Ich fahre Diesel und kaufe Secondhand. Wie zur Hölle passt das zusammen?

Ich fahre Diesel und kaufe Secondhand. Wie zur Hölle passt das zusammen?

Wie trifft man die richtigen Entscheidungen für die Umwelt?

Wie trifft man die richtigen Entscheidungen für die Umwelt?

Vor diesem Text muss ich einiges klarstellen. Wir alle sollten uns um einen nachhaltigeren und umweltbewussteren Lebensstil bemühen. Ich setze mich sehr mit meinem Konsum auseinander, spare Müll ein, kaufe Secondhand oder von umweltbewussten Betrieben und finde es überhaupt nicht falsch, sich mehr mit unserer Umwelt zu beschäftigen und ihr in dieser hoch digitalisierten und motorisierten Welt wieder etwas näherzukommen. 

Aber zur gleichen Zeit esse ich Fleisch und trinke Kuhmilch, fahre meinen Golf Diesel durch die Gegend und beziehe keinen Ökostrom. Das könnte man verlogen nennen. Ich habe für mich aber einfach bei vielem noch nicht den richtigen Weg gefunden. Jede*r, die*der eine differenzierte Meinung haben will, muss sehr viel hinterfragen und nach Ursache, Lösung, Alternative, Ist-Zustand und noch vielem mehr forschen. Deshalb konnte ich mich bei einigen Dingen noch zu keiner Entscheidung durchringen, wo für viele der Weg ganz klar ist. Kurz gesagt, ich bin durchaus ein umweltbewusster Mensch, aber ich bin auch kritisch und hinterfrage dort noch, wo schon längst alle überzeugt sind. Deshalb lasst uns doch einfach mal frei von Ideologie diskutieren, wenn ich hier ein paar Einwände in den Raum werfe. Ganz im Sinne der Konfrontation.

Warum ich mir in naher Zukunft kein Elektroauto anschaffen werde

Elektroautos:

Ich fahre sehr oft mit meinem Auto durch Berlin. Das ist hochschwanger und mit einem Kleinkind, das alles lieber tut, als im Kinderwagen sitzen zu bleiben, einfach um einiges entspannter. Auch weite Strecken in die alte Heimat oder den Urlaub bezwinge ich meist mit meinem Diesel. Ein schlechtes Gewissen hat mich bis jetzt noch nicht geplagt. Denn wenn man bedenkt, wie viel Energieverbrauch ein Elektroauto vom Bau bis zur Entsorgung der Batterien hat, kann man getrost seinen Diesel oder Benziner noch ein Weilchen fahren, bis die Elektroautos soweit sind. 

Von dem ganzen Dieselfahrverbot-Wahnsinn profitieren auch nur die großen Autokonzerne, weil viele Autofahrer sich nun überstürzt neue Autos kaufen, um das drohende Fahrverbot zu umgehen. Ich kann mir denken, wer sich da vor lauter guten Geschäften die Hände reibt. Autofahrer werden auf eigene Kosten bestraft, obwohl doch die Konzerne und auch die Politik, die in dem Bereich viel zu wenig gemacht hat, in die Verantwortung genommen werden müssten!

Doch zurück zu den Elektroautos. Mir stellt sich die Frage, wie ich mit einem Elektroauto Wege von über einhundert Kilometern zurücklegen kann, ohne wie vor hundert Jahren mehrere Tage für eine Reise einzuplanen. Und wo stehen überhaupt die ganzen Aufladestationen für die Autos? Außerhalb von Berlin habe ich noch nicht viele gesehen, geschweige denn an Tankstellen. Eine Komplettaufladung für so ein Auto dauert natürlich auch mehrere Stunden, da ist Geduld und Zeit gefragt. 

