D&G steht ab sofort für Dead & Gone
Eine komplette Selbstdemontage mit Ankündigung
Eine komplette Selbstdemontage mit Ankündigung
Es gibt viele prominente Menschen da draußen, denen man aus Gründen des Selbstschutzes ein allgemeines Social-Media-Verbot auferlegen sollte. Hierzulande fallen mir spontan Boris Becker, Micky Beisenherz und Sophia Thomalla ein. Doch während man die Fehltritte der eben genannten Protagonisten zum großen Teil (und mit viel Wohlwollen) eher unter „nicht nachgedacht“, „unaufmerksam“ oder schlicht „peinlich“ einordnen kann, hat sich Stefano Gabbana mit seinem (Social-Media-)Gebaren nun vermutlich sein eigenes Grab geschaufelt – und das seines Ex-Lebensgefährten und Jetzt-Businesspartners Domenico Dolce gleich mit.
Es gibt den Social-Media-Fauxpas und es gibt den Griff in Scheiße
Was war geschehen? Am 21. November sollte eigentlich die große „China Show“ des italienischen Luxushauses Dolce & Gabbana in der mega Metropole Shanghai stattfinden. Dieser voraus ging eine aufwendig angelegte Social-Media-Kampagne unter dem vollmundigen Titel „DG Loves China“. Kurze Clips, die peu à peu über den hauseigenen Instagram-Account der Marke gepostet wurden (der erste Clip erschien fünf Tage vor dem geplanten Show-Termin), sollten der Kultur des bevölkerungsreichsten Land der Erde Tribut zollen – doch der Schuss ging ordentlich nach hinten los. Denn die veröffentlichten Clips haben mit einem Tribut ungefähr so viel zu tun, wie ich mit Dolce & Gabbana und zeigen nicht Respekt für ein Land und dessen Einwohner, sondern vielmehr eine Verballhornung und Stereotypisierung einer ganzen Kultur.
Wir sehen ein chinesisches Model, komplett gekleidet in Dolce & Gabbana, das sich daran versucht, mit Essstäbchen eine Pizza, einen großen Teller Spaghetti Bolognese und ein sizilianisches Cannolo zu essen. Klar, dass diese Versuche von mäßigem Erfolg gekrönt sind. Begleitet werden sie von einer männlichen Stimme in chinesischer Sprache aus dem Off, die zu allem Übel auch noch eindeutig erniedrigende sexuelle Referenzen zum Besten gibt. Aber seht selbst:
Dolce & Gabbana teilte diese Clips auch auf dem Microblogging-Dienst Weibo, dem wichtigstes Social Media Tool in der Volksrepublik. Das Drama nahm seinen Lauf: Keine 24 Stunden nach Veröffentlichung wurden die Videos aufgrund einer Empörungswelle wieder entfernt, doch natürlich waren sie bereits flächendeckend geteilt worden. Dass sich Stefano Gabbana dann auch dazu berufen fühlte, kritische Stimmen sowohl mit seinem eigenen, als auch mit dem offiziellen Instagram-Account von Dolce & Gabbana zu beleidigen und zu diskreditieren, machte aus dem Schwelbrand schließlich ein flächendeckendes Großfeuer.
Man kann das, was Stefano Gabbana da getrieben hat, ruhigen Gewissens einen verbalen Amoklauf gegen die komplette Volksrepublik nennen. So bezeichnete er China unter anderem als Scheißland (Trump-Déjà-vu, anyone?), warf den empörten Chinesen*innen Minderwertigkeitskomplexe vor und natürlich blieb auch der obligatorische Hunde-Kommentar nicht aus. Der Instagram-Account von Diet Prada, seines Zeichens Fashion-Polizei und erprobter Gegenspieler von Stefano Gabbana, fackelte nicht lange und veröffentlichte mit Gusto sämtliche ihm zugespielte Konversationen zum Thema in den eigenen IG Stories.
Der Rest ist seit gestern Geschichte: Nachdem nicht nur alle eingeladenen Prominenten öffentlich ihre Anwesenheit während der Show abgesagt hatten, zogen sämtliche Model-Agenturen ihre Talente von der 500 Looks starken Show ab. Keine Gäste, keine Models: keine Modenschau. Sowas hat es noch nie gegeben.
Dolce & Gabbana sind bekannt für rassistische Kommentare und Statements unter der Gürtellinie
Vor allem Stefano Gabbana machte in der Vergangenheit bereits mehrfach durch sein fragwürdiges Verhalten auf Instagram von sich Reden. So betitelte er Selena Gomez als hässlich, verunglimpfte Kate Moss, nannte Chiara Ferragnis Brautkleid von Dior „billig“ und ließ sich des Öfteren auf verbale Auseinandersetzungen mit Diet Prada ein. Alles unter den Augen einer mal mehr, mal weniger geschockten Weltöffentlichkeit. Flächendeckende Boykott-Aufrufe hatte ein Interview der beiden Designer mit dem italienischen Magazin Panorama im Jahre 2015 zur Folge, in dem sowohl Stefano, als auch Domenico gegen Regenbogenfamilien wetterten und homosexuellen Pärchen das Recht auf das Kinderkriegen absprachen. Durch künstliche Befruchtung gezeugte Kinder bezeichneten sie als „synthetische Nachkommen“ und das Leihmutterverfahren als „gemietete Gebärmutter“. Das ist insofern unverständlich, als die beiden selbst homosexuell sind und über 20 Jahre in einer Beziehung lebten. Unter anderem konnten sie nach dieser Aktion Elton John vorerst von der Kundenliste ihres Labels streichen.
