Who is Axel Arigato?
Die Antwort ist: Es ist keine Person, es ist ein ganzes Universum
Das schwedische Streetwear-Label Axel Arigato wächst seit 2014 unaufhaltsam. Wir haben die beiden Gründer zum Interview getroffen
Axel Arigato, das ist kein Mensch, wie viele vermuten. Das ist ein Brand. Mit einer Zielgruppe, die einer Glaubensgemeinschaft gleicht. Axel Arigato designt. Sie kaufen. Und das jedes Mal. Eine ähnliche Kund*innen-Bindung erfahren sonst Brands wie Supreme, High Snobiety, 032c und Balenciaga – na gut, letzteres hat sich bisweilen erledigt.
Womit Axel Arigato so erfolgreich geworden ist? Mit Sneakern. Denn das scheint das Geheimnis, der treuen Käuferschaft zu sein. Und die Erfolgsgeschichte des schwedischen Labels begann 2014 mit dem simpelsten aller Sneaker: nämlich einem weißen, schlichten Modell.
Ihr Alleinstellungsmerkmal? Eine Nische in einer Branche, die eigentlich schon völlig übersättigt ist, aber nach einem mittelpreisigen Niveau verlangte. Mit rund 200 Euro treffen ihre Schuhe genau die Mitte zwischen Nike und Adidas und Balenciaga und Saint Laurent.
Mittlerweile haben sie sieben Flagship-Stores in Berlin, München, London, Paris, Stockholm, Kopenhagen, Göteborg. Doch nicht nur der Price Point, sondern auch die besondere Unternehmensphilosophie haben Axel Arigato zu einem der Marktführer in Sachen Sneaker gemacht: Sie haben die Digitalisierung verstanden.
Von Anfang an setzt Axel Arigato auf wöchentliche Drops, in denen ein Sneaker-Modell gelauncht wird. Klassische Saisons sind ihnen fern, sie bieten ihrer Kundschaft ständig News. Außerdem verkaufen sie Merch wie Grinder, Drehpackungen für Zigaretten, Zippos und Basketbälle, mein Favorit ist eine Sneaker-Kerze. Mittlerweile macht die Brand übrigens auch Ready-to-wear-Mode – und die ist für ein Sneaker-Label teilweise überraschend luxuriös, mit hochwertiger Knitwear, Lederhosen und Wollmänteln.
Einzigartig ist vor allem das Event-Konzept, die in und außerhalb der Stores stattfinden, die Werte der Marke vermitteln sollen und ihre Fangemeinde an sie binden.
Zur Eröffnung des neuen Flagship-Stores in Berlin gab es auch eines der berühmten Events: Axel Arigato feierte in einem Club eine 12-Stunden-Party, von 22 Uhr abends bis 10 Uhr morgens. Ich war zwar nicht dabei (die Schlange war zu lang, ein weiterer Beweis für den Hype um das Brand), aber hatte zumindest die Gelegenheit, die beiden Gründer des Brands zu treffen: Max Svardh, der Kreativdirektor und Albin Johansson, der als Geschäftsführer arbeitet.
Links: Max Svardh, rechts: Albin Johansson
War es 2014 nicht ein bisschen verrückt von euch, in den Sneaker-Markt einzusteigen?
Max: Man muss dumm genug sein, um sich einfach zu trauen. Oder auch einfach naiv. Man darf keine Grenzen sehen. Es ist wirklich so einfach, wie es klingt. Wenn wir damals gewusst hätten, was wir heute wissen, hätten wir uns niemals getraut.
Was waren Fehler, die ihr heute nicht mehr machen würdet?
Max: Oh, wir haben SO VIELE Fehler gemacht, egal ob mit Stores, Produkten, verschiedenen Märkten, aber es geht mehr um die Mentalität von Trial-and-Error. Man muss Risiken eingehen und sich auch immer wieder anpassen und verändern.
