Und dann kam alles anders – Die Umzugskolumne Teil 3
Wenn aus Umziehen Renovieren wird
Schiefer, krummer Altbau? Schön kompliziert! Besonders, wenn es um Einbauten geht. Marie sieht den Himmel vor lauter Handwerkern nicht mehr!
Wer aufmerksam Teil 1 meiner Umzugskolumne gelesen hat, weiß, dass wir die Wohnungsbesichtigung nachmittags im Dunklen hatten. Der Vorteil? Eine quasi romantische Stimmung und wohliges Kennenlernen der Wohnung bei Kerzenschein. Der Nachteil? Makel hat man nicht gesehen. Aber was sollte unsere Traumwohnung auch für Makel haben? Man kennt's vom Dating. Beim ersten Treffen haut einen, wenn der erste Eindruck stimmt, einfach alles um: Aussehen, Charakter, Ausstrahlung, einfach alles ist toll. Dass das Gegenüber da aber einen eitrigen Pickel auf der Stirn hat, die Hose am Hintern total zerrissen ist und zum letzten Mal Handcreme benutzt hat, als es noch Schlecker gab, das übersieht man einfach. So ging es uns auch mit der Wohnung. Zum ersten Mal gesehen, verliebt und zack, Mietvertrag unterschrieben.
Und dann kam das zweite Treffen und der Eiterpickel war auf einmal unübersehbar. Flecken an den Wänden, ein kaputter Klodeckel, lockere Fenstergriffe, Türen, die über den Boden schleifen, der lauteste Badlüfter der Welt und eine sehr, sehr niedrige, dunkelblaue, verlebte Küche – glaubt also nicht alles, was bei Instagram auf den ersten Blick perfekt wirkt. Uff, das hatte die Maklerin ganz geschickt gemacht mit der Wohnungsbesichtigung im Dunklen. Natürlich linderten diese kleinen Fehler nicht die Vorfreude auf das Zusammenziehen, aber auf einmal verschob sich unsere gesamte Terminplanung. Denn das Packen der Umzugskartons war auf einmal Prio Nummer fünf, davor kamen unzählige Termine mit Handwerkern. Ein Wochenende ging für das Streichen der kompletten Wohnung drauf (Rückenschmerzen, hallo!), weitere für das Herausreißen der Küche durch die Hausverwaltung, das Austauschen der Duschtür und ein Besuch vom Elektroniker wegen fehlender Leitungen in der Küche.
Die Arbeiten beginnen
Wo es vorher nur eine Baustelle, nämlich das Umziehen an sich gab, ploppten auf einmal tausend kleine und große Probleme auf, die es verlangten, gelöst zu werden. Neben dem Kistenpacken, Aussortieren und Organisieren. Ich gebe euch mal einen kleinen Einblick in unsere Problemchen:
Die Küche
Zugegeben, an diesem Problem waren wir zum Großteil selbst schuld. Die dunkelblaue Küche von Bosch mit einer Arbeitshöhe von gefühlt 20 Zentimetern schreckte mich schon bei der ersten Besichtigung so ab, dass ich sagte: „Die muss auf jeden Fall raus.“ Der Plan? Erstmal umziehen, die Küche entspannt austauschen, wenn wir wieder gespart hatten und dann einen Monat mietfrei für das Einbauen einer neue Küche wohnen. Doch die Hausverwaltung machte uns einen Strich durch unsere Pläne. Sie rissen die Küche noch vor unserem Umzug heraus und boten uns, dafür einen Monat später einzuziehen. Da wir am 24. Dezember den Mietvertrag unterschrieben hatten und schon am 1. Januar in der neuen Wohnung hätten seien müssen, nahmen wir das Angebot dankend an. An Silvester umziehen? Nein danke!
Und da standen wir: ohne Küche, aber mit großen Plänen. Die letzte Küche in meiner alten Wohnung hatte ich auch in liebevoller, kreativer Kleinarbeit mit Ikea und Superfront gestaltet, ich war mir also ziemlich sicher: Das wird ein Kinderspiel! Bis dann der Ikea-Aufmaß-Mann mit seinem Laser die Küche verließ und mit einer Nadel meine Küchenblase platzen ließ: „Keine Chance, das macht Ikea nicht, die Wände und Böden sind so schief, das habe ich noch nie gesehen.“ Und tatsächlich, beim nächsten Ikea Besuch wurde klar, wir können zwar die Grundelemente von Ikea nutzen, um Aufbau, Füße und Arbeitsplatte sowie Elektronik muss sich jemand anders kümmern. Und wer den Handwerker-Markt in Berlin kennt, der weiß, hier herrscht kein Mangel an Aufträgen, ganz im Gegenteil, die Gewerke suchen sich ihre Aufträge schön aus – und auf Küchen hat anscheinend keiner Lust. Wir finden nämlich bis heute niemanden! Und das trotz ziemlich guter Connections.
Ein weiteres Problem: das Budget! Denn wer sich mit Küchen schon einmal beschäftigt hat, der weiß, hier kommt man, wenn man alles neu kaufen muss, auch Elektrogeräte, einfach nicht günstig weg. Erst recht nicht, wenn man eine ganz bestimmte Vorstellung hat. Bis jetzt die scheinbar einzige Rettung: Reform Copenhagen.
