Die Beige Notes im September
Surprise! (Nicht nur) Deutschland hat ein Rassismus-Problem
Surprise! (Nicht nur) Deutschland hat ein Rassismus-Problem
Deutschland hat ein Rassismusproblem. Das ist natürlich noch freundlich ausgedrückt und sollte spätestens seit den NSU-Morden und dem darauffolgenden Prozess, seit AfD und „Flüchtlingskrise“, dem Tönnies und und und auch dem*der Letzten von uns aufgefallen sein. Ich beschäftige mich gerade sehr viel mit dem Thema, wobei ich mich neben den, ich nenne sie mal offensichtlichen Faktoren, besonders mit strukturellem, also alltäglichen Rassismus auseinandersetze. Und hierbei besonders mit mir selbst.
Ihr fragt euch nun vielleicht, warum eine weiße deutsche Durchschnittsfrau euch hierzu was erzählen möchte. Nun: Ich äußere und verhalte mich auch rassistisch und/oder fremdenfeindlich – und merke es oft gar nicht. Nicht jeden Tag, aber sicher oft. Und zwar erstens ohne böse Absicht und zweitens, ohne dass meinen Äußerungen in irgendeiner Form meine Gesinnung widerspiegeln. Aber gut gemeint ist ja nicht immer gut gemacht. Mir fällt es inzwischen nur immer mehr auf, eben weil ich viel lese, mit Menschen spreche, die betroffen sind und mir Information suche.
Diese Informationen, Denkanstöße und tolle Menschen, die wichtige Aufklärungsarbeit leisten, möchte ich euch in den heutigen Beige Notes vorstellen. Weil klar, ich kann nicht darüber sprechen, wie etwa ein*e POC (Person of Color) sich fühlt, wenn sie Alltagsrassismus begegnet, denn ich werde mich niemals in diese Situation einfühlen können. Aber ich kann zeigen, inwiefern die harte Arbeit einiger der Personen, die ich hier vorstelle, mich und mein Denken und Handeln bereits beeinflusst hat und es noch weiter tut. Denn unsere Gesellschaft ist mindestens so bunt, wie das Gif zu diesem Artikel – aber die Leute sehen oft noch immer nur Schwarz und Weiß.
Disclaimer: Ein Artikel kann diesem Thema natürlich niemals gerecht werden und er müsste endlos sein, um all das zu zeigen, was es zu sagen gibt. Ich möchte jedoch Anstöße geben, einen Anfang machen und lade euch alle ein, diese Liste und den Input in den Kommentaren zu vervollständigen und eure Gedanken zu teilen!
Insta-Activism: Folgt Fabienne Sand!
Fabienne Sand schreibt ebenfalls für die tollen Mädels von This Is Jane Wayne und Fabienne Sand geht mir regelmäßig richtig auf den Keks. Und das im positiven Sinne, weil sie immer, wenn ich mich ziemlich righteous und woke fühle, mit dem Finger wieder dahin pikst, wo es weh tut. Meistens in meine kleine Ehre, weil ich dann immer denke: „Alter ... ich dachte, ich mache es richtig!“
Hinzu kommt, dass ihre Antworten in Diskussionen nicht duziduzi sind, sondern auf die Zwölf. Da muss man auch mal zweimal schlucken, aber White Fragilty, Kulturelle Aneignung oder White Privilege sind auch keine duziduzi Themen. Folgt ihr auf Instagram, wenn ihr es nicht schon tut, und lest euch ihre Story-Highlights durch, in denen sie wertvolle Bildungsarbeit leistet und vielen von uns den Spiegel vorhält. Auch den righteous ones.
Kennt ihr Umwelt-Rassismus?
Buchtipp #1: Eure Heimat ist unser Albtraum – Fatma Aydemir, Hengameh Yaghoobifarah
Die Anthologie „Eure Heimat ist unser Albtraum“ beinhaltet 14 Essays von 14 Autor*innen, darunter, neben den beiden Herausgeberinnen, Margarete Stokowski, Max Czollek (zu ihm später mehr), Deniz Utlu und Olga Grjasnowa. In ihren Geschichten geben die Autor*innen einen Einblick in ihren Alltag in Deutschland und halten unserer Gesellschaft den Spiegel vor. Denn noch immer reicht es in unserer Demokratie schon, vermeintlich anders auszusehen oder anders zu glauben, um anders behandelt, benachteiligt oder bevormundet zu werden.
Während der Lesung zum Buch fühlte ich mich oftmals ertappt oder zu Unrecht angegriffen – was mich aber wiederum zum Nachdenken bewegte. Die Geschichten sind ehrlich, stellenweise ironisch und lustig, ernst, traurig und immer eine gute Lehre in Sachen Gleichberechtigung und Vorurteile.
Das Buch könnt ihr hier kaufen oder bei eurer Buchhandlung um die Ecke.
