You can't have it all – Die Umzugskolumne Teil 1
Teil 1: Wie man eine Wohnung in Berlin findet
Marie zieht um. Und was sie dabei über sich, den Wohnungsmarkt und ihre Beziehung lernt, erzählt sie hier
Fünf Wochen. Fünf Wochen ohne fünf Minuten ohne einander. So war unser USA-Roadtrip, bei dem ihr dank meiner Reisekolumne ja Woche für Woche, Bundesstaat für Bundesstaat und Nationalpark für Nationalpark dabei sein durftet. Fünf Wochen zu zweit als Paar. Dass das eine Belastungsprobe für jede Beziehung ist, das wurde mir erst im Nachhinein klar. Beziehungsweise an dem ersten Tag, an dem unsere Pläne auseinander schweiften. Er wollte an den Strand, ich wollte in die Stadt und bummeln. Die Wege trennten sich und am Abend merkten wir beide, wie gut es tat, sich etwas vom Tag erzählen zu können, bei dem der andere nicht dabei gewesen war. Vermisst hatte ich ihn trotzdem. Trotz der fünf Wochen davor, an dem ich ihn jede Minute vom Tag sah.
Und da wurde mir klar: Ja, ich kann mir vorstellen, mit dir zusammenzuwohnen. Jeden Abend mit dir über den Tag zu sprechen. Gemeinsam zu kochen, zu putzen und Wäsche zu waschen. Nebeneinander einzuschlafen und wieder aufzuwachen. Weil ich aber nicht die Frau sein wollte, die ihren Freund zum Zusammenziehen drängt, schwor ich mir, nicht darüber zu reden. Die ersten Worte Richtung Zusammenziehen sollten aus seinem Mund kommen. Ich würde dann ganz überrascht tun und vorgeben, mir noch nie darüber Gedanken gemacht zu haben, ich freiheitsliebender Vogel. Klappte so semigut. Am nächsten Tag brach es beim Dinner aus mir heraus: „Ich will übers Zusammenziehen reden!“ Die Katze war aus dem Sack und mein inneres, Liebe suchendes Beziehungsmonster hatte die Überhand gewonnen. Ich kniff die Augen zusammen, machte das eine ganz vorsichtig auf und sah in sein Gesicht. Dort war nichts abzulesen: keine Begeisterung, aber auch keine Angst. Hmmm ... Gar nicht mal so schlecht.
Eine halbe Stunde später waren wir uns einig: Zusammenziehen ja. Jetzt sofort? Auf keinen Fall. Dafür lieben wir unsere beiden Wohnungen zu sehr. Die Reise ging zu Ende, der Alltag kehrte ein.
Jeder in seiner Wohnung, glücklich über die Zeit zusammen, aber auch über den Freiraum alleine. Zusammenziehen lag in ferner Zukunft. Bis mein Freund mir nur wenige Tage später beim Abendessen von einem Wohnungsaushang erzählte. „Ich rufe jetzt da an.“ Gesagt, getan, ich war perplex. So schnell? Wütet da etwa auch ein kleines, rosafarbenes Beziehungsmonster in ihm? Meins flippte nach dieser Aussage jedenfalls aus, keine fünf Minuten später war die Immoscout-App heruntergeladen, die Suchfilter eingestellt, die aktuelle Schufaauskunft bereitgelegt und das Anschreiben fertig. Ja, anstatt in den zweiten Gang zu schalten, nahm ich gleich den fünften – aber so bin ich nunmal, wenn ich von etwas überzeugt bin, Lisa kann euch davon ein Lied singen.
Würden wir nicht in Berlin leben, wo die Mieten sich in den letzten Jahren nahezu verdoppelt haben und Wohnraum knapp ist, dann wäre das sicherlich unsere Suchanzeige gewesen:
Da wir aber nun mal leider in Berlin leben, die Mieten sich in den letzten Jahren nahezu verdoppelt haben und Wohnraum knapp ist, suchten wir so:
„You can't have it all.“ Das wurde bei der ersten Suche bei Immobilienscout klar. Und trotzdem fanden wir bei den üblichen Immobilienapps gute Angebote. Was weniger half, als irgendwie gedacht, war das gute alte Vitamin B. Trotz meines Berliner Urgesteins tat sich über Freunde und Familie wenig, gerade, wenn es um Wohnungsbezirke geht, in denen einfach keiner wohnt und daher dort auch keinen kennt. Beziehungen sind alles auf dem Berliner Wohnungsmarkt? Alles geht unter der Hand weg? Wir machten genau gegenteilige Erfahrungen!
Nach drei Tagen war der Terminkalender voll mit Besichtigungen – was kann man sich schöneres in der Weihnachtszeit vorstellen – und die Unterlagen wurden bis ins kleinste Detail vorbereitet.