Das dänische Unternehmen hat das Pimp-my-Ikea-Prinzip in andere Sphären gehoben und steht mit einem Showroom in Berlin und super kompetenten Mitarbeitern ganz hoch in meiner Interior-Wunschliste – und nein, ich wurde (leider) nicht dafür bezahlt, dies zu schreiben. Ich wünschte es! Aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben und eine ideale Lösung in unserem Budget haben wir noch nicht, ich halte euch auf dem Laufenden. Bitte Reform, befreie mich von meinen Küchenalbträumen! In dieser Woche kommt auf jeden Fall schon mal der Elektriker (es war ein Kampf jemanden zu finden, der zuverlässig ist) und legt eine weitere Leitung in die Küche, die wir dringend für unsere High-Tech-Ikea-Küchengeräte – so scheint es mir jedenfalls bei den Wattzahlen – benötigen. Gott sei Dank! Dann kann es weiter gehen mit der Planung.
Der Kleiderschrank
Projekt Kleiderschrank beginnt
Noch so ein Pimp-my-Ikea-Projekt! Seitdem Mr. Big Carrie in ihrem begehbaren Kleiderschrank einen Heiratsantrag gemacht hat, träume ich nicht von dem Antrag, sondern von dem Kleiderschrank und den blauen Roger-Vivier-Schuhen. Ein Einbaukleiderschrank ist in Berliner Altbauten aber nicht vorgesehen und so muss ich mich mit einer Alternative anfreunden, die aber nicht minder gut ist: eine Schrankwand. Damit das Monstrum möglichst praktisch ist, geht es bis unter die Decke und muss daher eine Konstruktion aus Ikea Pax Schränken und Spezialanfertigungen eines Tischlers sein – und auch hier war es nicht einfach, jemanden zu finden, der auf so ein DIY-Projekt Lust hat. Die Flügeltüren für den Kleiderschrank kaufen wir also bei Ikea, der Tischler lackiert sie und fertigt für die Schränke auf den Pax-Schränken Korpusse und Türen an. Die Griffe bestellen wir bei einem anderen Anbieter. Bei diesem Projekt läuft es etwas besser als bei der Küche, denn wir konnten meine alten Paxschränke weiterverwenden und die Korpusse unten schon aufbauen, jetzt warten wir auf das Go des Tischlers für Türen und Blenden. Auch hier bleibt es also spannend. Gerade sieht unser Schlafzimmer jedenfalls ganz schön chaotisch aus, denn mit den offenen Kleiderschränken ist das ganze Zimmer ganz schön unruhig und voll, ich hoffe die Türen verstecken das Gewusel an Kleidern.
Das Badezimmer
Wer in eine Mietwohnung zieht, der wird nicht das komplette Bad rausreißen, um einen neuen, schöneren Fliesenspiegel anzubringen, jedenfalls nicht, wenn er nicht im Lotto gewonnen hat – und warum sollte man dann noch in einer Mietwohnung wohnen?! Dachten wir auch und so stellten wir uns unserem lindgrünen Mosaikbad. Thema? Dschungel! Umsetzung? Langsam! Da der Boden in unserem Bad, so wie der Rest unserer Wohnung, ziemlich schief und krumm ist und die Badtür über die Fliesen am Boden kratzt, sind die Mosaikfliesen und die Fugen in alles andere als einem guten Zustand. Da die Renovierung des Bads aber nicht in unserem Aufgabenbereich liegt, nahmen wir hier vor allem Schönheitsreparaturen auf uns, nachdem die Hausverwaltung die Armaturen und die Duschtür ausgetauscht hat. Der Fugenstift und ich wurden zu besten Feinden. Ich lag stundenlang auf dem Bauch auf dem Boden und malte jede der tausende Fugen zwischen den Minifliesen wieder hellgrau, danach tat mir alles weh: Bauch, Hand, Schulter, Finger. Aber es hat sich sowas von gelohnt, siehe Foto, bei dem ein Bereich vor der Tür noch nicht angemalt wurde. Zwei große Badspiegel folgten, ein Badregal, eine Lichtkonstruktion und ein schöner Teppich sowie Accessoires werden noch folgen. Letztes Problem im Bad: der laute Badlüfter. Der weckt nachts sogar schlafende Kühe auf und gibt einen unerträglichen Ton von sich. Ein neuer ist schon bestellt, puh!
Das Fazit: An Herausforderungen wächst man (als Paar)
Was soll ich sagen, das Projekt Zusammenziehen wurde zum Projekt gemeinsam Renovieren und obwohl ich an manchen Tagen am Ende meiner Kräfte bin und vor meiner einen tragbaren Herdplatte am Rande eines Nervenzusammenbruchs stehe, macht es irgendwo ja auch Spaß. Es ist toll, die Möglichkeit zu haben, sein Zuhause von vornherein mitzugestalten, sich für knifflige Probleme Lösungen zu überlegen und immer und überall neue Inspirationen zu sichten. Aber ich freue mich auch schon auf die Zeit, wenn ich mein Geschirr nicht mehr im Bad abspüle, meine Kleiderschränke nicht andauernd zustauben, ich wieder alles finde, ohne drei Stunden davor zu suchen und einen Abend mal vor Netflix nebenbei nicht über Küchenfronten und Arbeitsplatten nachdenke. Wie es weiter geht bei uns? Keep reading!