat mich motiviert, bestimmte Elemente zu verfeinern.
Marie: Das ist wirklich spannend, vor allem, weil deine Marke ja genau im Herzen des Quiet Luxury steht.
Paulina: Stimmt. Vielleicht sind wir sogar die erschwinglichste Marke in Sachen Quiet Luxury, die es gibt!



Pre-Fall 2025
Marie: Wie denkst du, entwickelt sich Quiet Luxury gerade? Was siehst du in der Zukunft dieses Trends?
Paulina: Es ist faszinierend, denn das größte Wachstum bei Liffner haben wir wohl erst vor drei oder vier Jahren gesehen – genau zu dem Zeitpunkt, als Quiet Luxury zum Trend wurde. Leute haben gefragt, ob wir eine neue Brand seien, und wir so: Nein … wir machen das seit über einem Jahrzehnt genau so. Es brauchte nur einen Trend, damit die Leute es überhaupt bemerken.
Marie: Also hat es ein neues Publikum erschlossen?
Paulina: Definitiv – ein viel breiteres und internationaleres Publikum. Influencer-Marketing hat dabei auch eine große Rolle gespielt. Aber ich glaube wirklich, dass Quiet Luxury mehr als nur ein Trend ist. Es ist eine nachhaltige Ästhetik. Diese minimalistische Eleganz – das Erbe von Designer*innen wie Calvin Klein, Donna Karan und heute The Row – spricht weiterhin Menschen an.
Es geht nicht um Hype. Es geht um Zurückhaltung, darum, alles auf eine starke, einfache Kernidee zu reduzieren. Man nimmt weg, und nimmt weg, bis das Übriggebliebene kraftvoll genug ist, um für sich zu stehen – und dann setzt man es in einem schönen Material um. Für mich ist das die höchste Form von Eleganz.
Natürlich ist nicht alles, was Quiet Luxury genannt wird, großartig – einige Stücke sind wunderbar, andere weniger. Aber wenn es funktioniert, ist es zeitlos.
Marie: Gab es jemals eine Tasche, bei der du dachtest: „Das wird nicht funktionieren“, die dann aber ein Hit wurde?
Paulina: Ja! Die Tulip Tote. Das war unser erster großer Erfolg. Ich erinnere mich, wie ich zu Hause saß und diese Kante immer wieder zugeschnitten und angepasst habe, bis die Form perfekt war.
Sie verkaufte sich nicht sofort – es dauerte tatsächlich ein paar Kollektionen. Aber ich habe von Anfang an an sie geglaubt. Ich wusste einfach, dass es eine einzigartige, schöne Form ist. Und schließlich setzte sie sich durch.
Marie: Also war es am Anfang komplett Intuition.
Paulina: Absolut. Ich habe darauf vertraut, selbst wenn es zunächst aus verkaufstechnischer Sicht keinen Sinn machte. Es ist eines unserer originellsten Designs – und eines, auf das ich bis heute sehr stolz bin.
Marie: Du hast also deiner Intuition vertraut – als Frau, als Gründerin – und hast an einem Taschendesign festgehalten, das nicht sofort performte?
Paulina: Ja, genau. Zum Beispiel die Sprout Totes – die großen, weichen Taschen, die man mittlerweile wahrscheinlich überall gesehen hat. Sie brauchten tatsächlich etwa vier Kollektionen, bis sie richtig angekommen sind. Ich dachte: Das ist eine großartige Tasche für den Alltag, die für alle funktioniert. Aber zunächst hat sie niemand gekauft – weder Kund*innen noch die Stores.
Man sagte mir: „Zeig die nicht noch einmal, sie sind nicht interessant.“ Aber ich dachte nur: Sie sind großartige Taschen – sie brauchen einfach Zeit. Das war einer dieser Fälle, in denen Beharrlichkeit sich wirklich ausgezahlt hat.


