In der Realität angekommen: Die Wohnungskolumne Teil 8
Wenn aus der Umzugskolumne die Wohnungskolumne wird, dann ist schon mal das Wichtigste vollbracht, oder?
Wenn aus der Umzugskolumne die Wohnungskolumne wird, dann ist schon mal das Wichtigste vollbracht, oder?
Richtig gelesen, die Umzugskolumne hat einen neuen Namen, denn ab heute wird nicht mehr umgezogen, sondern gelebt und gewohnt. Ich habe in den letzten 7 Episoden schon des Öfteren betont, dass es sich bei Einrichtung nicht um einen einmaligen Kauf handelt, sondern um einen Prozess, eine Weiterentwicklung und jetzt, in Teil 8, habe ich endlich verstanden, dass dieser Prozess wohl nie ein Ende finden wird. Wie das passiert ist und wie ihr auch zu diesem äußerst zufriedenstellenden Resümee kommen könnt, verrate ich euch jetzt.
„Hallo, wir sind Marie und Lukas und wir wohnen hier.“ Wohnen bedeutet, dass auch mal etwas rumsteht, dass die Weihnachtsdeko Ende Januar immer noch hinter der Couch versteckt wird und nicht ordentlich im Keller verpackt wurde und wohnen bedeutet auch, dass liebevoll dekorierte Szenerien an echte Rümpelecken anschließen. Wohnen bedeutet, besonders, wenn man zusammenwohnt, dass man tagtäglich Kompromisse machen muss. Mein Freund Lukas wird sich vielleicht nie an den ganzen Krams gewöhnen, der in unserer Wohnung herumliegt, aber er steht ja auch nicht jeden zweiten Tag eine Stunde in der Postschlange an, um PR-Samples einzusammeln. Leben und leben lassen.
So lässig kann ich darüber aber auch erst sprechen, seitdem wir knapp ein Jahr zusammenwohnen. Ich gewöhne mich gerade daran, dass ich abends nichts mehr lesen kann, weil Lukas meine Nachttischlampe zu hell ist (hallo Instagram!), Science Fiction gibt es in meinem Leben quasi nicht mehr, weil das laut des männlichen Bewohners alles „Quatsch, verrückt und gruselig“ ist und die eingelegten Artischocken, die ich immer mühsam aus der Bio Company anschleppe, sind schneller weg, als ich „Artischocke“ sagen kann. Ja, ich lebe jetzt anders als zuvor alleine. Aber auch viel schöner.
War ich früher auf Events oder habe mich mit Freunden getroffen, bin ich immer eeeewig geblieben. Nach Hause wollte ich meistens nicht, da war schließlich nichts und niemand, der auf mich wartete, nur die Stille und das zugegebenermaßen sehr große und kuschelige Bett. Jetzt schaue ich schon mal öfters auf die Uhr, nicht, weil ich nicht mehr selbstständig bin, aber weil ich es liebe, Lukas jeden Abend von meinem Tag und meinen Herausforderungen zu erzählen – und ich das nun mal nicht machen kann, wenn er schon im Bett liegt und schläft. (Na gut, manchmal mache ich es doch… sehr zu seinem Leidwesen).
Wenn wir Salat machen, muss ich nichts mehr schnippeln, sondern bin nur noch für das Topping und das Dressing verantwortlich, die Spülmaschine kann auch mal von jemand anderem ausgeräumt werden außer mir selbst und wenn irgendwas kaputt ist, dann rufe ich: „Luuuuukiiiii, kannst du mir mal heeeeelfen?“ Ihr merkt schon, Zusammenwohnen hat seine Vorteile.
Zu unserer Entspanntheit hat definitiv auch die Einrichtungsfrage beigetragen. In den letzten sieben Teilen der Umzugskolumne hatte ich euch ja in Sachen Interior sehr detailliert mitgenommen und meine Vorstellungen, Wünsche und auch die Kompromisse, die wir eingehen mussten, kundgetan. Jetzt wohnen wir seit einem Jahr in der Wohnung und haben wirklich alles Lebensnotwendige da – das musste ich auch erstmal verstehen. Klar, wäre es schön, die Glühbirnen an der Decke mal durch richtige Lampen zu ersetzen, aber es funktioniert auch so. Klar, wäre es schön, einen großen, neuen Fernseher zu haben, an den man nicht immer sein Laptop anschließen muss, aber es geht auch mit dem zehn Jahre altem Exemplar und ein splitterfreier Esstisch wäre auch toll, aber wir haben immerhin einen!
Manchmal tut es gut, sich gerade in Zeiten von Instagram vor Augen zu führen, in was für einem Luxus wir doch leben und dass eine Glühbirne an der Decke noch lange kein Grund sein sollte, keine Freunde einzuladen. Klar, jeder würde gerne in einer instagrammable Wohnung wohnen, aber meint ihr, es geht den Leuten besser, wenn sie dann da sitzen und kein anderes Gesprächsthema mehr haben als die Lampe von Louis Poulsen und die Stühle von Thonet? Wenn sie Angst haben, Rotwein mit Freunden zu trinken, weil das Glas einen Abdruck auf der teuren Marmorplatte machen könnte? Wenn die falsche Marmorierung beim Bestellen für einen Nervenzusammenbruch sorgt?
„ Designermöbel machen euer Leben nicht besser, sie machen es im besten Fall nur ästhetischer. “
Es war also an der Zeit, dass die ellenlangen Wunschlisten und das ständige Sparen auf ein neues Möbelstück ein Ende fanden. Klar, ich speichere mir immer noch super viel Inspiration ab, auch aus beruflichen Gründen, aber ich lebe nicht mehr mit dem Satz: „Jetzt will ich das, danach das und danach kaufen wir das!“ Ich will nach einem Jahr mit Fokus auf Renovieren, Umstellen, Sparen und Streichen endlich mal wieder ohne schlechtes Gewissen mit Freunden essen gehen, ganz viel in den Urlaub fahren, denn das war dank der Wohnung 2019 nicht wirklich drin und ich will mir auch mal wieder etwas kaufen, ohne zu denken: „Oh, dafür hätte ich mir jetzt auch einen Stuhl von xxx kaufen können.“ Diese Obsession der perfekten Wohnung muss aufhören.
Und das schreibe ich gezielt im Präsenz. Denn klar, manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich auf Instagram scrolle und mir denke, dass mein Leben bestimmt schöner wäre, wenn ich endlich das Sideboard von Montana, den riesigen Fernseher von Samsung oder den ovalen Esstisch von Saarinen hätte. Das ist ganz normal, wir orientieren uns immer an anderem, am Besseren und an Höherem. Das ist auch gut so. Aber es ist auch gesund, sich einzugestehen, dass das nun mal nicht immer möglich ist.
Und deswegen genieße ich umso mehr, was wir bis jetzt geschafft haben. Unsere Küche steht nach genau zehn Monaten fix und fertig da, sogar mit der Rückwand und Spritzschutz. Wir haben an zwei Wochenenden Flur und Wohnzimmer gestrichen und so ein ganz neues Raumgefühl geschaffen und wir haben im Arbeitszimmer mehr Stauraum. Ich bin ziemlich stolz auf uns, unsere Rümpelecken und musste beim Kauf des Vintage Sideboards fast ein Tränchen verdrücken, weil ich mir vorgestellt habe, wie Kinder und Enkelkinder dieses Möbelstück mit uns verbinden und wir es weitervererben. Das sind die Momente, an die ich mich erinnern will. Und genau das sind die Momente, für die man Möbel kauft und nicht, um sie auf Instagram zu präsentieren.
Dieser Artikel ist Werbung, da er Markennennungen enthält.
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