Was ist Luxus?

Was ist Luxus?

Sarah reflektiert über die Bedeutung von Luxus und spricht dazu mit der Gen Z, einer Millennial und einer Zukunftsforscherin

Gerade in der Weihnachtszeit sind wir von sogenanntem Luxus umgeben: Überall locken schöne Schaufenster, Werbeanzeigen und Influencer*innen verführen uns zur nächsten Onlinebestellung. Doch was meinen wir eigentlich, wenn wir von Luxus sprechen? Und hat sich die umgangssprachliche Definition von Luxus heutzutage verändert?

„Luxus ist etwas, das ich nicht brauche, aber möchte“, schreibt ein Follower im Rahmen unserer Instagram-Umfrage, die wir für diesen Artikel gestartet haben, und trifft damit ziemlich genau die offizielle Definition von Luxus auf den Kopf. Diese lautet nämlich:

„ Luxus ist ein kostspieliger, verschwenderischer, den normalen Rahmen (der Lebenshaltung o. Ä.) übersteigender, nicht notwendiger, nur zum Vergnügen betriebener Aufwand; Pracht, verschwenderische Fülle. “

Duden

Für die Nachkriegsgeneration, die unseren heutigen Luxusbegriff mitgeprägt hat, haben Statussymbole wie der Sportwagen vor der Tür einen hohen Stellenwert. Sie waren es, die den Wohlstand mit unermüdlicher Arbeit aufgebaut haben. Womit wir beim springenden Punkt wären: Arbeit – oder genauer: Zeit. Die Diskussion um die Vier-Tage-Woche und die Frage, ob die junge Generation durch die Priorisierung des Privatlebens unseren Wohlstand gefährdet, ist ein Dauerbrenner.

Ist Zeit Luxus?

Ist Zeit der neue Luxus? Das wollte ich von Ronja Ebeling wissen. Die GenZlerin ist Autorin und Gründerin der E-Learning-Plattform Team of Tomorrow für mittelständische Unternehmen. Außerdem berät sie Unternehmen dabei, junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und ein gutes Generationenmiteinander in der Unternehmenskultur zu etablieren. „Für mich ist es ein Luxus, selbstständig arbeiten zu können. Denn so bin ich meine eigene Chefin und kann mehr Urlaub nehmen als in einem klassischen Arbeitsverhältnis.“ 30 Tage Urlaub im Jahr kommen für die 27-Jährige nicht infrage. „Reisen und besondere Erinnerungen sind für mich Luxus, mit klassischen Markenprodukten kann ich nicht viel anfangen“, sagt Ebeling.

Frau im Wald

Credit: Andraz Lazic via Unsplash

Hier setzt auch Clémence Rousseau-Dumarcet an. Sie ist die Gründerin des Slow Living Konzepts Nutchel. Dort kann man in einem Walddorf kleine Holzhütten mieten, die sich auf das Nötigste beschränken und mit möglichst wenig Strom auskommen. Geheizt wird mit einem Holzofen, gekocht auf einem Gasherd. Für Licht sorgen Kerzen und Öllampen. WLAN? Fehlanzeige! „Es ist der größte Luxus, sich von allem, was unseren Alltag schnelllebig macht, lösen zu können – und sich ganz auf die Verbindung zu sich selbst, zur Natur und zu den Lieben, die uns begleiten, zu konzentrieren“, sagt die Gründerin. Das merkt sie auch an der großen Nachfrage.

Zeit, abschalten können, zu sich selbst kommen. Auch wenn ich an meinen Freundeskreis denke, scheint das heute Luxus zu sein. Wohlstand wird mit der Generation der Babyboomer in Verbindung gebracht, die über ihre Verhältnisse gelebt haben, die alles auf Industrie und „höher, schneller, weiter“ gesetzt haben und damit zwar maßgeblich zum Wirtschaftswunder, aber auch zum Klimawandel beigetragen haben. Was ist Wohlstand noch wert, wenn die Welt in Zukunft nicht mehr lebenswert sein wird?

gemütliche Holzhütte im Wald

Credit: Nutchel

Ein Trend zurück zum Statussymbol?

Ein anderes Licht wirft das Jugendbarometer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum. Das Ergebnis: Gerade junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren haben ein großes Interesse an Marken. So haben laut Studie 37 Prozent der Jugendlichen 2022 bewusst ein oder mehrere gefälschte Produkte gekauft. Ein Trend zurück zum Statussymbol?

Das haben wir auch euch, die BEIGE-Community, gefragt. 17 Prozent der Umfrageteilnehmer*innen gaben auf Instagram an, dass ihnen Markenprodukte sehr wichtig sind. Kaum wichtig sind sie 57 Prozent von euch und völlig egal 26 Prozent. Natürlich ist diese Studie nicht repräsentativ, aber sie wirft ein Schlaglicht. Und die Zukunftsforscherin und Soziologin Christiane Dorothea Varga bestätigt den Trend: „Jeder Trend hat einen Gegentrend. Wenn eine Generation einen bestimmten Trend mitgemacht hat, geht es oft nicht linear weiter, sondern es gibt in der nächsten Generation einen Gegentrend – das Pendel schlägt sozusagen wieder in die andere Richtung aus“.

Logomania

Auch die sozialen Medien spielen laut Varga eine große Rolle in unserer Vorstellung von Luxus. Denn die Luxusmarken hätten starke Influencer*innen und Celebrities für sich entdeckt. „Sie zelebrieren wieder den ‚guten alten Bling-Bling-Luxus‘.“ Dass die Markennamen groß auf der Kleidung prangen, würde als Zeichen von ‚Neureichtum‘ gelesen. Das sei dieser Generation aber egal: „Sie spielt damit auch mit einer gewissen Schamlosigkeit“, fasst die Zukunftsforscherin zusammen.

Denn die gesellschaftliche Definition von Luxus ist untrennbar mit der Zeit verbunden, in der wir leben. Und so können Marken als Inbegriff von Luxus als Sicherheitsanker in unsicheren Zeiten wirken. Das ist auch Vargas Fazit: „Ich glaube, was im Kern immer mitschwingt, ist die große Unsicherheit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in einer extrem unsicheren Gegenwart und Zukunft aufwachsen. Sie wollen zumindest hier auf Nummer sicher gehen und unbedingt dazugehören. Da sie leicht beeinflussbar sind, sind sie die perfekte Zielgruppe für diese Form der Inszenierung von Luxus“.

Pärchen, das durch eine weihnachtliche Einkaufspassage läuft

Credit: Dean Xavier via Unsplash

Vielleicht ist es an der Zeit, bei den eigenen Weihnachtswünschen und -Einkäufen mal einen Moment innezuhalten und sich zu fragen: Was ist wirklich der größte Luxus, den ich mir und meinen Liebsten unter den Christbaum legen kann?

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