Und wie trefft ihr eure Entscheidungen? Sehr rational oder doch mit eurem Bauchgefühl?
Max: Manche Dinge im Leben entscheidet man nur mit dem Gefühl und andere eben nicht.
Albin: Zumal nichts im Leben einfach falsch oder richtig, schwarz oder weiß ist, das Bauchgefühl spielt also oft eine wichtige Rolle. Für manche basiert das vielleicht auf irgendwelchen Zahlen, für manche basiert das nur auf dem Visuellen und auf Gefühlen. Das macht das Business ja auch so spannend. Und deswegen passen Max und ich auch so gut zusammen: Wir sehen die gleichen Dinge, aber WIE wir sehen, ist unterschiedlich, also aus unterschiedlichen Perspektiven.
Diskutiert ihr denn viel?
Max: Nein, wir sind wie ein altes Ehepaar, wir müssen nicht mehr reden, wir schauen uns nur an und wissen, was der andere denkt. Wir arbeiten ja eigentlich nach einem Prinzip. Aber dann ändern wir das Prinzip immer wieder, wollen es smarter machen, aber das Grundfundament unserer Zusammenarbeit ist heute viel definierter und feiner, als es früher war.
Albin: Wir müssen uns nicht ständig neu erfinden, die Basis unserer Partnerschaft steht, die ganz großen Dinge unserer Zusammenarbeit sind alle geklärt. Jetzt verbessern wir nur noch die Feinheiten.
Würdet ihr im Nachhinein sagen, es gab diesen einen Wendepunkt oder diese eine Entscheidung, die zu dem Hype um das Brand geführt hat?
Max: Ja, als wir den ersten Store in London eröffnet haben. Davor waren wir nur online, ohne Zwischenhändler*innen, erreichbar. Niemand, nicht einmal wir selbst, wusste damals, wie das Brand wirklich physisch aussieht. Der Store hat uns erlaubt, dem Brand so viel mehr Tiefe und Schichten zu geben, das ging online so nicht. Jetzt machen wir Events, unsere Stores haben eine starke visuelle Ausrichtung. Das hat viel verändert, wie wir als Marke wahrgenommen wurden. Da haben viele Kund*innen erst verstanden, wer oder was wir wirklich sind.
Albin: Was meinst du denn mit Hype, Marie?
Ich denke, ihr habt ähnlich wie andere Streetwear Marken wie Supreme und Co. eine so starke Zielgruppe, dass sie beinahe jedes Produkt kaufen würden, das ihr auf den Markt bringt, fast schon wie eine religiöse Gemeinschaft. Die Freiheit merkt man ja auch an eurer Merch-Kollektion.
Max: Ich glaube, wir sind nur so erfolgreich geworden, weil die Kund*innen uns authentisch finden. Es geht vor allem um Authentizität. Stell dir vor, du hättest diesen Store betreten und Albin und ich wären 60 Jahre alt, würden hier in Anzügen mit Krawatten vor dir sitzen. Dann hättest du dir wahrscheinlich gedacht: „Ist das Brand wirklich echt? Um Sachen zu verkaufen, machen sie Events. Aber die Realität sieht anscheinend ganz anders aus ...“
Ja, da hast du recht, aber gleichzeitig habt ihr so viele verschiedene Sneaker-Modelle im Angebot, dass bei euch auch die von dir gerade erwähnten sechzigjährigen Anzugträger den passenden Schuh finden würden. Wie kommt das?
Max: Da hast du absolut recht. Aber sie sind eben nicht die Gesichter des Brands. Es sind zwei unterschiedliche Schuhe: Wer du bist und ob du authentisch bist und wen du damit ansprichst und anziehst. Die große Style-Varianz kommt daher, dass Albin und ich vorher in Multibrand-Stores gearbeitet haben. Dort hat man so viele verschiedene Kund*innen, verschiedene Generationen, die für verschiedene Anlässe nach Styles suchen, dass wir das auch erfüllen wollten mit Axel Arigato.
