Gute Perlen, schlechte Perlen?
Sie sind im Trend, sie werden wahnsinnig viel verkauft. Aber wer macht sich Gedanken, wo und wie Perlen produziert werden?
Muscheln und Perlen sind Klassiker – besonders im Sommer. Was wir jedoch gerne vergessen, ist, dass es sich dabei um Lebewesen handelt. Doch eine Frage drängt sich mir seit einigen Monaten regelmäßig auf: Wie passt das mit dem (wichtigen!) und stetig lauter werdenden Ruf nach mehr Nachhaltigkeit zusammen?
Die Frage danach, wie wir unseren Konsum und Alltag gestalten sollten, damit auch noch diverse Folgegenerationen auf diesem Planeten leben können, ist dringender als je zuvor. Die Welt brennt – im wahrsten Sinne des Wortes – und überall brodeln Krisenherde. Was wir brauchen, ist eine Kehrtwende alter Gewohnheiten – und das besonders in der Modeindustrie.
Über die letzten Jahre hat sich das Thema Nachhaltigkeit in der Textilbranche nämlich aus der Nische heraus manövrieren können und ist mit Messen wie der Fashionsustain zu einem ernstzunehmenden Sektor gewachsen. Die Zeiten, in denen man sich zwischen Umwelt und Style entscheiden musste, sind also zum Glück längst Geschichte, das beweisen wir ja seit Jahren immer wieder auf BEIGE! Veganes Leder sieht heute täuschend echt aus und biologisch abbaubare Stoffe wie z.B. Tencel florieren auf dem Markt.
Umso überraschender ist es, dass jeden Sommer aufs Neue Muscheln und Perlen trenden, wie kein anderes Accessoire. Klar, nichts erinnert uns mehr an Sommer, Sonne und Strand als die hübschen Meeresbewohnerinnen – aber was wir bei Perlen besonders gut verdrängen können: Zu ihrer Gewinnung werden die Muscheln in der Regel getötet – und Muscheln sind Tiere. Ob es uns nun passt oder nicht.
Es ist ziemlich genau ein Jahr vergangen, seitdem ich mir das erste Mal darüber Gedanken gemacht habe, wie das saisonlose Accessoires eigentlich gewonnen wird. Damals lief ich in der malerischen französischen Bucht von Arcachon an Muschelzucht-Becken entlang und freute mich bereits auf all das frische Seafood, dass ich am Abend verspeisen würde. Doch noch während des Essens kam plötzlich ein Gedanke auf, der mich so schnell nicht mehr loslassen sollte: Wie konnte es sein, dass meine gesamte – woke – Instagram-Bubble immer veganer wurde und gleichzeitig jeden Sommer genießerische Bilder von Crevetten und Austern postete? Mich ja eingeschlossen!
