Weil es uns zu gut geht – Die besten Apps und Initiativen zum Retten von Lebensmitteln

Weil es uns zu gut geht – Die besten Apps und Initiativen zum Retten von Lebensmitteln

Jede Minute landet in Deutschland eine LKW-Ladung Lebensmittel im Abfall. Diese Organisationen wollen das ändern

Mit Essen spielt man nicht. Das wissen wir alle. Aber man muss es auch nicht wegschmeißen

Die Deutschen und ihre Lebensmittel. Es ist ein leidiges Thema. Weltweit hungern etwa eine Milliarde Menschen – die Gründe dafür sind vielschichtig: (Bürger-)Kriege, Umweltverschmutzung und durch die Erwärmung der Erde immer häufiger werdende Klimakatastrophen sind sicherlich die Hauptfaktoren. Gleichzeitig gehen laut einer Studie des WWF rund 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel entlang der Wertschöpfungskette bis zu den Endverbraucher*innen verloren.

Allein in Deutschland landen jährlich etwa 13 Millionen Tonnen Nahrung im Abfall – Essen, das größtenteils noch genießbar wäre. Das entspricht etwa 83 Kilo Lebensmittel pro deutschem Haushalt im Jahr. Beschämende Zahlen. Zeigen sie doch, dass es uns, was das Thema Essen angeht, hierzulande ganz eindeutig zu gut geht und wir in einem Überfluss leben, den wir nicht unter Kontrolle haben.

Das Wegwerfen von Nahrungsmitteln entkriminalisieren

Gleichzeitig bewegen sich Menschen, die diesem Wegwerfwahn etwas entgegensetzen wollen und aktiv nach Lösungen suchen, noch immer mehr oder weniger in der Illegalität. So ist es Diebstahl noch essbare Nahrungsmittel aus den Containern von Supermärkten zu fischen. Bisher. Ende vergangener Woche machte der Vorstoß des grünen Hamburger Senators Till Steffens für Hoffnung: Bereits Anfang Juni sollen die Justizminister der Bundesländer bei einer Konferenz darüber entscheiden, ob das Containern deutschlandweit entkriminalisiert werden soll. And it's about fucking time!

Bereits 2016 erließ unser Nachbarland Frankreich ein Gesetz, das Supermärkte über 400 Quadratmeter Ladenfläche dazu verpflichtet, unverkaufte Nahrungsmittel an karitative Organisationen zu spenden. Es geht nämlich ganz wunderbar, wenn man nur will.

Ihr müsst nicht warten, bis die Lebensmittel im Abfalleimer liegen

Beim Thema Nahrungsmittelverschwendung geht es indes nicht nur um moralische Fragen. Auch der Klimaschutz spielt eine große Rolle. Denn die Energie, die für die Erzeugung der Lebensmittel aufgewendet wurde, wird beim Wegwerfen der Ware verschwendet. Das trifft sowohl auf Supermarkt-Artikel, aber auch auf Lebensmittel aus der Gastronomie zu. Der ökologische Rucksack von zubereiteten Speisen ist sogar noch größer. Bis 2030 will unsere Bundesregierung dafür sorgen, dass in deutschen Haushalten und dem Einzelhandel nur noch halb so viele Nahrungsmittel im Abfalleimer landen. Wir sind also, wenn auch wieder reichlich spät, einen Schritt weiter, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Doch ihr müsst schon lange nicht mehr warten, bis die Mühlen der Bürokratie sich in Bewegung setzen.

Gegen die Verschwendung von Lebensmitteln sind (Not macht erfinderisch) inzwischen reichlich Apps und Organisationen an den Start gegangen, die ich euch hier heute vorstellen möchte. Denn so lobenswert der Vorstoß von Steffens ist: Ihr müsst nicht warten, bis die Lebensmittel im Abfalleimer liegen, sondern könnt schon vorher dafür sorgen, dass sie ihren Weg auf eure Teller und in eure Kühlschränke finden. Ganz legal. Los geht das!

ResQ Club

Das finnische Unternehmen ResQ-Club verbindet die Verbaucher*innen mit nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen und Betrieben. Über die App könnt ihr Partnerbetriebe und Gerichte auswählen, direkt bezahlen und dann ebenfalls direkt abholen. Im Schnitt spart ihr dabei rund die Hälfte des Menüpreises. Das Konzept ist also grob das Gleiche, wie bei To Good to Go. Aber wie heißt es so schön? The more the merrier!