Race / Related: Der Newsletter der New York Times
Im (amerikanischen) Englisch fasst der Begriff Race Themen zusammen, die sich mit Rassismus beschäftigen. Ein Newsletter, der mir in Deutschland noch fehlt, den ich aber vielleicht auch noch nicht entdeckt habe? Ich schaffe es nicht immer, jede Newsletter-Ausgabe von vorne bis hinten zu lesen, bekomme aber jedes Mal wertvollen Input, der mich zum Nachdenken anregt oder Probleme offenbart, die ich vorher nicht gesehen habe.
Fast alles lässt sich auf unsere Gesellschaft übertragen, was wiederum beweist, dass es keine regionalen Unterschiede gibt, wenn es um Fremdenfeindlichkeit und Rassismus geht. Ein Artikel, der mich kürzlich sehr beschäftigte? Ein Beitrag von Adeel Hassan über Orientalismus – ausgehend vom Black- und Borwnfacing-Skandal Justin Trudeaus.
Hier könnt ihr euch für den Race / Related Newsletter der New York Times anmelden.
Insta-Activism: Folgt Rea Mahrous!
Mit Rea habe ich gemeinsam bei Refinery29 Deutschland gearbeitet und in diesen zweieinhalb Jahren so viel über Politik, Gleichberechtigung, Diversität, Feminismus, kritisches Denken und Hinterfragen ... einfach das Leben gelernt, wie nie zuvor. Und Rea war einer der Hauptgründe dafür. Ihre Formel lautet Diskurs und ich wusste, dass ich auch mit der scheinbar idiotischsten Frage zu ihr kommen konnte, ohne, dass sie mich verurteilt oder mich für total bekloppt hält.
Wenn man von Rassismus nämlich nie betroffen ist, sieht man oft nicht den Elefanten im Raum. Das heißt aber nicht, dass man ihn nicht suchen sollte oder es nicht lernen kann, quasi eine Elefanten-Brille aufzusetzen. Und bei diesem Prozess helfen Menschen wie Rea, die mit Geduld und Humor, nachvollziehbar und trotzdem streng Sachverhalte erklären.
Auf Instagram teilt Rea diese Lektionen und stellt vor allen Dingen viele andere Accounts von Menschen vor, die hier Bildungsarbeit leisten. Perfekt auch für alle, die nicht so recht wissen, wo anfangen. Ihr könnt ihr ebenfalls eure Fragen stellen, ich bin mir sicher, sie wird gerne mit euch in Diskurs gehen. Danke dafür, liebe Rea.
Buchtipp #2: Exit Racism – Tupoka Ogette
Dieses Buch war ein Geburtstagsgeschenk einer lieben Freundin und nimmt wirklich jede*n an die Hand, der*die sich mit Rassismus auseinandersetzt und das ggf. gerade zum ersten Mal. Rassismuskritisch Denken for Dummies sozusagen. Aber genau das ist es, was den Einstieg oftmals erleichtert und ich finde es auch nicht verwerflich, sich in diesem Rahmen dem Thema zu nähern, bevor man sich traut etwa an Diskussionsrunden teilzunehmen. Autorin Tupoka Ogette richtet sich nach eigener Aussage vor allem an weiße Leser*innen und hilft ihnen dabei, ihr eigenes Denken und Handeln zu hinterfragen. Ohne Zeigefinger und mimimi und mit viel Verständnis.
Wir (Weißen) sind ja schnell mal beleidigt und fühlen uns angegriffen. Ogettes Tipp? Wirf das Buch in die Ecke, reg' dich ab und lies dann weiter. Besonders gut gefällt mir, dass via QR-Codes weiterführendes interaktives Material mit dem Smartphone konsumiert werden kann.
Das Buch könnt ihr hier kaufen oder natürlich beim Buchladen eures Vertrauens.
Buchtipp #3: Desintegriert euch – Max Czollek
Max Czollek ist Publizist und Lyriker aus Berlin. Er ist außerdem Jude und hat ein Problem mit dem Wort „Integration“. Weil es nie hinterfragt und für die Deutschen als eine Art Messlatte verwendet wird für die Bereitschaft zugezogener Menschen, sich auf das Deutschsein einzulassen. Der polemische Titel des Buches soll schon dazu anregen, die Frage zu stellen, was Integration überhaupt heißt und worin man sich einfügen soll. Für Czollek ein Theater, in dem nur gewinnen kann, wer zum Vorzeige-Migranten wird.
Ich habe das Buch noch nicht selbst gelesen, es steht aber auf meiner Liste ganz weit oben und ist schon bestellt. Hier könnt ihr es ebenfalls kaufen oder, wie gehabt, im Buchladen ums Eck.
Neue Perspektiven: Der Podcast Rice & Shine
In ihrem Podcast Rice and Shine geben die Journalistinnen Minh Tu Tran und Vanessa Vu Einblicke in das vietnamesische Leben in Deutschland. Welche Klischees gibt es? Worin unterscheiden und gleichen wir uns wirklich? Was für eine Rolle spielt es und wie ist es, wenn man als asiatisch gelesener Mensch 2019 in Deutschland lebt? Gesellschaft, Popkultur, Politik, Alltag – Minh und Vanessa lassen keinen Bereich aus!
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