Wann ist man bereit, ein Baby zu bekommen?

Wann ist man bereit, ein Baby zu bekommen?

Die Frage der Fragen, wenn es um das Elternwerden geht

Woher weiß man bloß, wann man bereit ist, Eltern zu werden?!

Trigger-Warnung: In folgendem Text geht es um das Thema Schwangerschaft, Babys und Familie. Bei manchen Menschen können diese Themen negative Reaktionen auslösen. Bitte pass auf dich auf, wenn das bei dir der Fall ist.

Woher weiß man, dass man bereit ist, ein Kind zu bekommen? Als ich während meiner Schwangerschaft einen Fragesticker in meiner Instagram-Story veröffentlicht habe, war das mit Abstand die häufigste Frage, die mir gestellt wurde. Dabei hatte ich eher nach Fragen zu Kinderwagen und Co. gerechnet.

Aber klar, warum sollte man sich mit solchen Belanglosigkeiten wie Baby-Anschaffungen beschäftigen, wenn die wichtigste Frage noch nicht geklärt ist: Will ich überhaupt ein Baby? Und wenn ja, wann ist dann der richtige Zeitpunkt?

Auch bei uns wurde über den Zeitpunkt oft diskutiert, über das Elternsein nachgedacht und über die Veränderungen, die der Nachwuchs so mit sich bringen wird. Eine finale Antwort, einen perfekten Zeitpunkt und den ultimativen Tipp kann ich euch nicht geben, so viel sei schon einmal verraten. Da zu der Entscheidung, Eltern zu werden, in den meisten Fällen zwei Personen gehören (natürlich gibt es auch Menschen, die das alleine entscheiden müssen oder wollen), dachte ich mir: Wieso lasse ich nicht mal meinen Freund zu Wort kommen?

Denn bei vielen Paaren in meinem Umfeld erlebe ich, wie sich eine Partei mit dem Thema Kinder intensiv auseinandersetzt – und die andere passiv reagiert. Wie es bei uns war? Das lest ihr jetzt in unserem Paargespräch:

Marie: Lukas, ich bin etwas emotional, weil du in über fünf Jahren BEIGE heute zum ersten Mal hier zu Wort kommst. Und das bei einem Thema, über das ich ohne dich einfach nicht schreiben könnte. Denn die Entscheidung, ob und wann man Kinder bekommen möchte, trifft man nicht nur alleine für sich (das aber auf jeden Fall zuerst), sondern auch nochmal als Paar.

Lukas: Ja, die Frage sollte man am besten im Dialog beantworten. Es ist aber auch eine dieser Fragen, die aus meiner Sicht keine klare Antwort hat. Das „wann“ zu benennen erscheint schwer, für mich war es eher ein Prozess. Gab es bei dir den einen Moment, wo du gedacht hast: „Jetzt!“?

M: Ich setze mich mit dem Thema Kinderkriegen ja schon viel länger als du auseinander, weil in meinem Umkreis die erste Person mit 16 Jahren ein Baby bekommen hat, meine beste Freundin war mit Anfang 20 für meine Begriffe auch eher früh dran. Dadurch, dass meine Freund*innen so normal mit dem frühen Kinderkriegen umgegangen sind – und Kinder deswegen auch immer und überall dabei waren – habe ich vor dem Thema nie groß Angst gehabt. Im Gegenteil, ich wollte auch immer eher eine junge Mama sein.

L: Hast du nie gedacht, dass es auch ein ZU jung gibt?

M: Natürlich ist man mit 16 Jahren noch selbst ein Kind, das stelle ich mir sehr herausfordernd und nicht als Ideal-Szenario vor, ganz klar. Aber ich habe noch nie gedacht, dass Kinder einen behindern in Sachen Karriere oder Beruf, dafür wird mir einfach von allen vorgelebt, dass man beides schaffen kann, auch wenn es natürlich viel Kraft und Anstrengung kostet. Deswegen nein, ich hätte auch schon viel jünger ein Kind bekommen, wenn ich den richtigen Mann, der bereit gewesen wäre, an meiner Seite gehabt hätte. Bei dir war es in deinem Umfeld aber anders, oder?

L: Genau, in meinem Umfeld waren Kinder kaum präsent. Im Freundeskreis waren quasi keine Eltern in meinem Alter. Vor zwei oder drei Jahren hat sich das erst geändert, aber nur sehr vereinzelt. Ich hatte also kaum Kontakt zu Kindern, insbesondere nicht mit Babys. Daher war mir das ganze Thema fremder als dir.

M: Meinst du, es hätte etwas geändert, wenn du mehr (junge) Papas als Vorbilder um dich herum gehabt hättest?

L: Ja, ich glaube schon, das hätte mir Kinderkriegen näher und mich überhaupt erst auf die Idee gebracht, dass das auch eine Option sein könnte. Es gab für mich ganz klassisch nur den Weg: Studium, Reisen und Karriere, Partys und Dating – Erwachsenwerden und Leben halt.

M: Und wie oder wann ist dir klar geworden, dass du überhaupt Kinder möchtest? Die Entscheidung trifft man ja doch irgendwie auch schon, bevor man eine*n Partner*in hat ...

L: Das war irgendwie keine aktive Entscheidung, sondern in meiner Lebensvorstellung wusste ich: Irgendwann bin ich Papa. Das habe ich nie hinterfragt, das war mehr ein Instinkt.

