No Social Media!
The Row verbietet auf der New York Fashion Week Handys
Das Luxuslabel schlägt mit seiner „No Social Media Policy“ Wellen. Ist diese Maßnahme der ultimative Schritt Richtung „Quiet Luxury“ oder doch nur arrogante Ausgrenzung?
Manchmal muss ich ein bisschen über die Modebranche schmunzeln. Denn wenn ich jemandem erzähle, dass die The Row Show auf der Paris Fashion Week DAS Gesprächsthema der letzten Wochen war, einfach, weil die Brand ein striktes Handy-Verbot eingeführt hat, muss ich selbst darüber lachen. „Sei ein Star, mach dich rar“, dieses Motto scheint weiterhin nicht nur in Sachen Hermès-Verknappung, sondern anscheinend auch in der neuen Social-Media-Taktik zu gelten. Oder besteht die neue Social-Media-Planung darin, gar keine zu haben?!
In Zeiten von Livestreams, Influencer*innen und dem Aussterben von handschriftlichen Notizen erschien es geradezu revolutionär, dass Mary-Kate und Ashley Olsen den Gäst*innen auf ihren Plätzen Notizbücher und Stifte legten, um sich Anmerkungen zur Show zu machen. Handys waren strikt verboten. Manche lobten diese Nostalgie, andere waren genervt davon. Doch schauen wir mal hinter diesen Coup – und warum er trotz Handy-Verbot so einen großen medialen Hype erzeugt hat.
Bei Modenschauen sind Handys – und damit Bild- und Videoaufnahmen – der Schlüssel zur Demokratisierung. Jede*r kann teilhaben, ob eingeladen oder nicht. Ja, das Absurde daran ist sogar, dass man, wenn man den Livestream der Brands vom Computer aus verfolgt, oft sogar eine viel bessere Sicht auf die Mode hat, als wenn man in Reihe Zwei oder sogar bei den unbeliebten Stehplätzen platziert wird. Kein Hinterkopf ist im Weg, und kein Getuschel von den Nachbar*innen stört die Atmosphäre. Modejournalist*innen auf der ganzen Welt sind auf diese Livestreams angewiesen, denn so glamourös die Industrie auch scheinen mag, zu den Modewochen und in die Front Row darf meistens nur der oder die Chefredakteur*in der ganz großen Printmagazine. Alle anderen müssen zu Hause bleiben, obwohl gerade sie oft die Beurteilungen über die Kollektionen schreiben. Und das eben, ohne vor Ort gewesen zu sein. Auch Einkäufer*innen, die die Mode für ihre Stores und Boutiquen bestellen und damit über den wirtschaftlichen Erfolg eines Brands entscheiden können, verschaffen sich über Livestreams und Social Media oft einen ersten Eindruck.
Den „Rest der Welt“, also alle, die nicht die Einladung von The Row zur Präsentation im Briefkasten hatten, also einfach auszugrenzen, mag einen zwar zum Gesprächsstoff der Saison machen, zeigt aber auch eine gewisse Ignoranz. The Row hat es nicht nötig, dass die Kund*innen die Kollektion sofort sehen. Sie kaufen sie sowieso.
Denn die The-Row-Kundin, die Quiet Luxury (also hochpreisige, qualitative Mode ohne Logo) liebt und lebt, vergöttert die Marke so sehr, dass sie deren Entwürfe kauft – egal, ob es sich dabei um eine weiße Baumwoll-Pyjama-Pants für 600 Euro handelt, einen Morgenmantel aus Seide für schlappe 5.570 Euro oder einen einfachen schwarzen Ledergürtel für knapp 700 Euro. Das „Wieso?“ wird gar nicht infrage gestellt, stattdessen signalisiert der Einkauf bei The Row Exklusivität. Dieser Elitarismus wird noch dadurch unterstützt, dass 90 Prozent der The-Row-Verehrer*innen sich die Brand gar nicht leisten können – und stattdessen tagelang vor den Sample Sales in New York zelten, um dann wahllos zuzuschlagen, wenn es die begehrten Styles mit 50 Prozent und mehr zu ergattern gilt.
Mit dem Ausschließen genau dieses Kreises – Frauen, die nur hypen, aber nicht kaufen und erst recht niemals zu einer The Row Show eingeladen werden – setzen Mary-Kate und Ashley ein Zeichen: Euch brauchen wir nicht. The Row ist zu exklusiv für euch. Weil man es nicht haben darf, wird es aber gleich doppelt so begehrenswert, dieses Gesetz kennt jedes kleine Kind.
Oder ist die No-Social-Media-Policy des Brands einfach nur eine Hommage an die Bewegung des Quiet Luxury und sie wollten ihren Zuschauer*innen eine Pause vom Handynacken und Scroll-Daumen geben? Zugegeben, manchmal ist es nämlich schön, einfach nur dazusitzen und den Moment zu genießen.
Klar ist, The Row behält damit die Kontrolle: über die Bilder, die verbreitet werden, wo sie publiziert werden und wer über die Atmosphäre der Show schreiben kann, weil er oder sie vor Ort war. Und ja, irgendwie haben sie es ja doch geschafft: Wir sprechen über sie. Nur berichtet keiner mehr über die Mode! Ob das das Ziel war? Ich bezweifle es …
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