Ab in den Mama-Moon!

Ab in den Mama-Moon!

Der persönliche Nicht-Guide für die Schwangerschaft

Teil 2 der Preggo-Kolumne ist da: Warum der Babymoon nicht immer (nur) mit der oder dem Partner*in sein sollte

Trigger-Warnung: In folgendem Text geht es um das Thema Schwangerschaft, Babys und Familie. Bei manchen Menschen können diese Themen negative Reaktionen auslösen. Bitte pass auf dich auf, wenn das bei dir der Fall ist.

So ein Baby stellt das ganze Leben auf den Kopf. Das glaube ich zumindest – und das ist auch das, was mir Bekannte und Freund*innen berichtet haben. Egal, wie sehr man sich „Das Kind richtet sich nach uns und nicht wir uns nach dem Kind“ vornimmt, es scheint einfach nicht in der Realität umsetzbar zu sein. Und doch haben wir uns dafür entschieden, könnte man sagen: für ein Baby, das Chaos, all die Veränderungen, den Mehrwert im Leben – und vor allem eine große Liebe mehr.

Trotzdem ist es mehr als erlaubt, dass man sein Leben, so wie man es kennt und gerade noch lebt, in allen Zügen genießt - und sich vielleicht auch feierlich von ihm verabschieden will, weil sich alles ändert. Das hat ganz und gar nichts mit Bereuen zu tun, viel mehr mit Dankbarkeit und im Moment leben. Ins Restaurant gehen, generell abends mit Freund*innen etwas unternehmen, spontan sein, mit wenig Gepäck reisen, ins Kino gehen: das alles sind Dinge, die wir irgendwann wieder machen können, aber wir wissen eben noch nicht genau wann. Deswegen zelebrieren wir sie gerade umso mehr.

Generell merke ich in meiner Schwangerschaft, wie viele Sachen „amerikanisiert“ werden oder wurden, wenn man ein Baby bekommt. Ob Gender Reveal, Babyshower oder Babymoon – für alles gibt es einen Fachbegriff und scheinbar Regeln, die man befolgen muss, wenn man schwanger (und Influencer*in?!) ist. Sie gehören fast schon zum guten Ton, wer sie weglassen will, gilt schnell als Spielverderberin.

Von Gender Reveal halte ich persönlich gar nichts (ich finde sie sogar höchst bedenklich), eine Babyshower finde ich süß, wenn sie ohne den Titel Babyshower und Windeltorten daherkommt und ein Babymoon? Davon bin ich riesengroßer Fan, ja richtig gelesen. Babymoon, das Wort stammt von Honeymoon, dt. Flitterwochen, und beschreibt das letzte Mal Urlaub als Elternpaar zu zweit also Verreisen in der Schwangerschaft.

Wir reisen viel und gerne, meistens zu zweit – und beim Buchen unserer Unterkünfte mussten wir bisher noch nie Rücksicht nehmen auf Schlafmöglichkeiten für Kinder, auf einen Zaun um den Pool, auf medizinische Versorgung vor Ort oder eine lange und anstrengende Anreise sowie Zeitumstellung und Jetlag. Egoistisch konnten wir tun und lassen, was wir wollen – und das war so schön. In der Schwangerschaft nochmal zu verreisen und das Hier und Jetzt zu zweit zu genießen, Kraft zu sammeln vor der bevorstehenden Geburt und das letzte Mal Urlaub mit Ausschlafen, Faulenzen, Sonnenbaden und Ruhe zu genießen, erscheint mir daher mehr als logisch. Auch die Beziehung, die man gerade als Paar führt, kann man so ein letztes Mal voll auskosten – ohne Fremdbestimmung einer dritten Person.

Doch warum sollte man das nur mit seiner Partnerin oder seinem Partner machen? Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass dieses Kind nicht nur die Beziehung zwischen meinem Freund und mir verändern wird, sondern generell jede Beziehung in meinem Leben. Denn das ist jetzt schon der Fall, obwohl es noch gar nicht geboren ist.

Manche Freund*innen gehen mir seit der Verkündung meiner Schwangerschaft aus dem Weg – sie mögen keine Kinder und halten jetzt eher Distanz, was für mich zwar traurig, aber für sie logisch ist. Andere Freund*innen, oft auch selbst schon mit Kindern, suchen noch enger Kontakt, manch neue Menschen treten ins Leben, weil man die Erfahrungen des neuen Lebensabschnitts gerne teilt und sich austauscht, manch andere meiden einen vielleicht, weil die Schwangerschaft für sie zu traumatisch ist. Alles ist okay!

Und ganz besonders merke ich, wie sich neben der Paarbeziehung die Beziehung zu einer Person ändert: meiner Mama. Ist ja auch klar: Wenn aus einem Kind selbst eine Mama wird, dann scheint das gar nicht so leicht zu sein, für beide Seiten. Meine Mama hat mir 28 Jahre lang die Welt erklärt (und ich ihr die Technik sowie das Internet), jetzt muss ich die Welt jemandem erklären – und möchte das vielleicht in manchen Aspekten anders machen als meine Eltern.

Es verschieben sich also gewohnte Grenzen, die Rolle von einem „wachenden“ Elternteil, das gerne Ratschläge und Weisheiten austeilt, muss jetzt neu erlernt werden: Zuschauen, ohne zu kommentieren, Aushalten, dass Dinge anders gemacht werden, das eigene Kind in seinem Erwachsensein ernst nehmen. Und andersherum ist es auch als Tochter/Kind schwierig, wenn man auf einmal für einen anderen Menschen verantwortlich ist, seine eigene Kindheit nochmal reflektiert und verstehen muss, welche Konsequenzen Erziehung, Worte und Taten haben. Was für eine Mutter bin ich eigentlich oder was für eine möchte ich sein?!

Um mich also auch in gewissen Teilen gebührend von der kindlichen Beziehung zu meiner Mama zu verabschieden, war uns beiden klar: Wir müssen nochmal gemeinsam in den Urlaub, nur Zeit für uns haben, die letzten Jahrzehnte und die vielen schönen Reisen, die wir zu zweit gemacht haben, noch einmal feiern und (für einen gewissen Zeitraum) verabschieden.

Und auch, wenn die Reise hätte viele Konflikte bieten können (denn das tut sie doch irgendwie oft, wenn man mit seinen Eltern auf so engem Raum wieder vereint ist), war sie einfach wunderschön. Meine Mama konnte zum ersten Mal das Baby in meinem Bauch spüren, hat mit mir an einer kleinen Cashmere-Jacke gestrickt (beziehungsweise meine Fehler wieder ausgemerzt) und mir vor allem das schlechte Gewissen beim Faulsein genommen.

Ich wurde noch einmal richtig verwöhnt, mir wurde Obst und Schokolade serviert, ich musste den Geschirrspüler nicht einmal ausräumen und habe abends Tee an die Couch gebracht bekommen. Bald werde ich die sein, die bedient, serviert und verwöhnt. Anders ... aber auch schön!

Also, packt eure Mamas, eure Wahl-Mamas, eure besten Freund*innen ein – und zelebriert nochmal eure Beziehung, so wie sie jetzt ist – ohne Angst und Sorgen im Hinblick auf die Zukunft, aber dafür mit ganz viel Dankbarkeit und Glück auf das, was ihr gemeinsam schon erleben durftet.

Jetzt bin ich gespannt: Wie hat die Schwangerschaft oder auch das Elternwerden die Beziehung zu euren Eltern oder eurer Mutter verändert? Am besten kommentiert ihr auf unserem Instagram oder schreibt eine DM!

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