M: Das klingt so, als ob du in deinem Kopf bestimmte Ziele oder Dinge erreichen musstest, bevor du Papa werden konntest ...

L: Ich glaube, ich würde es eher als Erlebnisse bezeichnen, z.B. mit Freunden reisen und die Welt erkunden, beruflich Fuß fassen und finanziell auf eigenen Beinen stehen. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich monetär gut aufgestellt sein muss, um meine Familie versorgen zu können. Dass ich dann mit einer Kündigung in die Schwangerschaft gestartet bin, wussten wir ja beide nicht (lacht). Du hattest diese finanziellen Bedürfnisse ja nicht, oder?

M: Nein, das stimmt. Weil ich einfach in meinem Umfeld gesehen habe, dass Kinder nicht glücklicher sind, wenn Eltern viel Geld haben. Ein gewisser Kontostand gibt mir nicht das Gefühl, eine bessere Mutter zu sein, auch wenn das viele Dinge natürlich vereinfacht und Privilegien für das eigene Kind schafft. Die emotionale Reife war mir immer wichtiger. Ich hatte einfach im Gefühl, dass ich, egal in welchen Umständen, mein (zukünftiges) Kind mit meiner Liebe gut versorgen kann.

L: Und ich dachte, dass man da hineinwachsen muss. Und dass ich da noch nicht bin. Und dann habe ich irgendwann gemerkt, dass ich nie denken werde: jetzt!

M: Was hat dir geholfen, dich mit dem Thema Kinderkriegen auseinanderzusetzen?

L: Definitiv du, denn du hast jahrelang täglich darüber gesprochen. Du hast mich so lange genervt, dass ich mich eher gefragt habe, wie lange ich es noch hinauszögern kann.

M: Haha, ja! Ich war mir einfach sicher, dass du der richtige Mann bist. Warum dann noch viele Jahre warten?! Außerdem war mir klar, dass ich vermutlich mehrere Kinder möchte – und ohne Zeitdruck frei in den Altersabständen sein will. Mein Traumalter war immer 26 Jahre, ich weiß nicht, wieso ... Das hat mit dir aber auf jeden Fall nicht geklappt, du hast meiner Nerverei fünf Jahre standgehalten. Hättest du dir gewünscht, dass ich mit dem Thema anders, also weniger penetrant, umgegangen wäre?

L: Wärst du damit anders umgegangen, hätten wir jetzt noch kein Kind ... Du hast es immer auf unterschiedliche Art und Weise angesprochen, um mir Denkanstöße zu geben. Dabei ging es ja bei uns nicht um das ob, sondern um das wann ...

M: An welchem Zeitpunkt hast du gewusst, dass wir beide dazu bereit sind?

L: Ab dem Moment, an dem du auf meinen Heiratsantrag mit „Ja“ geantwortet hast. Ich wollte erst die Gewissheit haben, dass wir als Eltern das richtige Team sind. Du entscheidest Dinge gerne impulsiv, spontan und aus dem Moment heraus, ich wäge mehr ab und brauche länger, um mir über meine Gedanken und Gefühle bewusst zu werden. Die Verlobung war somit die bewusste Entscheidung für dich, die Familiengründung war dann die für mich logische Konsequenz – und damit war der Zeitpunkt auch gegeben.

M: Ja, am Abend der Verlobung hast du mir von deinen Gefühlen erzählt und dass du dich jetzt dazu bereit fühlst. Ich fand das damals in erster Linie witzig, dass du dazu quasi einen Ring an meinem Finger brauchst, ich hätte das nicht gebraucht, aber habe mich dann natürlich gefreut. Endlich hat diese Nerverei ein Ende!

L: Jetzt haben wir ein Baby. Wärst du im Nachhinein jetzt trotzdem gerne früher Mutter geworden?

M: Also ich habe definitiv die Lebensveränderung durch ein Baby unterschätzt – auch, wenn ich bei Freund*innen so hautnah dabei war. Aber ja, ich bleibe dabei, dass ich gerne früher Mutter geworden wäre. Ich liebe das Mama-Dasein und werde ein bisschen neidisch, wenn ich höre, dass andere mit 28 Jahren ihr drittes Kind bekommen. Das finde ich einfach eine tolle Vorstellung, wenn man die Privilegien dazu hat.

L: Ich empfinde es bei uns als genau den richtigen Zeitpunkt. Ich bin froh um die Erlebnisse, die ich alleine und wir als Paar hatten, ich habe das auf jeden Fall gebraucht. Und jetzt freue ich mich auf die neuen Dinge, die wir als Familie erleben.

M: Das tue ich auch. Abschließend ist es mir aber noch wichtig zu sagen: Nur, weil man sich dann zu einem Zeitpunkt als Paar entscheidet, ein Kind bekommen zu wollen, bedeutet das nicht, dass das auch klappt. Das sollte man auch bedenken. Manche sind sofort schwanger, andere brauchen länger, andere wiederum Unterstützung.

Den finalen Zeitpunkt kann man also nie so wirklich bestimmen. Es kommt, wie es kommt. Manchmal unverhofft, manchmal überraschend, manchmal herausfordernd, manchmal gar nicht, manchmal genau richtig.

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