Außerdem wären wir dann wieder bei der Frage angelangt, wo denn der Strom herkommt, der diese Autos auflädt? Bisher immer noch zu 60 Prozent aus Kohlestrom. Der ADAC hat in einer Studie 2013 berechnet, dass ein Elektro-Smart, dessen Batterie mit Braunkohlestrom aufgeladen wird, ungefähr 107 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt. Ein Diesel-Smart dagegen nur 86 Gramm. Wer dann noch die Fertigung eines Elektroautos mit in die Ökobilanz einbezieht, kann nur noch den Kopf schütteln über den ganzen Diesel-Gate und die Subventionen für die Elektroautoindustrie. Vor allem die Produktion der Batterie verschlingt extrem viel Energie. Für eine einzige Batterie wird so viel Energie verbraucht, wie in 10 000 Litern Benzin steckt. Mit so viel Sprit kann ein normaler Mittelklassewagen gut 100 000 Kilometer zurücklegen. Klar, die besten Alternativen sind auf öffentliche Verkehrsmittel und das Rad umzusteigen. Hier darf man aber nicht vergessen, dass es noch ganz schön viele Menschen gibt, die nicht in dicht besiedelten Städten leben und die auf dem Land durchaus zehn oder mehr Kilometer zurücklegen müssen, um zum nächste Supermarkt zu gelangen.

Stickstoffdioxidbelastung:

Das Umweltbundesamt hat eine Studie herausgebracht, nach der es bereits 6000 vorzeitige Todesfälle wegen Stickoxidbelastung und Feinstaub gegeben hat. Das finde ich eine höchst anmaßende Behauptung. Um so etwas festzustellen, müsste man zwei vollkommen gleiche Menschen vergleichen, die in ihrem Leben nur mit unterschiedlichen Stickoxid- und Feinstaubbelastungen konfrontiert wären. Sie müssten den gleichen Lebensstil haben, sich gleich ernähren, eine gleiche Veranlagung für Krankheiten haben, gleich viel Stress ausgesetzt sein, ich könnte die Liste noch ewig weiterführen. Das bei 6000 unterschiedlichen Menschen pauschal sagen zu können, halte ich doch für sehr unhaltbar.

Die NO2-Grenzwerte von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter sind niedrig. Das sagen inzwischen auch viele Wissenschaftler, unter ihnen der Direktor des Instituts für Biologische Sicherheitsforschung in Halle (Saale), Professor Alexander Kekulé. Dieser ist Biochemiker und war Mitglied der Regierungskommission für Bevölkerungsschutz und untersuchte jene WHO-Protokolle, nach denen sich das Umweltbundesamt gerichtet hat. Sein Ergebnis war, dass in den WHO-Studien keine eindeutigen Erkenntnisse zu finden seien, ab welcher Dosis NO2  gefährlich werden könnte. Einen gut recherchierten und vielschichtigen Artikel dazu gibt es bei Zeit-Online.

Auch interessant ist, dass in den USA ein durchschnittlicher NO2-Grenzwert von 100 Mikrogramm pro Kubikmeter gilt, obwohl die Amerikaner oft noch strengere Gesetze für die Luftreinhaltung haben als die EU. Ob man anhand seines Wohnortes wohl belastbarer wird? Warum sollte ein Amerikaner mehr Stickstoffdioxidbelastung verkraften als ein Europäer?

Die ganzen Dieselfahrverbote, die auf diese Studie des Umweltbundesamtes folgten sind ebenfalls nur halb durchdachte Maßnahmen. Auf verschiedenen Streckenabschnitten in Städten gibt es nun schon Fahrverbote. Bald soll eins auf der Bonner Reuterstraße herrschen. Die Folge dieses Fahrverbots: Dieselfahrer weichen einfach auf die viel kleineren und dichter bewohnten Nebenstraßen aus, auf denen wiederum kein Verbot herrscht. Das Gleiche passiert in Hamburg, wo die Max-Brauer-Allee auf einem Abschnitt nicht befahren werden darf. Vier Kilometer weiter fahren aber fröhlich die Container-Schiffe auf der Elbe, die einen um ein Vielfaches höheren NO2-Ausstoß haben als ein Dieselwagen. Ich finde das alles sehr undurchdacht und aktionistisch. Schließlich macht der Feinstaub oder das Stickstoffdioxid in der Luft nicht vor gewissen Straßenbereichen Halt und sagt sich: „Ach nee, hier darf ich ja nicht mehr durch.“

