Ökologisch, praktisch, gut – Wie Ökosiegel uns bei der Kaufentscheidung helfen können

Ökologisch, praktisch, gut – Wie Ökosiegel uns bei der Kaufentscheidung helfen können

Es gibt immer mehr Ökosiegel für Bekleidung und Textilien. Um nicht völlig den Überblick zu verlieren, haben wir die wichtigsten aufgelistet

Es gibt immer mehr Ökosiegel für Bekleidung und Textilien. Um nicht völlig den Überblick zu verlieren, haben wir die wichtigsten aufgelistet

Puh, da habe ich mir ja etwas aufgehalst. Ich bin völlig erschlagen von den ganzen Informationen rund um verschiedene Bio-Siegel für Bekleidung. Ich dachte also, dass es eine gute Idee ist, euch die wichtigsten und strengsten Ökosiegel der Textilbranche in einem Artikel zusammenzufassen. Damit ihr nicht wie ich stundenlang in den Tiefen des Internets verloren geht und vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr seht. Gern geschehen!

Das Geschäft mit Bekleidung ist extrem undurchsichtig, vor allem, wenn es um vermeintlich nachhaltige Produktion und Greenwashing geht. Es gibt viele Siegel, die Marken sich quasi selbst erdacht und verliehen haben. Beim Herstellungsprozess von der Rohfaser zum fertigen Produkt durchläuft ein Kleidungsstück mehrere, manchmal unzählige Betriebe rund um den Globus, was es den Konsumenten bisweilen unmöglich macht, den Überblick zu behalten. Ökosiegel sind da eine feine Sache. Sie stärken das Vertrauen der Verbraucher und sind in einer Veränderung der Strukturen zu nachhaltigen Herstellungsprozessen in der Textilindustrie unumgänglich. Nach diesem Artikel findet ihr euch problemlos im Dickicht der Siegel zurecht, los geht's!

GOTS-Siegel

Der „Global Organic Textile Standard“, kurz GOTS-Siegel, ist wohl eines der bekanntesten Ökosiegel für nachhaltig gefertigte Kleidung. Neue Labels, die sich mit diesem Orden für ökologische Herstellung schmücken, schießen momentan wie Pilze aus dem Boden. Kein Wunder, ist es doch weltweit der führend anerkannte Standard für die Verarbeitung von Textilien aus biologisch erzeugten Naturfasern. Es gibt zwei verschiedene Kennzeichnungen: Bei GOTS kba (kontrolliert biologischer Anbau) / kbt (kontrolliert biologische Tierhaltung) oder bio/organic müssen 95 Prozent der Fasern aus ökologischem Anbau stammen, bei der Kennzeichnung „hergestellt aus x Prozent kba/kbt“ oder „made with organic“ mindestens 70 Prozent. Ich könnte euch jetzt lang und breit aufzählen, nach welchen Richtlinien der GOTS-Standard arbeitet, aber da das hier ja auch ein bisschen Spaß machen soll, fasse ich hier die wichtigsten Punkte zusammen:

Der Zusatz von fragwürdigen Stoffen wie Formaldehyd oder toxischen Schwermetallen ist verboten. Alle in der Lieferkette einbezogenen Betriebe müssen über ein Umweltschutzprogramm mit Zielsetzungen verfügen, um zum Beispiel auch Abfälle und Abwasser zu minimieren. Das Verpackungsmaterial darf kein PVC enthalten. Und auch technische Qualitätsanforderungen bestehen; zum Beispiel für die Waschechtheit oder die Einlaufwerte.

Natürlich berücksichtigt das GOTS-Zertifikat auch soziale Kriterien und so sind Bedingungen verboten, die sowieso verboten gehören. Es gibt keine Zwangsarbeit und erst recht keine Kinderarbeit. Es gibt keine unmenschlichen 16-Stunden-Tage. Arbeitsplätze müssen sicher sein, es gibt Mindestlohn und Arbeitnehmervertreter.