Albin: Generell verbindet unsere Zielgruppe ein bestimmtes Mindset und gemeinsame Werte. Das Produkt ist eine Sache, die Kommunikation auch, die Distribution, Marketing – alles ist miteinander verbunden und erstmal muss man sich auf ein paar Aspekte fokussieren, bevor man dann machen kann, was man will.
Ihr arbeitet mit Weekly Drops, das heißt, dass jede Woche ein neuer Style gelauncht wird. Das klingt für mich auch nach Kund*innen, die ständig konsumieren wollen. Findet ihr das nachhaltig?
Max: Wenn man Axel Arigato mit einem anderen Brand vergleicht, dann merkt man, dass wir ganz unterschiedlich agieren. Am Ende des Tages bringen wir durch unsere Weekly Drops nicht mehr Produkte auf den Markt als andere Firmen. Wir veröffentlichen sie nur auf eine andere Art und Weise. Das „Drop of the Week“-Modell basiert darauf, wie wir selbst shoppen.
Albin: Es ist einfach eine andere Art und Weise, mit seinen Kund*innen zu kommunizieren. Bei Nachhaltigkeit geht es am Ende nicht nur darum, wie viel die Leute kaufen, sondern auch darum, wie viel überhaupt produziert wird. Die wöchentlichen Drops erlauben uns, dass wir kaum Lagerware haben, stattdessen können wir gezielt nachbestellen. Anstatt am Anfang der Saison ein großes Risiko einzugehen und Unmengen an Styles herstellen zu lassen, können wir so viel flexibler reagieren. In Sachen Nachhaltigkeit funktioniert das System für uns also deutlich besser. Wir haben deswegen keine großen Sales, denn wir müssen nicht Unmengen an Waren wieder loswerden.
Max: Wenn wir über Schuhe sprechen, unser größter Absatzmarkt, produzieren wir 95 Prozent in Portugal. Und die Produktion in Portugal erlaubt es uns, auch nur geringe Stückzahlen wie 20 Stück zu bestellen. Wenn man in den globalen Süden oder nach China geht, dann müssten wir gleich riesige Stückzahlen abnehmen.
Ihr schaut also immer erst, wie die Pieces ankommen bei den Konsument*innen?
Max: Ja, wir wollen nicht auf so viel Lagerware sitzen bleiben, das wäre nicht nachhaltig. Und bei manchen Styles ist es ja auch gar nicht unser Ziel, sie wieder auflegen zu lassen, limitierte Editionen sollen ausverkauft werden.
Produziert ihr auch eure Kleidung in Portugal?
Max: Die Mehrheit der Ready-to-wear wird auch in Portugal hergestellt, manche Pieces in der Türkei und ein kleiner Teil der Produktion ist auch in Asien.
War es von Anfang an geplant, auch Kleidung zu entwerfen?
Max: Wie mit den Stores geht es uns darum, dass wir mit Axel Arigato ein Universum erschaffen wollen, einen Komplett-Look. Wir sehen uns als ganzheitliches Brand.
Also gibt es auch bald Boots und Heels?
Albin: Nein!
Max: Na, Sneaker Boots machen wir ja irgendwie schon. Aber wir wollen unsere Kund*innen nicht überfordern. Wir wollen Klarheit. Und wenn man alles macht, dann erreicht man damit das Gegenteil. Wir wollen eine Marke sein, die man einfach verstehen und begreifen kann: Worin sind sie Experten? Man kann einfach nicht in allem ein Experte sein. Bei unseren Designs führt alles im Endeffekt wieder auf die Schuhe und wie man etwas mit ihnen kombiniert.
Vielen Dank für das Interview und den Einblick in eurer Universum, lieber Max, lieber Albin!
Dieser Artikel ist Werbung, da er Markennennungen enthält.
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Fotos:Courtesy of Axel Arigato via Reference Studios