Tatsächlich übt sich Dolce & Gabbana nun fleißig in peinlicher Schadensbegrenzung. So gab das Label via Instagram neben einer lausigen Entschuldigung das freche Statement ab, dass sowohl der eigene, als auch der Account von Stefano gehackt wurden und man gerade mit Hochdruck daran arbeite, die Schuldigen zu finden. Diese Räuberpistole kann eigentlich nur noch davon getoppt werden, dass als mögliche Strippenzieher der Hacker-Aktion am Ende Diet Prada benannt werden. Wobei es das ganze, lächerliche Schmierentheater noch amüsanter machen würde. Ich würde mal behaupten, dass diese Rettungsgasse wie auf bundesdeutschen Autobahnen blockiert bleiben wird. In diesem Fall allerdings zurecht.
An alle D&G-Bootlicker: Reichweite bedeutet auch Verantwortung
Dieses ganze China-Drama ist freilich der krönende Abschluss eines Abgangs mit Ansage, schließlich muss man sich nur mal in Ruhe durch all die rassistischen Beleidigungen, Ausfälle und peinlichen Kommentare des Social-Media-Pitbulls Stefano Gabbana googeln. Was mich jedoch verwundert, ist die Tatsache, dass nach den ersten unentschuldbaren Äußerungen der beiden Designer noch immer so viele Prominente und Instagram-Stars mit Dolce & Gabbana zusammengearbeitet haben. So liefen neben zahlreichen internationalen Influencer-Größen auch die deutschen Instagram-Stars Caro Daur und Stefanie Giesinger auf der Spring / Summer 2017 Fashion Show von Dolce & Gabbana.
Das große Problem dieser Branche ist, dass der Glanz der High-Fashion noch immer die Makel überstrahlt und sich die Protagonist*innen lieber im Showlicht sonnen, als sich an manchen Stellen demütig in den Schatten zu stellen. Mit der Reichweite steigt jedoch auch die soziale Verantwortung, denn man ist sichtbar und ein Vorbild für seine Followerschaft – die eigenen Handlungen haben einen weitreichenden, gesellschaftlichen Einfluss und es sollte doch immer das erklärte Ziel sein, hier das Richtige zu tun.
Ein internationaler Modekonzern, dessen zweiköpfige Führung anscheinend nicht nur einmal an dem gleichen Giftfrosch geleckt hat wie Donald Trump, gehört schlicht so lange boykottiert und ignoriert, bis die sinkenden Verkaufszahlen den Rest erledigen. Dass das sehr gut funktionieren kann, haben wir ja vergangene Woche am Beispiel von Victoria's Secret gesehen. Da sich Dolce & Gabbana nun das umsatzstärkste Land im Bereich Luxusmode zum erklärten Feind gemacht hat, dürfte der Genickbruch aber eventuell nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Wie hat es ein Kommentator auf Instagram so treffend fomruliert? „D&G steht ab heute wohl nur noch für Dead & Gone.“
Arrividerci, Stefano und Domenico!
UPDATE – 25. November 2018
Der Eklat um die große Fashion Show von Dolce & Gabbana in Shanghai ist mit der Absage der Show und der halbherzigen Entschuldigung der beiden Designer via Instagram natürlich noch nicht zu Ende. Es ist noch eingies passiert und ich wollte euch gerne einen kleinen Überblick über die Entwicklungen geben, die sich seit Erscheinen meines Artikel zugetragen haben.
Via Videobotschaft haben Stefano Gabbana und Domenico Dolce erneut um Verzeihung gebeten. Das Video könnt ihr hier in voller Länge sehen:
Abgesehen davon, dass es sich hier um keine wirkliche Entschuldigung handelt, hat man eher das Gefühl des Fremdschämens, nachdem man sich den wenige Sekunden andauernden Clip angeschaut hat. Oder wie seht ihr das? Kein Wort über die verfänglichen, beleidigenden Konversationen auf Instagram, kein Ton mehr zum angeblichen Hackerangriff ... schwach. Zumal sehr deutlich zu erkennen ist, dass die Worte der beiden Designer statt von Herzen, von einem Teleprompter kommen.
Eine Hälfte von Diet Prada, dem Instagram-Account, der den ganzen Skandal enthüllte, veröffentlichte zudem ein sehr privates Statement, in dem noch einmal klar wird, dass es um mehr geht, als nur jemandem etwas heimzuzahlen. Rassistische Äußerungen und Stereotypisierungen sind kein Spaß und es ist für viele Menschen noch immer eine Realität, mit der sie täglich konfrontiert werden. Gerade die Modebranche sollte als offene, bunte, tolerante Welt gelten, schließlich treiben sich gerade hier so viele Paradiesvögel herum, wie sonst fast nirgendwo. Das komplette Statement könnt ihr hier lesen:
Eines Fans kann sich das italienische Designduo immer sicher sein: Die First Lady der Vereinigten Staaten, Melania Trump, trug zu den offiziellen Thanksgiving Feierlichkeiten ein Kleid von Dolce & Gabbana. Stefano hat Melanie in der Vergangenheit bereits als echte #DGwoman gepriesen – ob die Kleiderwahl dieses Mal Absicht war oder Melanie sich einfach nicht um die Skandale des Modehauses schert ... wir werden es nie erfahren.
Dieser Artikel ist Werbung, da er Markennennungen enthält.