Tipps für Bewerbungen und Wohnungsbesichtigungen
- Nutze alle Immobilienapps so gut es geht. Heißt: Stelle die Filter genau auf deine Wünsche ein. Keine Kompromisse machen, knallhart bei der Miete bleiben und auch bei der Anzahl der Zimmer. Sonst wird man ständig enttäuscht und freut sich über scheinbar gute Angebote, die sich nachher doch als uninteressant entpuppen.
- Hab alle Mietunterlagen bereit, ausgedruckt und immer in einem Umschlag dabei: Anschreiben, Schufa Auskunft, Kopie Personalausweis, Einkommensnachweis oder die betriebswirtschaftliche Auswertung als Selbstständige*r, (gemeinsame) Einkommensaufstellung, Mietschuldenfreiheit, gegebenenfalls Bürgschaft und ein schickes Bild.
- Schon beim ersten Anschreiben alle wichtigen Unterlagen mitschicken, auch, wenn du die Wohnung noch nicht gesehen hast. Makler*innen und Vermieter*innen kriegen hier in Berlin pro Stunde zirka 200 Anfragen, sie sortieren schon für die Wohnungsbesichtigung extrem aus und laden dann meistens nur noch acht bis zehn Bewerber*innen ein. Massenbesichtigungen gibt es ab einer bestimmten Wohnungsgröße kaum noch.
- Sei die Sonne bei der Wohnungsbesichtigung. Was das heißt? Eine Wohnungsbesichtigung ist nicht die richtige Zeit, um deine schüchterne Seite auszuleben. Smalltalk mit der*dem Makler*in ist ein Muss, ebenso wie mit noch möglichen Bewohner*innen. Die Leute müssen sich dein Gesicht merken und das geht am besten, wenn du ihnen sympathisch, offen und ehrlich gegenübertrittst und viel mit ihnen redest.
- Sei ehrlich und bewirb dich gar nicht erst auf Wohnungen, die du nicht wirklich magst. Das macht nachher eine mögliche Auswahl schwerer.
- Bleib am Ball. Du willst die Wohnung haben? Dann mach das klar. Schreib nicht nur, dass du die Wohnung haben möchtest, sondern auch, warum. Was bringst du mit in die Wohngemeinschaft ein? Was macht dich zur*zum besten Kandidat*in?
Wohnungsbesichtigung im Dunkeln
Ohne mich unbeliebt machen zu wollen, mit den Tipps ging es bei uns relativ schnell. Zwei Wochen und drei oder vier Besichtigungen später hatten wir die Zusage zu drei Wohnungen und konnten uns eine aussuchen. Die Wahl war dennoch nicht so einfach, denn ich hab mich an meinen ersten Tipp selbst nicht gehalten: keine Kompromisse! Und schon mussten wir rechnen, weil wir uns in eine teurere Wohnung verliebt hatten. Gesagt, getan, Fitnessstudio gekündigt und zack, war sie unsere. Den Mietvertrag unterschrieben wir an Weihnachten, was für ein Geschenk. Wer jetzt denkt, ah, das klingt nach einem Immobilienmärchen, dem muss ich recht geben aber wieder an den Spruch: „You can't have it all“ erinnern. Denn auch wir mussten bei dem Wohnungsmarkt natürlich Abstriche machen, wenn auch kleine.
Das größte Problem für mich: Nach zweieinhalb Jahren wollte ich endlich wieder eine Badewanne. Ich bin absolut kein Duschmensch und würde am liebsten jeden Abend baden. Aber nix da, war nicht drin. Jetzt dusche ich in einer kleinen Duschtasse und muss jeden Tag die Glastür abziehen. Meine absolute Hassaufgabe. Das zweitgrößte Problem: Die Einbauküche. Die war aus den frühen 2000ern von der Marke Bosch und entsprach weder unserem heutigen Standard an Arbeitshöhe, noch unserer Ästhetik. Kurzum. Wir durften einen Monat später einziehen, dafür baute die Hausverwaltung die Küche aus. Problem jetzt: bezahlbare Küche finden.
Und mit der Küche taten sich dann immer mehr kleine To-dos auf, die irgendwann zu einer ausgewachsenen Liste wurden. Und meinen Terminplan und mein Konto in sehr große Mitleidenschaft zogen. Aber dazu im nächsten Teil mehr.
Mich würden an dieser Stelle eure Erfahrungen interessieren. Wie ging eure Wohnungssuche vonstatten? War es auch relativ leicht oder eine lange Suche? Und was sind eure Tipps und Tricks, die ihr mitnehmen konntet?
Dieser Artikel ist Werbung, da er Markennennungen enthält.