Diese Ausstellungen versüßen euch 2024
10 Tipps für ein abwechslungsreiches Kunstjahr
Obwohl der Januar schon eine gefühlte Ewigkeit andauert, kommt das Kunstjahr 2024 gerade erst so richtig in Schwung
Neben mir sind auch die Museen und Galerien aus ihrem Winterschlaf erwacht und präsentieren nach und nach ihr Programm für die kommenden Monate. Da lohnt es sich, ganz genau hinzusehen. Klar, es winken internationale Kunstausstellungen, etwa die Biennale in Venedig oder die Manifesta in Barcelona. Auch große Institutionen wie das Stedelijk Museum in Amsterdam, das Pariser Centre Pompidou oder die Londoner Tate Modern haben schon vielversprechende Schauen angekündigt. Aber warum in die Ferne schweifen? Ich habe die deutschen Ausstellungshäuser genau unter die Lupe genommen und euch meine Highlights für das Jahr 2024 zusammengetragen. Von Fotografie über Performance und Malerei bis hin zu Bildhauerei und Installationskunst ist für jede*n was dabei. Also zückt eure Kalender und tragt euch schon mal eure Urlaubstage ein. Los geht's mit meinen Favoriten:
Abstrakte Künstlerinnen in Bielefeld
Spätestens jetzt könnt ihr euch davon überzeugen, dass es Bielefeld sehr wohl gibt – und sich der Besuch mehr als lohnt: Die Kunsthalle Bielefeld rückt erstmals das Schaffen von Künstlerinnen und ihre Rolle in der Entwicklung der Abstraktion nach 1945 in den Fokus. Offiziell begann die Bewegung, die wir heute „Abstrakten Expressionismus“ nennen, in der Mitte des 20. Jahrhunderts in den USA. Die Ausstellung macht jedoch deutlich, dass Künstler*innen auf der ganzen Welt in dieser Zeit Ansätze zur Abstraktion verfolgten, sei es in Ostasien, Mittel- und Südamerika, Nordafrika oder dem Nahen Osten. Auch die weltweite Vernetzung von Künstlerinnen und die internationale Verbreitung der Abstraktion wird eindrucksvoll sichtbar. Das solltet ihr nicht verpassen.
Nur noch bis 3. März 2024 in der Kunsthalle Bielefeld
VALIE EXPORT bei C/O Berlin
BODY SIGN B, 1970, ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection © VALIE EXPORT, VG Bild-Kunst, Bonn 2023; Foto: Gertraud Wolfschwenger © VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Strumpfbänder, Altöl und Zigaretten erwarten euch in dieser tollen Retrospektive, die bereits seit einigen Tagen in Berlin zu sehen ist. Die Ausstellung würdigt das vielschichtige Schaffen der Medien- und Performancekünstlerin VALIE EXPORT (*1940). Mit ihrer kritischen feministischen Perspektive begeistert sie mich seit meiner Kindheit. Mit Arbeiten wie ihrem „TAPP und TASTKINO“ (1968) oder „Aktionshose: Genitalpanik“ (1969) hat sie immer wieder gesellschaftliche Normen und Rollenbilder vorgeführt. C/O Berlin zeigt nun Arbeiten, die zwischen 1966 und 2009 entstanden sind, darunter Zeichnungen, Fotografie, Performance und Installation. Übrigens lohnt sich auch der Besuch im 1. Stock des Hauses: Dort ist die Recherchearbeit „On Rape - And Institutional Failure“ von Laia Abril zu sehen, die sich sehr intensiv dem Thema strukturell ermöglichter Vergewaltigung widmet.
