Auf dem Weg nach ganz oben
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Gestuz ist seit 14 Jahren eine Konstante in der dänischen Modeszene

Seit dem Debüt auf der Kopenhagener Modewoche im August erlebt das Label von Gründerin Sanne Sehested einen raketenhaften Aufstieg

Gestuz ist für mich seit vielen Jahren ein Klassiker in der dänischen Modewelt. Wenn ich an die Brand denke, dann denke ich an Lederjacken, aufgesetzte Taschen auf Jacken, Hosen und Röcken, gemixt mit femininen Kleidern. Sanne Sehested, Gründerin und Designerin von Gestuz, ist genau dafür bekannt: Für den Mix aus Elegant und Rock'n'Roll, für strenge Basics und verspielte Details. Doch so richtig laut, mutig und avantgardistisch war das Label im Vergleich zu vielen dänischen Kolleg*innen nie. Bis zum August 2022. Denn da präsentierte Gestuz zum ersten Mal nach der Pandemie mit einer riesengroßen Fashion Show auf der Copenhagen Fashion Week. Und ich war nicht die einzige, die bei den Zuschauer*innen danach mit offenem Mund dasaß und sich fragte, ob das das Gestuz war, was ich die letzten 14 Jahre gekannt hatte ...

Die Antwort war ja und nein zugleich. Denn natürlich hat Gestuz (glücklicherweise) keine 360-Grad-Wende hingelegt, sondern seine Stärken und Alleinstellungsmerkmale weiterentwickelt – und sich damit auf ein Level mit anderen dänischen Brands gestellt, ohne dass Verwechslungsgefahr herrscht. Der Erfolg gab ihnen recht: Kurze Zeit später trug Hailey Bieber ein Ensemble des Labels, Who What Wear betitelte Gestuz als eines „der am schnellsten wachsenden Brands in Kopenhagen.“

Klar ist, Sanne ist sich bewusst, dass die Gen Z eine wichtige Zielgruppe ist – und die bedient sie aktuell mit jeder Menge Y2K-Referenzen, im Vergleich zu anderen Modelabels ist Gestuz' Price-Point niedriger – die Zielgruppe damit größer. Wie es zu dieser Veränderung in den letzten Jahren kam, was Gründerin und Designerin Sanne bewegt und wie sie sich auch privat kleidet, darüber habe ich mit ihr im Interview gesprochen. Natürlich haben wir auch gemeinsam versucht, das Geheimnis des dänischen Stils zu lüften. Und wer bis zum Ende liest, wird mit den besten Vintage-Shops weltweit belohnt!

Gründerin und Designerin Sanne Sehested

Mit welcher Vision hast du Gestuz 2008 gegründet?

Ich habe Gestuz gegründet, weil ich eine Brand schaffen wollte, das meinem persönlichen Stil entspricht. Also würde ich sagen ist Gestuz aus der dänischen DNA mit einer Rock’n’Roll-Attitude entstanden ist. Das bedeutet, dass wir moderne Kollektionen kreieren, die einen Twist haben. In jeder Kollektion gibt es Vintage-Inspirationen, und wir zollen oft den 80er- und 90er-Jahren Tribut. Das ist der Ursprung von Gestuz.

Was waren deine Learnings als Gründerin bisher?

Eine Sache, die ich meinem jüngeren Ich raten würde, ist, dem eigenen Bauchgefühl zu vertrauen. Es ist sehr leicht, sich von anderen Meinungen beeinflussen zu lassen, und wenn man eine eigene Brand hat, muss man viele Interessengruppen berücksichtigen. Ich will damit nicht sagen, dass man nie auf andere hören soll, aber mein Rat wäre, von Anfang an mir selbst und meinen Designs zu vertrauen.

Wie hat sich dein Verständnis von Mode und Trends im Laufe der Jahre verändert?

Ich denke, Inspirationen und Mode entwickeln sich ständig weiter. Ich würde sagen, ich bin mir selbst treu geblieben und nicht erst vom Rock'n'Roll zu femininen Blümchenkleidern und dann wieder zum Minimalismus gewechselt. Es ist interessant zu sehen, wie Trends wiederkommen, aber mit modernen Abwandlungen.