In Berlin sind unter anderem Beets & Roots und The Bowl mit dabei! Einziger Wermutstropfen: In Deutschland sind die Angebote bisher nur in Berlin und Duisburg verfügbar. Weitere Städte sollen laut den Betreiber*innen aber ganz bald folgen.

Die ResQ-Club App findet ihr im App-Store und bei Google Play.

Too Good to Go

Die Idee hinter dieser App ist so simpel wie effektiv. Bei To Good to Go kommen Endverbraucher*innen und Betriebe zusammen und arbeiten gemeinsam dafür, dass weniger Lebensmittel im Abfalleimer landen. Öffnet ihr die App, werden euch die Betriebe und Restaurants in eurem Umkreis angezeigt, die mitmachen. Ihr könnt dann ganz bequem die Nahrungsmittel oder Gerichte auswählen und bezahlen, die andernfalls am Ende des Tages entsorgt würden. Dann müsst ihr eure Portion nur noch im angegebenen Zeitfenster abholen, fertig.

Günstiges Essen für euch, Geld für die Betriebe und weniger Essen im Müll! Win-win, würde ich mal sagen!

Die Too Good to Go App findet ihr im App-Store und bei Google Play.

Zu gut für die Tonne

Da soll mal einer unsere Politik verstehen. Einerseits passiert jahrelang nichts, um aktiv gegen die Verschwendung von Lebensmitteln anzugehen und Menschen, die containern gehen, werden wie Kleinkriminelle behandelt. Anderseits hat das Bundesministerium für Ernährung bereits 2012 die Kampagne Zu gut für die Tonne gestartet, zu der natürlich auch eine passende App gehört.

Natürlich sind sowohl das Konzept als vor allem die App sehr lobenswert, weshalb ich sie hier unbedingt vorstellen möchte. Zu gut für die Tonne möchte verhindern, dass wir bereits gekaufte Lebensmittel in die Tonne hauen, weil wir denken, dass sie abgelaufen sind, sie falsch gelagert haben oder schlicht nicht wissen, was wir damit anstellen sollen. Über 550 Rezepte, Wissenswertes zu Haltbarkeit und Lagerung und ein komplettes Lebensmittellexikon warten hier auf euch!

Auch die Zu gut für die Tonne App findet ihr sowohl im App-Store als auch bei Google Play.

UXA – Die Foodsharing App

Die noch junge Münchner App UXA Foodsharing ist wie Ebay Kleinanzeigen – nur für Lebensmittel! Morgen geht es in den Urlaub und ihr habt noch den halben Kühlschrank voll mit genießbaren Lebensmitteln? Einfach ein Foto machen, auf UXA teilen und warten, bis das Essen abgeholt wird. That's it!

Schlicht und ergreifend und bisher ausschließlich für den privaten Austausch gedacht.

Die UXA Foodsharing App könnt ihr im App-Store und bei Google Play finden.

Foodsharing

Foodsharing ist viel mehr als nur Idee. Es ist eine engagierte Initiative, die sich aktiv in den Medien und mit Aktionen, Workshops und Vorträgen gegen das Verschwenden von Lebensmitteln einsetzt. Dieser bildungspolitische Ansatz macht die Arbeit von Foodsharing so wertvoll, da hier nicht nur die Symptome, sondern die Ursachen von Lebensmittelverschwendung bekämpft werden. 2012 in Berlin entstanden, ist die Initiative nun international mit 200.000 Nutzer*innen aktiv. Über die Plattform wird sich koordiniert und ausgetauscht sowie Aktionen und Veranstaltungen geplant.

Die interaktive Karte gibt euch eine Übersicht der angebotenen Lebensmittel in deiner Nähe. Es kann sich außerdem direkt ausgetauscht werden. Ihr wollt mitmachen? Prima, dann meldet euch doch direkt an und teilt und tauscht eure Lebensmittel!

Etepetete

Retterbox nennt Etepetete das, was ihr regelmäßig an Essen direkt an die Haustüre geliefert bekommt. Gerettetes Essen? Genauer gesagt, Obst und Gemüse, das aufgrund seines Aussehens (schief, krumm, unansehnlich) niemals den Weg in die perfekte Auslage der Supermärkte finden würde. Denn das Auge isst bekanntlich mit ... jedoch leider auch bei Nahrungsmitteln, wo das Aussehen keinesfalls etwas über die Qualität der Ware aussagt. Krümme Möhrchen, dreibeiniges Wurzelgemüse, Paprika mit Auswüchsen – alles Lebensmittel, die im täglichen Leben oftmals achtlos zurückgelassen werden.

