Strumpfhose ist nicht gleich Strumpfhose

Strumpfhose ist nicht gleich Strumpfhose

Das wissen die besonders gut, die schon mal eine getragen haben, die nicht gut sitzt.

Jetzt hat Hēdoïne sich der Sache angenommen! Wir haben die beiden Gründerinnen zum Interview getroffen.

Woran man einen schlechten Tag erkennt? Nun ja, daran, dass die oder der Kolleg*in den ganzen Tag nur mit „Hmm ...“ auf Fragen und den Kaffee-Smalltalk antwortet, dass der neue Schuh gleich morgens eine Blase macht oder dass die Strumpfhose im Schritt hängt. Besonders letzterer Punkt treibt mich so auf die Palme, dass ich schon mal im Winter bei Minus fünf Grad kurz davor war, mich ihr auf offener Straße zu entledigen und mit nackten Beinen durch die Stadt zu spazieren. Mit diesem Empfinden bin ich nicht alleine.

Strumpfhose ist nicht gleich Strumpfhose, ganz und gar nicht. Und wenn sie nicht bequem ist, sich wie Plastik anfühlt oder einschneidet, dann landet sie im Müll. Und genau das ist das Problem! Kein anderes Produkt im Kleiderschrank wird so sorglos, schnell und oft entsorgt wie die Strumpfhose. Sie ist der Wegwerfartikel der Modebranche.

Es wurde also höchste Zeit, dass jemand sich dem Problem der Strumpfhosen annimmt. Und einen Mittelweg zwischen Drogerie, traditioneller Kaufhauskette oder Luxusartikel im oberen zweistelligen Preissegment sucht – und findet.

Hedoine, gegründet von zwei Deutschen, Anna Rauch und Alex Tymann, die aber in London leben und arbeiten, haben sich genau das vorgenommen. Mit ihrer Brand haben sie nachhaltige, biologisch abbaubare Strumpfhosen entwickelt, die vor allem eins tun soll: perfekt sitzen.

Ich habe die beiden getroffen, als sie in Berlin zu Besuch waren und sie gefragt, warum sie sich ausgerechnet Strumpfhosen als Produkt für ihr Start-up auserkoren haben und wie sie das traditionelle, oft altmodisch behaftete Kleidungsstücke revolutioniert und in ein neues Zeitalter geholt haben.

Anna Rauch und Alex Tymann

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein Strumpfhosen-Brand zu gründen? Das ist ja so simpel wie genial!

Alex: Wir waren schon vorher befreundet, hatten beide Karrieren im Finance Bereich. Anna hat in London gelebt, ich in Berlin. Irgendwann haben wir uns getroffen und darüber gesprochen, dass es keine Marke gibt, die alles so angehen würde, wie wir uns das vorstellen. Durch das Gespräch haben wir beide gemerkt, dass wir die gleiche Vision haben.

Ich habe Anna gefragt: Stell dir vor, wir würden eine Brand zusammen kreieren, mit welchen Produkten würden wir starten? Und wir haben beide gleichzeitig Strumpfhosen gesagt. Wir wollten etwas Innovatives machen, aber wir haben uns auch gedacht: Wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Wieso orientieren wir uns nicht an einem bereits existierenden Produkt, das seit Jahren keine Innovation mehr erfahren hat und das wir beide verbesserungsfähig finden?

Anna: Dann haben wir uns den Markt genauer angeschaut, mit Produzenten gesprochen und sind immer tiefer in das Thema eingestiegen.

Habt ihr euch erst mit dem Branding beschäftigt oder mit dem Produkt selbst?

Alex: Definitiv mit dem Branding.

Ihr kommt beide aus dem Finanzsektor. Wie hat euch das geholfen? Welche Fähigkeiten hattet ihr, die euch bei der Gründung geholfen haben?

Alex: Wir haben jeden Tag Strumpfhosen getragen (lacht).

Anna: Das war interessant, wir hatten anfangs die Befürchtung, dass es ein Problem für Investoren sein könnte, dass wir nicht aus der Modebranche kommen. Es hat sich aber genau das Gegenteil herausgestellt. Alex kommt ursprünglich aus der Restrukturierung und hat viele Unternehmen gesehen, denen es nicht gut ging und hat ihnen geholfen, sie wieder profitabel zu machen. Sie hat gesehen, wie es nicht geht.

Ich habe in meiner Zeit viel mit Unternehmen auf der Working-Capital-Seite gearbeitet, also mit Unternehmen gearbeitet, die Dinge produziert haben. Ich kannte dadurch viele Produktionsstätten und Kunden.

Als wir dann zusammenkamen, war Alex zudem tief verwurzelt in der Start-up-Szene und kannte viele Investoren.

Also hattet ihr schon Investoren, bevor das Produkt auf dem Markt war?

Anna: Wir hatten schon Investoren, bevor wir einen Namen für das Unternehmen hatten. Wir haben unsere Präsentation mit einem Platzhalter anstelle des Logos gemacht.