Kurzum, wer Kleidung kauft, die GOTS-zertifiziert ist, kann sich sehr sicher sein, ein Stück Stoff in Händen zu halten, für das weder die Umwelt, noch der Mensch leiden mussten. Wer sich genauer mit diesem Label auseinandersetzen möchte, findet detaillierte Informationen auf der Seite des Global Organic Textile Standards. Dort findet ihr übrigens auch eine Liste mit Händlern, die GOTS-zertifizierte Ware anbieten.

Oeko-Tex Made in Green Siegel

Die unabhängige Oeko-Tex Gemeinschaft bietet viele verschiedene Siegel an. Dabei ist Oeko-Tex Made in Green das strengste und umfangreichste aller Siegel. Die Materialien, die zur Kleiderherstellung verwendet werden, sind mithilfe des weit verbreiteten Oeko-Tex Standard 100 auf Schadstoffe geprüft, werden unter Einsatz umweltfreundlicher Prozesse hergestellt und auch sichere und sozial verantwortliche Arbeitsbedingungen sind in den Richtlinien fest verankert. Besonders transparent ist das Oeko-Tex-Label dadurch, dass jegliche Textilien mit einem QR-Code versehen sind und der Verbraucher den genauen Herstellungsweg des gekauften Kleidungsstückes nachvollziehen kann. Die Lieferkette ist also zu 100 Prozen für die Kunden nachvollziehbar. Alle Fabriken folgen dem umfassenden und firmeneigenen Nachhaltigkeits-Programm STeP, das die bereits genannten drei Bedingungen streng auf Einhaltung kontrolliert.

Die Chemikalienregulierung in den Fabriken entspricht den höchsten Anforderungen am Markt und Greenpeace zählt das Siegel zu den strengsten, die es momentan gibt. Genauso wie GOTS, lässt Oeko-Tex nicht nur Naturfasern, sondern auch recycelte Mischgewebe in ihren Textilien zu. Das schränkt die Kreislauffähigkeit eines Produktes ein, da es nicht vollständig recycelt oder in der Umwelt abgebaut werden kann. Dennoch fahrt ihr mit Kleidung oder Textilien unter diesem Standard sehr gut.

IVN Best Siegel

Wer wirklich, wirklich alles richtig machen will, der*die achtet beim nächsten Einkauf auf das IVN Best Siegel (Internationaler Verband 
der Naturtextilwirtschaft e. V.). Alteingesessene Ökomarken wie Hess Natur tragen dieses Siegel. Der maßgebliche Unterschied zu den anderen bereits sehr strengen Siegeln ist, dass hier wirklich nur Naturtextilien erlaubt sind. Alles muss zu 100 Prozent aus kontrolliert biologischem Anbau beziehungsweise Tierhaltung stammen. Sogar das Nähgarn, das wegen der Haltbarkeit und Reißfestigkeit meist aus Polyester besteht, muss hier noch mit einem Baumwollgarn ummantelt sein. Gefärbt wird nur in Druckverfahren, die auf Wasser oder natürlichen Ölen basieren. Das Merzerisieren – ein Veredelungsprozess für Baumwolle, bei dem mit Natronlauge gearbeitet wird – ist verboten.

Ich könnte die Liste noch ewig weiterführen. Wer sich das alles nochmal genau durchlesen will, kann dies auf der Homepage des IVN tun. Übrigens kommen IVN und GOTS aus dem gleichen Hause, die genauen Unterschiede findet ihr hier noch einmal detailliert aufgelistet. Sehr interessant fand ich, dass beim GOTS-Siegel keinerlei Kinderarbeit erlaubt ist, beim IVN jedoch schon. Dafür sind arbeitende Kinder bei IVN Best umfangreicher geschützt als beim GOTS-Standard. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass die Herstellung von Kleidung mit dem IVN Best Siegel überwiegend um Betriebe in Europa handelt, weshalb es sich bei den Kindern um Jugendliche von mindestens 16 Jahren handelt.

Das IVN Best Siegel gibt es auch für Leder. Erlaubt sind nur Häute von Tieren aus der Fleischgewinnung. Bedrohte Tierarten sind natürlich davon ausgeschlossen. Kälte und Salz konservieren und reinigen die Haut, die konventionell mit chemischen Konservierungsmitteln gegerbt würde. Die fragwürdige Chromgerbung ist natürlich nicht gestattet. Mehr Informationen zum Thema Leder auch findet ihr hier.