Plastiktüten sind in der Herstellung umweltfreundlicher als Jute und Papier

Plastiktütenverbot:

Ich glaube, diese Nachricht ist schon zu vielen durchgedrungen. Eine Plastiktüte verbraucht erheblich weniger Energie bei der Herstellung als eine Papiertasche oder ein Jutebeutel. Inzwischen bringen immerhin mehr Kunden ihre eigenen Taschen und Körbe zum Einkauf mit, dennoch beobachte ich noch genug Menschen, die großzügig nach den inzwischen nur noch erhältlichen Papiertüten an der Supermarktkasse greifen. Die sind zwar einfacher und umweltfreundlicher zu entsorgen, aber wenn man den Energieverbrauch und somit den CO2-Ausstoß der Herstellung betrachtet, ist das ein immenser Unterschied. Die Papiertüte reißt auch viel öfter als die Plastiktüte, der wenigstens noch als Mülltüte ein zweites Leben beschert werden kann. Ich finde es super, dass es inzwischen keine Plastiktüten mehr zu kaufen gibt, aber es gibt einfach noch zu wenige, die ihre eigenen Behältnisse mitbringen, als dass man den Wechsel zu Papiertüten ökologisch nennen könnte. Zu einem Umdenken in der Gesellschaft hat das jedenfalls nicht geführt. Wer früher verschwenderisch Plastiktüten verbraucht hat, tut das jetzt eben mit denen aus Papier.

Plastikbesteck- und Strohhalmverbot in Supermärkten:

Wie haben sie alle gejubelt, als letztes Jahr die EU-Kommission einen Vorstoß zum Verbot von Plastikbesteck und -strohhalmen bekannt gab. Endlich sollen diese aus Supermarktregalen verschwinden. Wie wunderbar! Aber auch das ist wieder ein lächerlicher Tropfen auf dem heißen Stein. Als würde auf dieses Verbot jetzt die ganz große Wende in der Umwelt- und Müllpolitik folgen. Auch Georg Mehlhart, Ressourcen-Experte am Öko-Institut in Freiburg, stellt infrage, wie relevant das Thema Plastikbesteck überhaupt ist. „Wenn es um die Verschmutzung der Meere geht, gibt es viel größere Probleme.“ Mikroplastik, das auch in Pflegeprodukten enthalten ist oder natürlich Verpackungen.

Warum ist man nicht gleich das Problem der Verpackungen angegangen? Warum könnte man nicht recyceltes Plastik subventionieren, anstatt Öl, mit dem neues Plastik hergestellt wird? Gelder müssten für kluge Pfandsysteme und Mehrwegverpackungen eingesetzt werden, aber von alledem hört man nichts in der Politik. Eine Aufklärungskampagne für die richtige Mülltrennung oder Müllvermeidung im Allgemeinen wäre mit Sicherheit auch keine schlechte Idee. Denn ich kann gar nicht mehr sagen, wie viele Leute ich schon mit Plastiktüte um ihre Bananen an der Supermarktkasse habe stehen sehen. Stattdessen klopfen sich alle auf die Schulter, was sie da für einen guten Beitrag zum Umweltschutz geleistet haben, wo doch endlich die verteufelten Strohhalme verboten werden. Sorry Leute, aber da geht mehr. Ist halt nur unangenehmer, sich gegen die wirklich großen Plastikmogule zu stellen, die 2015 circa 340 Milliarden Euro Umsatz gemacht haben. 

Ich freue mich auf eure Kommentare und Denkanstöße, denn all das hier ist ein langwieriger, noch längst nicht beendeter Prozess.

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