Exakt einen Verdauungsspaziergang später hatte mein Gehirn es dann geschafft, den Bogen zur Modeindustrie zu schlagen, nämlich als ich mit vollem Bauch an der Strandpromenade entlang schlenderte und die schönen Perlenarmbänder bewunderte. Allesamt aus tierischen Produkten gefertigt. Ich versuche herauszufinden, wie die Perlen gewonnen werden und lande schließlich bei der Tierschutzorganisation PETA. Die folgendes erklären:
- „Die Tiere [= v.a. Austern, Anm. d. Red.] werden hierzu in Zuchtanlagen gehalten und einem invasiven Verfahren unterzogen, das einem chirurgischen Eingriff gleicht. Hierbei wird der Auster ein winziges Stück Mantelgewebe einer sogenannten „Spenderauster“ zusammen mit einem Perlmuttkügelchen in die Mantelhöhle implantiert. Dieser Eindringling verursacht unangenehme Irritationen, die dazu führen, dass die Auster nun Perlmutt absondert, um den Fremdkörper zu umschließen. Sie überzieht ihn immer und immer wieder mit einer Perlmuttschicht, sodass sich eine kugelförmige Perle bildet.“
Muscheln erfüllen im Meer eine Vielzahl ökologischer Aufgaben
Das klingt nun alles andere als vegan! Es stellte sich als erstaunlich schwer heraus, weitergehende seriöse Quellen zur Recherche zu finden. Tina Deines, eine in Albuquerque ansässige Autorin, die sich auf Natur, Umwelt, Wildtiere und Naturschutz spezialisiert hat, schrieb 2018 im National Geografic einen Artikel darüber, wie wenig über den Handel mit Muscheln bekannt sei, obwohl die riesige Industrie weltweit die Meeresfauna zerstöre. So seien v.a. Indien und die Philippinen große Perlen – Lieferanten. Aber auch in Indonesien und in der Karibik würden Muscheln kommerziell ausgeschlachtet. Weiter beschreibt Deines, dass diese Art der Perlengewinnung neben dem Leid der Tiere auch enorme Auswirkungen auf die Umwelt habe. Denn die Muscheln erfüllten im Meer eine Vielzahl ökologischer Aufgaben: So trügen viele Muschelarten zur Reinigung des Wassers bei und dienten außerdem als Nahrung für andere Meereslebewesen. Den wirklich lesenswerten Artikel findet ihr hier.
Heißt das also, wir müssen uns verabschieden vom Sommertraum in Perlmutt? „Nein“, sagt das Forschungsprojekt Sustainable Pearls. Dort wird fachübergreifend und auf allen Ebenen der Perlenzucht-Lieferkette gearbeitet – unter anderem dazu, wie Gemeinden in den Perlenzuchtgebieten von einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Zucht profitieren können.
Dafür hat das Projekt fünf Nachhaltigkeitsgrundsätze für die Meeresperlenzucht entwickelt: Erstens steht der Schutz der Biosphäre im Vordergrund. Dies umfasst neben dem Erhalt der biologischen Vielfalt des Ökosystems auch Kompensationsmaßnahmen für getätigte Eingriffe. Zweitens müssen erneuerbare und natürliche Ressourcen bevorzugt genutzt werden. Das dritte Prinzip schreibt eine transparente Produktion vor, sowie das Offenlegen aller Herkunftsangaben. Neben den genannten ökologischen Aspekten befasst sich der vierte Grundsatz mit der sozialen und kulturellen Verantwortung des Farmbetriebs, nämlich durch eine Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinschaften. Hier knüpft auch das fünfte Prinzip an, welches sicherstellt, dass die Unternehmensleitung für die Umweltpolitik verantwortlich ist und im gesamten Produktionsablauf alle lokalen Gesetze eingehalten werden. Besonders der letzte Grundsatz sollte selbstverständlich sein, ist es aber mitnichten. Das beschreibt auch Tina Deines im oben zitierten Artikel: Viele Perlen, die in der Produktion landen, stammen von streng geschützten Muschelarten. Ihre Tötung ist illegal.
Doch nicht nur die Forschung hat das Problem erkannt – und BEIGE wäre nicht BEIGE, wenn ich euch nicht doch noch die ein oder anderen Shoppingtipps mitgeben könnte, auch, wenn ich zugeben muss, dass diese in Bezug auf nachhaltigen Perlenschmuck etwas dürftig ausfallen. Denn obwohl es inzwischen diverse Labels gibt, die auf recycelte und konfliktfreie Edelmetalle achten, gibt es bezüglich des Bewusstseins für nachhaltigen Perlenschmuck noch großen Nachholbedarf in der Branche.
Schaut doch mal bei Wald Berlin, Bruna The Label, Dear Darling Berlin, Akind oder bei der Fairtrade Goldschmiede Oronda vorbei. Sie alle eint eine nachhaltige Unternehmensstrategie – und Perlen!
Dieser Artikel ist Werbung, da er Markennennungen enthält.