Die Papa-Kolumne Teil 2: Wir sind schwanger!

Die Papa-Kolumne Teil 2: Wir sind schwanger!

Gesagt, getan – und plötzlich ging dann doch alles viel schneller als gedacht!

Schwanger? So schnell? In Teil 2 seiner Papa-Kolumne fasst Niels seine Achterbahnfahrt der Gefühle in Worte

Wir hatten uns also entschieden, nicht mehr zu verhüten. Aber na ja, man wird ja nicht sofort schwanger. Erst recht, wenn man seit zehn Jahren die Pille durchweg nimmt – sagte auch ihr Frauenarzt. Sogar zum Osteopathen ging sie und auch dieser meinte: „Das dauert. Ihr Körper ist noch nicht richtig im Lot.“ Tja, aber was soll ich euch nun sagen? Es dauerte ganz und gar nicht lange, als es ihr auf einmal komisch ging. Sie fühlte sich krank, überfällig war sie auch. Plötzlich fühlte auch ich mich etwas komisch.

Kurze Zeit später, sie kam von Arbeit, sagte sie, sie hätte zwei Schwangerschaftstests besorgt. Ich hatte so ein Gefühl, wie ich es sonst nur vor 100-Meter-Läufen habe. So, als würde gleich der komplette Inhalt meines Inneren aus sämtlichen Öffnungen meines Körpers entweichen. Ausgenommen den Ohren vielleicht. Ich flehte sie an, die Tests nicht zu machen. Ich wollte nur noch einen letzten naiven Abend verbringen, so ohne jegliche Gedanken. Sie sagte: „Okay“. Fünf Minuten später kam sie von der Toilette – beide Tests waren positiv.

Ich glaube, ich sagte sowas wie: „Was? Warum? Wieso?“ Und mein Tonfall war bestimmt sehr hoch, denn er ist immer hoch, wenn ich aufgeregt oder freudig bin – oder blau. Mein Gesicht bot eine Mischung aus dem breitesten Grinsen und harter Lähmung. Da war es wieder: dieses 100-Meter-Lauf-Gefühl. Ich kann es kaum beschreiben.

„ „Ich wollte nur noch einen letzten naiven Abend verbringen, so ohne jegliche Gedanken.“ “

Ich war überglücklich und gleichzeitig war ich kurz davor, seit langer, langer Zeit mal wieder Nummer Zwei in meine Hose zu machen. Wir umarmten uns, gaben uns wahrscheinlich auch den einen oder anderen Kuss und waren ansonsten einfach nur geflasht. Solche Test seien aber nicht ganz sicher, sagte sie dann, aus diesem Grund hätte sie ebenfalls einen Termin beim Frauenarzt gemacht. Nur, um auf Nummer Sicher zu gehen. Ich glaube, es dauerte ein oder zwei Tage, während derer ich wie Falschgeld rumlief. Ich weiß noch genau, als ich auf der Arbeit auf mein Handy sah und dann ihre Nachricht las. In ihr sei ein kleiner Wurm, schrieb sie mir. Auch seine Größe, das ungefähre Gewicht und dass alles soweit gut sei. Jetzt war es offiziell.

Meine Knie wurden weich, aber ich freute mich einfach nur noch, denn ich hatte mich inzwischen mit der Vorstellung, in naher Zukunft Papa zu sein, sehr gut gestellt. Am liebsten wäre ich schreiend durch das schwedische Heimeinrichtungsgeschäft gerannt und hätte alle umarmt. Aber das ging nicht, denn die ersten zwölf Wochen kann noch einiges schiefgehen, weshalb man die Schwangerschaft besser noch nicht herum posaunt.

Kurz vor Ablauf besagter zwölf Wochen hatte mein Papa Geburtstag. Wir besuchten meine Eltern in ihrem Garten. Mit im Gepäck hatten wir einen Umschlag mit den Ultraschallbildern und eine Flasche karibischen Rum. Während meine Mama mal wieder viel und laut quasselte, öffnete mein Vater den Umschlag. Seine Augen sprangen vom „Herzlichen Glückwunsch Opa“-Schriftzug zum Bild und schließlich zum Bauch meiner Freundin. Er bekam sofort feuchte Augen und umarmte zuerst sie und dann mich. Meine Mutter quasselte immer noch, dann bemerkte sie, dass es sich wohl um ein herausragendes Geschenk handeln musste. Also riskierte auch sie einen Blick. Und da war dieser Gesichtsausdruck, der auch gut meiner hätte sein können. An diesem Tag trank sie eine Flasche Sekt und rauchte eine Schachtel Marlbor – die 100er wohlgemerkt. Ihre Marke seit der Wende. Kurz darauf erfuhr es auch die Familie meiner Freundin. Ihre Schwestern schrien und weinten, auch ihr Papa hatte Pipi in den Augen. Nach und nach wussten es schließlich auch alle in unserem Freundeskreis.