Fair Wear Foundation

Eine gute Anlaufstelle, um überhaupt mal mit den Lieferketten und Herstellungsprozessen in der Textilindustrie vertraut zu machen, ist die Fair Wear Foundation. Die FWF ist eine europäische Non-Profit-Organisation mit Hauptsitz in den Niederlanden. Sie kämpft vor allem für faire Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken. Das heißt allerdings, dass die Baumwolle nicht aus ökologischem Anbau stammen muss und allerlei Farbstoffe und Chemikalien nicht aus dem Herstellungsprozess ausgeschlossen werden.

„ „Haltet eure Kunden nicht mit leeren Versprechen hin, die noch Jahre entfernt sind!“ “

Die Fair Wear Foundation arbeitet gezielt mit Marken zusammen und schaut, was in der Macht der jeweiligen Brand steht, um Veränderung voranzubringen. Das heißt, es muss nicht erst ein mehrjähriger Umstellungsprozess durchlaufen werden, um sich mit dem Label der Fair Wear Foundation schmücken zu dürfen. Die Foundation selbst sagt von ihrer Arbeit, dass sie ein ständiger Prozess ist, dass es auch Rückschritte geben kann, aber die Richtung immer nach vorne und zu besseren Arbeitsbedingungen für die Fabrikarbeiter geht. Die Fabriken werden jährlich geprüft und es gibt ein Beschwerdeverfahren, in dem Arbeiter Arbeitsrechts- oder sogar Menschenrechtsverletzungen melden können. Diese werden hier für jeden zugänglich aufgelistet.

Ich finde es immer wieder atemberaubend, dass sogar Takko Fashion Mitglied bei der Fair Wear Foundation ist. Natürlich ist die Marke noch weit weg von ökologischer Herstellung, aber wenn diese Billigkette es schafft, faire Arbeitsbedingungen in ihren Fabriken zu garantieren, warum zur Hölle können so viele andere das nicht? Vor allem weil die Fair Wear Foundation Firmen dort trifft, wo sie gerade stehen und nicht irgendwelche Versprechen bis 2030 eingehalten werden müssen. Tut jetzt etwas, fangt jetzt an, etwas zu verändern und haltet eure Kunden nicht mit leeren Versprechen hin, die noch Jahre entfernt sind! Alle Marken, die Mitglied bei der Fair Wear Foundation sind, findet ihr hier.

Um das extrem komplexe Verfahren der Bekleidungsherstellung auch nur im Ansatz zu verstehen, schaut euch das folgende Video der FWF an:

Es bleibt noch zu erwähnen, dass all diese Siegel natürlich nur nach einem sehr strengen und umfangreichen Prüfverfahren verliehen werden und GOTS, Oeko-Tex oder IVN Best für die Auszeichnung selbstredend auch zur Kasse bitten. Die Verträge werden meist jährlich erneuert und bezahlt. Deshalb schreckt nicht davor zurück, wenn ihr das nächste Mal bei Instagram oder in einem unserer Nachhaltigkeits-Artikel ein kleines, feines Label entdeckt, dass keine Auszeichnung hat. Es bedeutet nicht automatisch, dass sie nicht ökologisch und sozial verantwortliche Kleidung herstellen, sondern vielleicht nur, dass sie noch nicht über genug Geld verfügen, um sich ein Siegel leisten zu können. Oder aber sie befinden sich gerade in der Transformationsphase und halten ihre Auszeichnung schon bald in den Händen.

Natürlich gibt es noch viele weitere Siegel, die aber alle nicht so streng oder undurchsichtiger sind. Um euer Bauchgefühl beim Einkaufen im grünen Bereich zu halten, habe euch hier wirklich nur die Perlen herausgefischt. Die nachhaltige Informationsseite Utopia hat immer sehr gute Zusammenfassungen und aktualisiert seine Listen regelmäßig. Wer also noch mehr über Ökosiegel für Textilien erfahren will, surft einfach hier vorbei.

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