Bis 22. Mai 2024 bei C/O Berlin
Faszination Höhle in Bremen
Verner Panton, Fantasy Landscape, limited edition 2/8, Design by Verner Panton, www.verner-panton.com
© Verner Panton Design AG
Na, habt ihr als Kinder auch so gerne Höhlen gebaut? Egal ob unter dem Wäscheständer, dem Wohnzimmertisch oder dem winzigen Bereich zwischen Bett und Fußboden – ich habe mich wirklich überall versteckt. Vielleicht bin ich deswegen so neugierig auf die Ausstellung „Faszination Höhle“, die ab Februar in Bremen zu sehen sein wird. Seit frühester Zeit dienen Höhlen als Schutzräume, Behausungen oder Rückzugsorte. Sie können gemütlich sein, aber auch bedrohlich wirken. Die ersten Kunstwerke wurden in Höhlen geschaffen und viele Maler*innen haben sie als Motiv für ihre Werke genutzt. Aber auch im Bereich Design spielt das Muckelig-Gemütliche natürlich eine wichtige Rolle. Ich freue mich jedenfalls jedes Mal, wenn Museen Ausstellung zu etwas (Achtung) nischigeren Themen machen. Also ab in die Höhle!
Ab 10. Februar in den Museen Böttcherstraße, Bremen
Hip-Hop und zeitgenössische Kunst in Frankfurt
Monica Ikegwu, Open/Closed, 2021, Öl auf Leinwand, je 121,9 × 91,4 cm, Courtesy der Künstlerin und Galerie Myrtis, © Monica Ikegwu
Wie wirkt sich Hip-Hop auf die zeitgenössische Kunst und Kultur aus? Das untersucht die Ausstellung „The Culture“, die ursprünglich vom Baltimore Museum of Art und dem Saint Louis Art Museum organisiert wurde. Klar ist: Die Musikrichtung übte von Anfang an Kritik an vorherrschenden Machtstrukturen, hat mittlerweile aber auch Innovationen in Musik, Mode und Technologie bewirkt. Die Ausstellung in der SCHIRN legt den Fokus auf Kunst und Musik der letzten 20 Jahre und zeigt über 100 Gemälde, Fotografien, Skulpturen und Videos sowie Fashion und Vinyl von internationalen Künstler*innen. Dabei greift das Museum auch Themen wie Identität, Rassismus und Appropriation auf. Ich bin gespannt!
Ab 29. Februar in der SCHIRN Kunsthalle, Frankfurt
Roni Horn in Köln
Roni Horn, Untitled (“The tiniest piece of mirror is always the whole mirror.”), 2022. Installationsansicht, Centro Botín, Santander, Spanien, 2023. Foto: Stefan Altenburger, Courtesy the artist and Hauser & Wirth. © Roni Horn
Noch nie ein Werk von Roni Horn gesehen? Das müsst ihr unbedingt ändern! Zum Beispiel in Köln: Das Museum Ludwig widmet der US-amerikanischen Künstlerin die Ausstellung „Roni Horn. Give Me Paradox or Give Me Death“. Besonders beeindruckend finde ich die massiven Glasskulpturen von Horn (*1955), die so sorgfältig gegossen sind, dass sie fast unwirklich wirken. Keine einzige Luftblase trübt die Oberflächen der Skulpturen, die wie gigantische Eiswürfel oder Marshmallows aussehen. Kein Wunder also, dass man darin auf der Stelle versinken oder sie zumindest ausgiebig berühren will. Die Schau in Köln zeigt Werke der Künstlerin vom Beginn ihres Schaffens in den späten 1970er-Jahren bis heute.
Ab 23. März 2024 im Museum Ludwig, Köln
Marianna Simnett in Berlin
Marianna Simnett, The Severed Tail, 2022. 59th International Art Exhibition – La Biennale di Venezia, The Milk of Dreams. Courtesy: the artist, La Biennale di Venezia and Société, Berlin. Photo: Roberto Marossi
Ich bin kein Fußball-Fan und hatte daher die dieses Jahr in Deutschland stattfindende Fußball-Europameisterschaft überhaupt nicht auf dem Schirm. Marianna Simnett (*1986) nimmt dieses Event jedoch zum Ausgangspunkt für ihre Filminstallation „Winner“, die sie als ein Ballett in drei Akten konzipiert hat. Durch den Tanz werden Leidenschaft, Machthierarchien, Massenpsychologie und Leistungsdruck hinterfragt und neu inszeniert. Und es stimmt: Triumph und Niederlage, Jubel und Tränen liegen nah beieinander. Geplant sind außerdem KI-Verkäufer*innen, die Hotdogs und Bier anbieten – klingt nach einer absoluten Win-win-Situation!