Früher wollte ich immer einen Jungen, wegen des ganzen Männerkrams

Ihr Bauch wuchs allmählich. Sie war wunderschön. Wir hielten das Wachstum ihres Bauches in Bildern fest. An einem der vielen Besuche beim Frauenarzt teilte er uns mit, dass es Mädchen sei. Ein Mädchen. Früher wollte ich immer einen Jungen, wegen des ganzen Männerkrams. Aber als ich hörte, es sei ein Mädchen, wurde mein Herz so weich wie einer dieser Schmelzkäse, die man im Supermarkt irgendwo ungekühlt in der Nähe der Fischbüchsen findet. Da man am Anfang und Ende einer Schwangerschaft nicht fliegen darf, flogen wir irgendwann mittendrin. Nach New York. Ich will jetzt nicht das millionste Loblied auf diese Stadt anstimmen, aber scheiße, war das geil! Wir blieben drei Wochen. Wir aßen in Smoggasburg, trafen Action Bronson, waren abends die einzigen Weißen in unserem Viertel, schauten uns die Mets an und pinkelten am Far Rockaway Beach in den Sand.

Apropos pinkeln, sie musste ständig. Es war halt nicht nur alles Friede, Freude, Eierkuchen. Sie litt unter einer Schwangerschaftsdiabetes und entwickelte eine Eiweißunverträglichkeit. Gefühlt konnte meine arme Freundin fasst nichts essen, ohne irgendwelche Beschwerden zu bekommen – und das bis heute. Dann waren da noch die vielen Hefte und Bücher über die Entwicklung des Kindes und die erste Zeit, wie es sein würde, wenn es dann da ist. Ich las nicht viel davon, vieles gab mir ein mulmiges Gefühl. Nicht alles wird unbedingt positiv geschrieben. Und ständig ist von Phasen die Rede, in denen das Kind nicht so gut gelaunt ist, weil es irgendeinen Entwicklungsschub durchmacht. Mein „Desinteresse“ an solcher Bettlektüre führte dann auch zu den ersten Spannungen in unserer Beziehung. Ich wollte die Dinge einfach auf mich zukommen lassen. Mir reichte es zu wissen, dass ich ohnehin jeden Montag für den Rest meines Lebens scheiß Laune haben werde.

Dinge die man nicht so einfach auf sich zu kommen lassen kann, sind solche, wie sich um eine Hebamme zu kümmern, den Arbeitgeber zu informieren und ein Krankenhaus auszuwählen. Hebammen sind in Berlin Mangelware, vergleichbar mit der Anzahl von gut gelaunten Menschen im öffentlichen Nahverkehr. Bei der Wahl des Krankenhauses kamen für uns nur die in unmittelbarer Umgebung infrage. Unter Wehen wollten wir keine Weltreise nach JWD (janz weit draußen) unternehmen, um das Kind in einer nach sonst wo ausgerichteten Badewanne zu bekommen.

Aber jede*r, wie er*sie es mag. Dafür gibt es in den Krankenhäusern Infoabende mit Kreißsaalführungen und allem Drum und Dran. Und ich empfehle einen Geburtsvorbereitungskurs. Da lernt man nicht nur, wie man sich vor, während und nach der Geburt zu verhalten hat, nein, man lernt auch gleich die Leute kennen, mit denen man sich zukünftig auf dem Spielplatz über die Konsistenz des Kindeskots austauschen darf. Großartig. Aber es gehört dazu und gibt Sicherheit. Eins muss ich noch klarstellen, meine Freundin hat sich um fast all das gekümmert. Ich bin meistens nur hinterhergedackelt und habe brav an allem teilgenommen. Das Coolste aber, was man während der Schwangerschaft machen kann, ist den Bauch einzuölen, dem Baby zu lauschen und sich zu erschrecken, wenn es einen plötzlich boxt oder sogar nach einem greift. Spooky und mega zugleich.

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