Marie: Noch einmal zum persönlichen Stil – wie entscheidest du, welche Handtasche zu einem Outfit passt? Ich weiß, dass du sicher schon von der „Wrong Shoe Theory“ gehört hast – der Idee, dass ein unerwarteter Schuh das Outfit erst richtig interessant macht.
Paulina: Ja! Ich liebe diese Theorie. Und ehrlich gesagt, habe ich das mein ganzes Leben lang schon so gemacht, ohne zu wissen, dass es dafür einen Namen gibt.
Ich denke, bei Handtaschen gilt ein ähnliches Prinzip – zumindest für mich. Ich spiele gerne mit Kontrasten. Trage ich etwas Schickes, greife ich oft zu einer eher lässigen Tasche – zum Beispiel aus weichem Veloursleder oder eine einfache Lederpouch – statt zu einer klassischen Abendtasche.
Dieser Kontrast wirkt modern und interessant. Ja, ich kombiniere gerne elegant und lässig, indem ich Elemente mische. Aber an den meisten Tagen nehme ich einfach die Tasche, die gerade im Flur hängt – ganz ehrlich.
Marie: Du planst deine Outfits also nicht um die Accessoires herum?
Paulina: Oh nein, niemals. Definitiv keine abgestimmten Taschen-und-Gürtel-Kombinationen! Für mich sind Accessoires das letzte, spielerische Element – das Spaßige. Kleidung plane ich strategischer: Silhouette, Funktion, Wetter, Reisen – all das spielt eine Rolle. Aber Accessoires? Das ist das i-Tüpfelchen. Ich setze sie zum Spaß ein, nicht aus Strukturgründen.
Marie: Abschließend – wie sehen die nächsten Schritte für Liffner aus? Oder, wenn es noch nichts Konkretes gibt, was wünschst du dir für die Zukunft der Marke?
Paulina: Ehrlich gesagt? Ich hoffe, wir finden einen nachhaltigen Weg, mit den Herausforderungen der heutigen Welt umzugehen – einfach auf realistische, menschliche Art.


Paulina: Abgesehen davon konzentriere ich mich gerade stark darauf, unsere Community hier in New York aufzubauen. Ich treffe nach und nach mehr Menschen aus der Branche, knüpfe echte Kontakte – und das ist unglaublich inspirierend und gleichzeitig auch sehr hilfreich für das Business. Den amerikanischen Markt weiter auszubauen, ist definitiv nach wie vor ein Schwerpunkt für uns.
Marie: Du hast erwähnt, dass du mit steigenden Importzöllen die Preise nicht erhöhen wolltest – war der Umzug nach New York auch eine geschäftliche Entscheidung?
Paulina: Anfangs nicht. Der Umzug entstand, weil mein Mann hier eine Jobchance bekommen hat – völlig unerwartet. Aber in den letzten Jahren haben wir gezielt den amerikanischen Markt aufgebaut. Heute macht er mehr als die Hälfte unseres Geschäfts aus, vor allem im Direct-to-Consumer-Bereich. Es ist ein riesiger Teil dessen, was wir tun, und ein unglaublich spannender, dynamischer Markt. Ich habe im Laufe der Jahre auch viel Zeit in New York verbracht und ein starkes Netzwerk aufgebaut. Mein Sales-Team sitzt hier, und unser Haupt-Showroom – wo wir mit Einkäufer*innen sprechen – befindet sich ebenfalls in New York. Ich komme seit vielen Jahren hierher, und jedes Mal, wenn ich in der Stadt bin, passiert etwas. Ich treffe Leute, knüpfe Kontakte – es ist eine inspirierende Umgebung voller Energie und Möglichkeiten. In dieser Hinsicht ist es sehr anders als in Skandinavien.
Marie: Denkst du, dass deine Kund*innen – insbesondere die Frauen, die deine Taschen kaufen – überwiegend in Städten leben? Wer ist die Zielgruppe in den USA?
Paulina: Definitiv eher in großen Städten. New York ist bei weitem unser größter Markt.
Marie: Kann ich mir vorstellen – besonders, wenn man hier herumläuft. So anders als in L.A., wo gefühlt jeder in Jogginghosen unterwegs ist.
Paulina: Stimmt genau! Ich liebe es, wie sich die Leute hier kleiden. Das hat auch meinen persönlichen Stil stark beeinflusst. Ich erinnere mich, dass ich schon vor zehn Jahren, als ich mehr Zeit in New York verbracht habe, angefangen habe, mich anders zu kleiden – mehr wie ich selbst. In Stockholm habe ich damals einfach etwas Basic-Schwarzes getragen, minimalistisch, um eher unterzutauchen.
Als wir unsere Kaffees austranken und die Stadt draußen vor dem Caféfenster langsam zu erwachen begann, wurde eines klar: Paulina entwirft nicht einfach schöne Dinge – sie webt stille Selbstsicherheit in jede Naht. Ihre Taschen schreien vielleicht nicht, aber sie sagen sehr viel. Über Geschmack. Über Achtsamkeit. Und über moderne Frauen, die niemandem etwas beweisen müssen.