Editors Letter: Seltsame Zeiten, also packen wir es an!
Zusammen sind wir weniger allein.
Gerade jetzt zählt Zusammenhalt mehr als alles andere. Und es geht auch, wenn wir alleine sind.
Ihr lieben Beige-Leser*innen,
ich habe lange überlegt, wie ich den heutigen Artikel gestalten soll. Denn auch wenn der Alltag weitergehen muss, also man sich ja in Zeiten wie diesen nach ein wenig Normalität nur so die Finger leckt, ich wollte keine News auf Beige veröffentlichen, bevor wir uns nicht mit einigen lauten Gedanken an euch gewandt haben. Marie ist derzeit ganz weit weg in Amerika und bekommt die Lage hier nur mit einiger physischer und geistiger Entfernung mit. Gleichzeitig habe ich keine Vorstellung, wie sehr das neuartige Coronavirus den Alltag in den USA, bzw. in Kalifornien inzwischen im Griff hat.
Ich bin hin- und hergerissen zwischen Sorge und einer seltsamen Sorglosigkeit. Wenn „Morgen“ oder „nächste Woche“ plötzlich zu vagen Blubberblasen werden, von denen man im Prinzip keine Ahnung hat, wie sie aussehen, fragt man sich, wozu man dieses oder jenes überhaupt noch machen soll. Eine Sekunde später ist man erfüllt von dem Gedanken, dass nun alles eben eine Runde langsamer läuft. Dass wieder das Zwischenmenschliche in den Vordergrund rückt – obwohl wir von Amts wegen dazu angehalten sind, uns voneinander fernzuhalten. Und dass man eben in gewisser Weise doch weitermachen sollte, wie bisher.
Ich habe auch viel über den Content hier auf Beige nachgedacht. Wie gestaltet man ein Onlinemagazin in Zeiten einer Pandemie? Welche Inhalte haben Berechtigung, was ist relevant und wichtig, was kann ruhig mal auf die lange Bank geschoben werden? Meine Erkenntnis? Wir machen hier so normal weiter, wie es geht und versuchen gleichzeitig, gezielt nützliche Informationen, Ideen, Tipps und Inspirationen einfließen zu lassen. Unsere Bücherreihe ist ein erster kleiner Schritt. Interviews, wie gestern etwa unser Beauty Verhör, haben auch in Corona-Zeiten einen Mehrwert, sind unterhaltsam, informativ. Und Leute: Die Welt geht auch nicht unter. Sie ist nur ein wenig on hold.
Die Welt geht auch nicht unter. Sie ist nur ein wenig on hold
Wenn wir an einem Tag also erläutern, wie und wo wir alle gemeinsam mit anpacken können, um der Gesellschaft zu helfen und am nächsten Tag kleine Wunschlisten oder Modenews mit euch teilen, ist das in keinem Fall despektierlich gemeint. Es ist der Entschluss, COVID-19 nicht das komplette Schlachtfeld unseres Alltags zu überlassen. Auch werden wir uns in Sachen aktueller Berichterstattung selbstredend nicht einklinken, dafür gibt es die großen Tageszeitungen (z.B. Zeit und FAZ) und offiziellen Stellen (namentlich das Robert Koch Institut, das Bundesministerium für Gesundheit, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung), die einen hervorragenden Job machen. Es ist gerade auch viel Shaming unterwegs, viel Falschmeldungen, Panikmache, gezielte Sabotage und (sorry) saudumme Aktionen. Das macht mich persönlich mit am traurigsten. Gleichzeitig überwiegt aber die Begeisterung, mit wie viel Kreativität und Einfallsreichtum Branchen ihren Standpunkt klarmachen, relevant bleiben. Wie zusammengehalten wird. Ich möchte heute eine kleine Auszeit von unserem Redaktionsplan nehmen und meine Gedanken um einige tolle und unterstützenswerte Aktionen bereichern, die ihr ganz bequem aus der (freiwilligen) Quarantäne und digital unterstützen könnt.
Denn auch, wenn man zumindest in Berlin noch den Eindruck hat, dass doch eigentlich alles halb so wild ist: Es werden mehr Einschränkungen kommen. Es werden Menschen in Existenzkrisen geraten oder sind es schon (hier geht es zur Petition für ein bedingungsloses Einkommen für Freelancer in der Corona-Krise!), es werden ganze Gesellschaftsgruppen übersehen auf der Jagd nach der nächsten Klopapierrolle. Und das ist jetzt unser aller Aufgabe, zu verhindern! Packen wir es an!
Zusammen und vernetzt sind wir weniger allein! Jeder für sich ein Teil des großen Ganzen und alle füreinander da!