Und gibt es Dinge, die du jetzt komplett anders machen würdest?

Ja, ich würde von Anfang an mehr delegieren. Als ich Gestuz 2008 gegründet habe, waren wir nur wenige im Team und ich war wirklich in jeden Aspekt des Geschäfts involviert, vom Design über PR bis hin zu Sales. Inzwischen habe ich ein starkes Team mit starken Führungspersönlichkeiten, die die Hauptaspekte des Unternehmens verwalten. Das bedeutet, dass ich mehr Zeit habe, mich auf das Design und die kreative Ausrichtung der Marke zu konzentrieren, was ich sehr liebe. Ich glaube, dass ich ziemlich gut darin bin, die besten Leute fürs Team zu finden – bis jetzt habe ich mich noch nicht geirrt.

Wie hat sich Gestuz in den letzten zwei Jahren verändert?

Ich habe das Gefühl, dass wir uns in den letzten zwei Jahren auf eine Rebranding-Reise begeben haben. Wir haben 2020 erstmals wieder auf der Kopenhagener Fashion Week gezeigt und jetzt haben wir so eine starke Marken-DNA, dass wir unseren Platz gefunden haben. Ich war noch nie so stolz auf das Unternehmen und mein Team wie jetzt.

Wie wichtig sind dir als Designerin Materialien und die Herkunft dieser?

Wir arbeiten immer daran, uns zu verbessern. Deswegen beschäftigen wir uns natürlich auch mit den Materialien, die wir verwenden und wie sie unseren Planeten beeinflussen. Unser Hauptziel ist es, erschwingliche, aber qualitativ hochwertige und gut sitzende Kleidungsstücke zu entwerfen, die wir über viele Saisons hinweg tragen können. Nebenbei bemerkt haben wir unsere eigene Wiederverkaufsplattform ins Leben gerufen, auf der man Gestuz-Pieces, die einem nicht mehr gefallen, verkaufen kann. Bisher gibt es diese Plattform nur in Dänemark, aber wir hoffen, dass wir sie in den nächsten Jahren ausbauen können, denn wir glauben fest daran, dass wir auf diese Weise die Lebensdauer unserer Kleidungsstücke verlängern können.

Bei den Materialien, die wir in unseren Kollektionen nicht verwenden, handelt es sich um Polyurethan und Pelz.

Das Preisniveau bei Gestuz ist viel niedriger als bei anderen dänischen Marken wie Stine Goya oder Ganni. Warum?

Eine unserer Stärken ist meiner Meinung nach, dass wir qualitativ hochwertige Kleidung zu einem fairen Preis herstellen. Wir haben immer eine breite Preisspanne in unseren Kollektionen, die sowohl erschwingliche als auch teurere Pieces enthält. Die Mischung ist mir wichtig, weil ich glaube, dass es möglich sein sollte, schöne Kleidung in einem mittleren Preissegment zu besitzen. Ich kann nicht sagen, dass wir nie die Preise erhöhen werden, aber im Moment habe ich das Gefühl, dass wir für unser Design zu fairen Preisen geschätzt werden.

Was ist dein persönliches Must-have im Kleiderschrank?

Es ist schwer, sich nur für eines zu entscheiden, aber ich würde sagen, entweder einen Oversized Blazer oder eine Lederjacke im Vintage-Stil.

Wie hast du deinen eigenen Stil gefunden?

Trial-and-Error. In der Mode geht es darum, Dinge auszuprobieren und sich langsam dem anzunähern, von dem man glaubt, dass es die eigene Persönlichkeit reflektiert. Ich glaube nicht, dass der persönliche Stil in Stein gemeißelt ist – er ändert sich mit den Jahreszeiten, dem Leben und dem Alter.

Woher weißt du morgens, was du anziehst? Ich stehe ja oft ratlos davor ...