„ „Frauen verbrauchen durchschnittlich über 45 Strumpfhosen pro Jahr. Transparente Strumpfhosen sind oft ein Wegwerfprodukt und überleben kaum den Tag – manchmal nicht einmal das Anziehen!“ “

45 Strumpfhosen im Jahr, das ist wirklich eine erschreckende Zahl. Ich glaube, ich kenne keine Frau, die so viele Strumpfhosen besitzt. Habt ihr bei dieser Studie eine bestimmte Berufsgruppe anvisiert?

Alex: Wir haben früher selbst jeden Tag Strumpfhosen getragen – und wahrscheinlich noch mehr als 45 Stück verbraucht, alleine in zwei Monaten waren es manchmal mehr ... Natürlich kommt es darauf an, wo man arbeitet. In der Finanzwelt ist es immer noch Etikette, dass Frau Strumpfhosen trägt. Aber auch bei Stewardessen oder in der Gastronomie ist das ganz normal.

Wie gehen die meisten Strumpfhosen denn kaputt? Ich ziehe mir meistens schon beim Anziehen eine Laufmasche ...

Alex: Ja, genau, meistens gehen sie schon beim Anziehen wegen der Fingernägel kaputt.

Anna: Oder sie reißen an den Zehen, wenn die Fußnägel an den Schuhen reiben.

Habt ihr denn sofort daran gedacht, dass man Strumpfhosen revolutionieren müsste oder auch mal Alternativen wie Spray-on-Strumpfhosen ausprobiert?

Alex: Nein, das habe ich noch nie getestet.

Anna: Kann ich dir auch nicht empfehlen! (lacht)

Alex: Wir hatten einfach immer Ersatzstrumpfhosen dabei, im Office in der Schublade oder in der Handtasche.

Dann habt ihr wahrscheinlich auch schon alle Marken probiert, die es da draußen so gibt, oder?

Anna: Ich habe eher die teureren Brands gekauft, weil sie qualitativ hochwertiger waren, aber immer noch nicht so, wie ich sie gerne gehabt hätte. Die Farben waren rot- oder grünstichig, der Schein komisch und sie sahen nach Plastik aus. Und oft waren sie unangenehm und unbequem zu tragen.

Und was unterscheidet Hedoine von ihnen? Was ist das Besondere an euren Designs?

Alex: Wir hatten eine sehr lange Wunschliste. Im Großen und Ganzen geht es uns darum, dass wir die perfekte Balance zwischen Komfort und Langlebigkeit finden. Man sitzt ja den ganzen Tag in den Strumpfhosen. Aber wenn man die Strumpfhose dann abends auszieht und man dann Abdrücke am Bauch hat, dann fühlt sich das auch nicht gut an. Deswegen haben wir ein breiteres Band gemacht. Und wir haben zwei verschiedene Bundhöhen, je nachdem, ob man Röcke oder Kleider trägt. Wir haben auch einen Kompressionsanteil, der schön formt und eine Verstärkung an den Füßen, mit einem schönen Muster. Uns war es wichtig, dass wir dort ein Wiedererkennungsmerkmal haben, denn an dieser Stelle sehen die anderen Strumpfhosen ja sonst alle gleich aus. Und eine Sache ist ganz wichtig: die Naht in der Mitte!

Weil sie sich unter Kleidern abzeichnet?

Alex: Man sieht es durch und es ist auch einfach unangenehm auf der Haut. Normalerweise produziert man zwei Beine und näht sie in der Mitte dann zusammen.

Ihr wollt bestimmt nicht zu viel verraten, aber eure Strumpfhosen werden nicht Bein für Bein hergestellt und dann aneinander genäht, sondern ...

Anna: Es ist zu Beginn ein Schlauch, der wird in der Mitte aufgeschnitten, daraus werden dann zwei Beine und das Band wird oben angenäht.

Und was sind eure Go-to-Modelle?

Anna: Ich trage die Small in Low. Ich bin total der Low-Fan, meistens in Schwarz.

Alex: Bei mir ist es Kleidungs- und saisonabhängig, welche Farben oder Dicken ich trage, die Bundhöhe suche ich nach Outfit aus. Wenn ich ein Kleid trage, mag ich die Hohen sehr gerne, weil sie einen schönen Shaping-Effekt haben.

„ „Männer lieben Strumpfhosen! Mit unseren Größen sind wir ja auch sehr inklusiv, wir haben alle Größen und durch die Art, wie wir sie weben, sind sie sehr, sehr elastisch.“ “

Anna

Wie sehen denn eure Kund*innen aus? Glaubt ihr, dass eure Käufer*innen sich genauso gut in der Thematik Strumpfhosen auskennen wie ihr euch?

Anna: Wir nehmen die Kund*innen mit auf die Reise. Wenn du bei uns in den Onlineshop gehst, führen wir dich. Dann siehst du die verschiedenen Stärken mit Fotos, danach kannst du die Bundhöhe auswählen. Es wird auch kurz beschrieben, warum wir uns über Langlebigkeit und Design so viele Gedanken gemacht haben.

Bestellen Frauen bei euch selbst oder kriegen sie die Strumpfhosen auch geschenkt?

Alex: Die meisten bestellen selbst, aber wir haben auch einen großen Anteil an männlichen Kunden, die für sich selbst oder als Geschenk bestellen.