Spendet für die Geflüchteten
Corona ist auch und ganz eindeutig ein deutsches und noch eindeutiger ein europäisches Problem. Italien hat es auf furchtbare Weise getroffen, hierzulande wird mit aller Kraft versucht, die Kurve flach zu halten (dazu später mehr). Und ja, ich weiß, die ganz großen Zeitungen machen online und offline das Virus zum Thema – in Europa, in Amerika. Bitte scrollt herunter, verfallt nicht dem Euro-Zentrismus, bemüht die Suchmaschine eurer Wahl und informiert euch über die Lage an der europäischen Grenze, ganz akut Griechenland. Corona dort ist die Hölle auf Erden. Informiert euch über die Lage in den Geflüchtetenlagern in Syrien, Jordanien. Und spendet! Wenige Euro reichen, wir alle sparen nun ohnehin eine Menge Geld. Ich habe einige NGOs gesammelt, an die ihr eure Spenden richten könnt. Ergänzt die Liste gerne in den Kommentaren:
Vergesst nicht die gerne Vergessenen
Helfen ist einfacher, als ihr denkt. Und jetzt, da wir alle etwas mehr Zeit an der Hand haben, umso mehr! Wenn euch euer tighter Schedule bisher davon abgehalten hat, aktiv zu werden (voll OK, no shame!), ist jetzt doch die beste Zeit, um anzupacken. Akut befinden sich die Tafeln in allen Großstädten in einer Notlage, da die Ausgaben von Amts wegen aus Sicherheitsgründen geschlossen werden müssen. Ruft bei euren Tafeln an und fragt, wie ihr unterstützen könnt. In Berlin etwa werden Menschen gesucht, die dabei helfen, das Essen auszufahren – quasi ein kostenloser Lieferservice für Essen!
Fragt in euren Obdachlosenhilfen nach, welche Lebensmittel und Artikel benötigt werden oder checkt die Bedarfslisten (die sind fast immer online einsehbar!). Hier in Berlin sind es Brot, Reis, Hygieneartikel wie Zahnpasta, Duschgel, Deo usw. sowie Decken.
Informiert euch auch über die Lage der Sexarbeiter*innen. So absurd es klingt, auch ihr Geschäft ist in Gefahr, abgesehen davon, dass es ohnehin gefährlich ist und oftmals auch unter Zwang stattfindet. Diese Menschen rutschen nun noch weiter an den Rand der Gesellschaft. Ihnen droht Obdachlosigkeit und schlimmeres. Hier ist etwa die Arbeiterwohlfahrt – AWO vor Ort aktiv, wie ich herausgefunden habe.
Eventuell wisst ihr noch mehr?
Etabliert Nachbarschaftshilfen
Der Zettel im Treppenhaus, der Hilfe anbietet, ist schon vergangene Woche glücklicherweise viral gegangen. In deinem Haus hängt noch keiner? Dann sei der*die erste, der ihn aufhängt! Biete auch über dein Haus hinaus Hilfe an. Z.B. via Instagram oder Twitter. Vielleicht hast du die Möglichkeit, Kinder oder auch Haustiere zu betreuen oder du kannst dem Gastro-Betrieb um die Ecke dabei helfen, Gutscheine zu erstellen, die ein sofortiges Einkommen sichern, auch, wenn die Türen ggf. bald geschlossen bleiben müssen (die tolle Idee hierzu habe ich bei Stil in Berlin gesehen). Ich habe bereits vergangene Woche eine kleine Vorlage für Instagram-Stories erstellt, die ihr gerne speichern / abfotografieren und teilen könnt. Die Idee? Vielleicht wohnen eure Eltern oder Großeltern oder andere liebe Menschen weit entfernt von euch und ihr sucht jemanden, der*die Einkaufsgänge erledigt oder einfach mal mit dem Hund geht. Also ich bin für eure Berliner Verwandten, die Hilfe brauchen, gerne zur Stelle! Anbei die Vorlage!
Weitere Ideen? Her damit!
Lest weiterhin ALLE Nachrichten
Corona überall! Aber bitte, vergesst nicht, dass unsere Welt noch aus mehr besteht. Rechte Gewalt ist nach wie ein sehr großes Problem, es wird weiterhin Politik gemacht, mitunter landen einige Beschlüsse nun unter dem Radar, die besser gesehen werden sollten? Aber auch schöne Nachrichten sollten nach wie Platz in euren Köpfen finden, sonst drehen wir doch alle durch.
Bleibt Zuhause und helft bei #FlattenTheCurve
Bleibt bitte einfach zu Hause, wenn es geht. Ich war gestern auch noch mal Einkaufen, halte aber Abstand. Ich gehe laufen, zu zweit, weil ich Bewegung brauche und mein Hund rausmuss. Aber ich beteilige mich an keinerlei Tingeltangel bei Freunden, gecornert wird auch nicht und Treffen mit mehr als drei Leuten? Nope, drinnen schon gar nicht. Bitte übernehmt diese Verantwortung und geht nur raus, wenn es sein muss oder ihr in annehmbaren Abstand zu anderen Menschen seid!
Wir sind nun alle gemeinsam allein und allein zusammen. Und das ist doch ein großes Trostpflaster.
Nehmt die Lage ernst, aber verliert nicht den Humor
Der Grat ist nicht so schmal, Friends. Zwischen extrem unnötigen Corona-Späßen (geheime Partys, die unsägliche Corona-Challenge von TikTok, respektlose Witze und Like-Hunts zum Thema) und legitimen Comic Relief und einer Prise Galgenhumor liegen mehrere Kilometer, wir erkennen die Grenze, da bin ich mir sicher.
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