Ich habe einen Trick, mit dem ich angefangen habe, als meine Kinder klein waren. Ich plane immer am Vorabend, was ich am nächsten Tag anziehe und bereite alles so vor, dass ich mich morgens schnell fertig machen und aus der Tür gehen kann. Das hat sich bisher sehr bewegt und es spart viel Zeit und Entscheidungen.

Was ist der typische Gestuz-Look?

Einer meiner Lieblingslooks ist eine Vintage inspirierte Jeans mit einem Tanktop oder einem weißen T-Shirt und einem kastenförmigen Oversized-Blazer, gepaart mit klobigen Stiefeln und Vintage-Schmuck. Es ist ein safer Herbstlook, den ich immer wieder neu kombiniere.

Wenn du für die kommende Saison nur EIN Gestuz-Piece besitzen dürftest, welches wäre es?

Es ist so schwer, sich zu entscheiden, weil ich mit meinem Designteam die Absprache habe, dass wir keine Kollektionen präsentieren, bei denen ich nicht jede Menge Must-have-Favoriten habe. Wenn ich mich entscheiden müsste, dann wäre es diese kurze weiße und sehr klobige Lederjacke. Sie ist unsere moderne Version der klassischen Lederjacke, die gleichzeitig feminin und maskulin ist. Und ein Paar cremefarbene Cargohosen. Ich kann mich einfach nicht entscheiden!

Die Modeindustrie in Dänemark ist stark, ist das immer von Vorteil oder manchmal auch eine Herausforderung?

Ich glaube, es kann beides sein. Wir sind tief verwurzelt im Design in Dänemark und orientieren uns dabei an Einfachheit, Qualität und Tragbarkeit, aber bei Gestuz haben wir gleichzeitig auch einen anderen Fokus: luxuriösen Rock'n'Roll und Vintage Vibes. Wir werden immer wieder von der starken Modeindustrie inspiriert und genießen natürlich die damit einhergehende Aufmerksamkeit der internationalen Presse und Käufer. Allerdings bedeutet das auch, dass man sehr hochwertig und qualitativ arbeiten muss, um mithalten zu können. Aber das ist ja auch ein guter Ansporn, oder?

Und warum glaubst du, sind dänische Fashion Brands so erfolgreich?

Ich denke, es ist eine Mischung aus unserem Fokus auf guter Handwerkskunst, Tragbarkeit, Nachhaltigkeit und einer starken eigenen Identität. Es gibt so große Unterschiede zwischen den dänischen Marken, aber die erfolgreichen Marken sind alle einfach sehr stark im Design.

Du hast es ja schon gesagt, du liebst Vintage-Mode. Welches ist dein Lieblingsstück?

Das ist so, als würde man mich bitten, zwischen meinen Kindern zu wählen... Ich kann mich auf meine drei Lieblingsstücke beschränken: Einen riesigen Blazer, den ich in einem Pariser Vintage-Laden gefunden habe. Alle meine großen, goldenen Ohrringe und eine wirklich klobige Lederjacke, die seit den 90er-Jahren in meinem Kleiderschrank hängt.

Was sind deine drei Tipps für Vintage-Läden?

In Los Angeles der Rosebowl Market, in New York City Amacord Vintage, in London Rellik Vintage und in Paris Envoiture Simone.

Worauf sollte man achten, wenn man Secondhand-Mode kauft?

In einem guten Secondhand-Laden kann man sich leicht hinreißen lassen. Oft sind die Preise gut, und man kauft Stücke, von denen man denkt, dass man sie vielleicht eines Tages tragen möchte. Aber dann trägt man sie doch nie. Deshalb versuche ich, mich zu beherrschen und nur Pieces zu kaufen, von denen ich weiß, dass sie mir lange gefallen werden. Dann fühlen sie sich exklusiv an, anstatt nur den Kleiderschrank zu füllen.

Was trägst du bei der Gestuz-Weihnachtsfeier?

Eine weite Anzughose, dazu ein glitzerndes Cropped Top. Ich mag den Kontrast zwischen weiblich und männlich.

Vielen Dank für das tolle Interview, liebe Sanne!

Dieser Artikel ist Werbung, da er Markennennungen enthält.

  • Fotos:
    Gestuz

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