Die Köpfe hinter Etepetete haben sich ein Netzwerk an regionalen Bio-Bauern aufgebaut und stellen aus ebendiesen Produkten die krumme Gemüsekiste zusammen. Die könnt ihr abonnieren und erhaltet in von euch festgelegten Intervallen das Biogemüse und -obst zugestellt.

Smart, lieb, nachhaltig, überzeugend!

Sir Plus

Das Social Impact Startup Sirplus aus Berlin rettet überschüssige und abgelaufene Lebensmittel und bringt sie über die eigenen Supermärkte und einen Onlineshop wieder in den Kreislauf zurück. Seit 2017 sind die Gründer Raphael Fellmer und Martin Schott gegen Verschwendung unterwegs und konnten bereits viel erreichen. Dabei sammelt Sirplus nur jene Lebensmitteil ein, die gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln aus unterschiedlichen Gründen nicht mitgenommen haben.

Diese Ware wird dann kostengünstig eingekauft und für einen Bruchteil des Originalpreises über die eigenen Vertriebswege an den Mann und die Frau gebracht. Das Besondere: Auch Kosmetik und Artikel des täglichen Gebrauchs werden verkauft.

Gerade läuft noch eine Startnext-Kampagne, mit deren Unterstützung ihr es Sirplus ermöglicht, weitere Filialen in Deutschland zu eröffnen. Die bisherigen Berliner Standorte findet ihr hier.

Unverpackt Supermärkte

Zugegeben: Unverpackt Supermärkte haben ihren Fokus nicht auf dem Retten von abgelaufenen Lebensmitteln. Doch einer der Hauptgründe für unsere Verschwendung sind die unpassenden Mengen, in denen wir unsere Nahrung oft kaufen müssen. Ich habe oftmals das Gefühl, dass die Industrie ausschließlich in vierköpfigen Familien denkt, wenn sie die angebotenen Mengen ihrer Produkte festlegen.

Bei den Unverpackt Supermärkten nehmt ihr immer nur so viel mit, wie ihr gerade braucht und lauft auf diese Weise nicht Gefahr, euch mit der eingekauften Warenmenge komplett zu überschätzen. Diese Tatsache macht auch dieses Konzept effektiv im Kampf gegen Verschwendung und Überproduktion. Eine Liste aller Unverpackt Läden in Deutschland habe ich euch in diesem Artikel verlinkt.

Was ihr ansonsten tun könnt

Bester Tipp ever, aber: Nicht hungrig Einkaufen gehen. Dann entscheidet nämlich der Magen, was im Korb landet und wir wissen alle, wie das endet.

Keine Angst vor Singles: Kauft einzelne Bananen. Sie bleiben nämlich oft liegen und landen schließlich im Abfall. Warum? Wir tendieren schlicht dazu, Bananen immer mindestens im Zweierpack zu kaufen.

Unterstützt Vielseitigkeit: Verknotete Karotten, unansehnliche Äpfel und eine angedetschte Gurke? Steck sie ein, sonst macht es (leider) niemand.

Schaut auf das Ablaufdatum – und darüber hinaus: Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist genau das, nämlich ein MINDESThaltbarkeitsdatum. Der Joghurt schmeckt auch noch zwei Tage später und Eingemachtes sogar mehrere Wochen. Einzige Ausnahme: rohes Fleisch und Fisch.

Lagert richtig: Viele Nahrungsmittel werden schneller schlecht, weil sie nicht richtig gelagert werden. Daher noch mal zum Mitschreiben. Zubereitetes im Kühlschrank nach oben, dann kommt die Milch, über die Schublade kommen Fisch und Fleisch. In die Schublade Gemüse und Obst und in die Tür schließlich Eier, Getränke, Aufstrich und Co. Easy, oder?

Werdet kreativ: Lauter Essensreste im Haus und keine Ahnung, was man damit anstellen kann? Neben der obengenannten App wartet im Netz noch ein Meer an Kochseiten auf euch, deren Rezepte das Beste aus euren Resten herausholen!

Und wenn alle Stricke reißen: Foodsharing-App anschmeißen und ab dafür! In die Tonne muss ab sofort nun wirklich nichts mehr wandern!

Kennt ihr noch weitere Apps oder habt zusätzliche Tipps, Tricks und Organisationen, sie sich gegen Lebensmittelverschwendung stark machen? Dann teilt sie mit mir in den Kommentaren, ich bin ganz neugierig darauf!

Dieser Artikel ist Werbung, da er Markennennungen enthält.

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