Ab 17. Mai 2024 im Hamburger Bahnhof, Berlin
Anna Haifisch in Hamburg
Anna Haifisch, Hünd Matisse (Here’s the life I’ve always longed for), aus „The Artist - Ode an die Feder“, 2019, © Anna Haifisch
Die Zeichnungen von Anna Haifisch (*1986) vereinen niedliche Tierfiguren mit den Absurditäten des Alltags. Oft hinterlassen die auf den ersten Blick lustig wirkenden Comics einen bitteren Nachgeschmack. Ich persönlich liebe Haifischs Arbeiten und habe mich wie wild gefreut, dass das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe eine Einzelausstellung der Illustratorin und Comiczeichnerin plant. Für die Schau entwickelt Haifisch zusammen mit der Grafikdesignerin Anja Kaiser neue Arbeiten. Als Inspiration dient ihr die Tradition der sogenannten Funny Animal Comics – wie zum Beispiel Snoopy aus Charles M. Schulz‘ "Peanuts" einer ist. Nur schade, dass aus diesem Anlass keine Hunde Zutritt zum Museum bekommen.
Ab 6. Juni 2024 im MK&G, Hamburg
Sammlungskünstlerinnen in Leipzig
Elisabetta Sirani, Amor und Psyche, um 1660, MdbK
In den letzten Jahren haben viele Museen ihre Sammlung auf Künstlerinnen und Gestalterinnen durchleuchtet. Das ist ein wichtiger Prozess, der oftmals wahre Schätze ins rechte Licht rückt. Nun ist das Leipziger MdbK an der Reihe: Die geplante Ausstellung widmet sich verschiedenen Formen künstlerischer Tätigkeit von Frauen, von der Malerei über Handzeichnungen bis zur Skulptur. Der zeitliche Fokus liegt dabei auf dem 19. Jahrhundert. Wir können gespannt sein, welche neuen Einblicke wir hier erhalten und wie kritisch das Museum mit seiner bisherigen Sammel- und Ausstellungspolitik ins Gericht geht.
Ab 6. November 2024 im MdbK, Leipzig
Neue Sachlichkeit in Mannheim
Anita Rée: Halbakt vor Feigenkaktus, 1922-1925 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford
Wusstet ihr, dass der Begriff „Neue Sachlichkeit“ aus Mannheim kommt? Dort fand 1925 eine große Ausstellung statt, die ebendiesen Titel trug. Mittlerweile haben sich die beiden Worte durchgesetzt und beschreiben einen rationalen Stil, mit dem die Künstlerinnen und Künstler Kritik an den großen politischen und sozialen Umwälzungen der 1920er-Jahre übten. Schön also, dass Mannheim 100 Jahre später eine Jubiläumsausstellung zu diesem Thema macht und dieses Mal auch Künstlerinnen der Neuen Sachlichkeit zeigt, die damals leider gänzlich fehlten. Die Kunsthalle hat übrigens eine beeindruckende Kunstsammlung und ist auch außerhalb dieser Schau sehr sehenswert!
Ab 22. November 2024 in der Kunsthalle Mannheim
Rachel Ruysch in München
Rachel Ruysch (1664-1750), Früchtestück, 1709. © Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Alte Pinakothek München
Ich habe eine große Schwäche für Stillleben. Sie sind alles andere als oberflächlich und oft gibt es eine Menge lustiger Details zu entdecken. Daher freue ich mich besonders auf die Ausstellung zur Amsterdamer Malerin Rachel Ruysch (1664-1750), die Ende des Jahres in München zu sehen sein wird. Ruysch schuf begehrte Blumenstillleben, die trotz (oder gerade wegen?) ihrer täuschend echten Darstellungen von seltenen Pflanzen und Insekten kostspielige Sammlerstücke waren. Es ist die weltweit erste Ausstellung, die so umfassende Einblicke in Ruyschs Wandel zwischen Kunst und Naturwissenschaft gewährt.
Ab 25. November 2024 in der Alten Pinakothek, München
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