Anna: Männer lieben Strumpfhosen! Mit unseren Größen sind wir ja auch sehr inklusiv, wir haben alle Größen und durch die Art, wie wir sie weben, sind sie sehr, sehr elastisch. Das heißt mit XS bis XXL können wir sehr viele Größen abdecken. Auch Leute mit zwei Metern Körpergröße passen sie, das haben wir getestet.

Apropos Körpergröße, könnt ihr nochmal erklären, wie man die richtige Strumpfhosengröße findet?

Alex: Wir haben eine Größentabelle auf der Seite und geben Empfehlungen, wenn jemand zwischen zwei Größen ist, dann sollte man lieber eine Nummer größer nehmen.

Anna: Unsere Strumpfhosen sind aber so elastisch, dass sie vielen Größen passen, je nachdem wie eng man es mag. Ich persönlich passe in alle Größen!

Eure Strumpfhose liegt ja mit 30-35 Euro im Mittelfeld, was den Preis angeht. Habt ihr euch bewusst dafür entschieden?

Alex: Das war Teil unserer Vorbereitung, wir haben den Markt und Wettbewerb sehr genau angeschaut, die Materialkosten eingerechnet und wussten, wo wir unser Brand positionieren möchten.

Und ich habe online gesehen, wenn eine Strumpfhose von euch nun doch mal eine Laufmasche bekommt, dann kann man ein Foto machen und ihr schickt einem eine neue Strumpfhose?

Anna: Genau, wir haben eine Laufmaschen-Garantie!

Spätestens da wusste ich, ihr meint es ernst mit der Strumpfhose ohne Laufmaschen! Natürlich müssen wir auch nochmal über die Auswahl eurer Hauttöne sprechen.

Anna: Unsere Farben decken insgesamt 25 Hauttöne ab, weil sie sich durch die Art, wie sie gewebt sind, dem Hautton anpassen. Uns war es wichtig, dass wir nicht nur mit den Größen, sondern auch den Farben eine breite Zielgruppe ansprechen.

Okay, alles klar – und wie sieht es mit dem Thema Nachhaltigkeit aus?

Alex: Als wir anfingen, haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie man eine Strumpfhose herstellen kann, die länger hält. Bei dickeren Strumpfhosen ist uns aufgefallen, dass sie nicht so viele Laufmaschen werfen, deshalb ist es gar nicht so wichtig, welches Material wir dafür benutzen, bei ihnen geht es eher um die Waschfestigkeit der Farbe. In der Produktion haben wir dann einen Partner gefunden, mit dem wir bis zu 99 Prozent Wasser sparen können. Im dritten Schritt haben wir dann das Recycling-Programm ins Leben gerufen. Um zu schauen, was mit Strumpfhosen passiert, wenn sie im Müll landen. Daraufhin haben wir die biologisch abbaubaren Strumpfhosen gelauncht. Langfristig wollen wir das biologisch abbaubaren Nylon bei allen Strumpfhosen anwenden. 

Anna: Mit dem Circular Fashion Projekt können unsere Kund*innen können ihre gebrauchten Strumpfhosen und Leggings zu uns schicken. Wir recyceln oder upcyceln sie dann. Dafür geben wir ihnen einen Gutschein.

Fühlt sich biologisch abbaubares Nylon anders an?

Alex: Nein, du würdest keinen Unterschied merken.

Und wie pflegt man Strumpfhosen richtig? Alex, du hast ja gerade schon angemerkt, dass die Farbe sich bei manchen Herstellern verwaschen kann. Was kann man sonst für Fehler machen?

Anna: Die handelsüblichen Strumpfhosen verknoten leicht, die kannst du nur per Hand waschen. Unsere kann man in der Waschmaschine waschen bei 30 Grad. Theoretisch auch bei 40 Grad, aber ich würde das nicht empfehlen, weil die Partikel bei gewissen Temperaturen anfälliger werden und schneller brechen. Was wir empfehlen, ist ein Wäschebeutel, z.B. den Guppy-Friend-Bag, der filtert Mikropartikel aus Plastik. Alles was Polyamide beinhaltet, nicht nur Strumpfhosen, sondert diese ab und die gehen ins Wasser.

Nutzt ihr noch Feinwaschmittel oder normales Waschmittel?

Anna: Ganz normales Waschmittel und dann an der Luft trocknen. Trockner vermeiden. Beim Anziehen von unten hoch rollen, Mani, Pedi hilft da auch weiter (leicht).

Jetzt habt ihr den Strumpfhosen ja schon ein neues Image verliehen, was kommt denn als Nächstes? Die Weltherrschaft in Sachen Strumpfhosen? Woran arbeitet ihr grade?

Alex: Das wollen wir ehrlich gesagt nicht so gerne verraten, aber es wird noch lange im Bereich Legwear bleiben. Kernstück sind die Strumpfhosen und alles andere was kommt, wird auch um das Bein herum passieren. 

Ich bin gespannt, vielen Dank für das Interview!

Dieser Artikel ist Werbung, da er Markennennungen enthält.

  • Fotos:
    Hedoine

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