Lisas Bali-Kolumne Teil 2 – Wo der Mond eine Schüssel ist

Lisas Bali-Kolumne Teil 2 – Wo der Mond eine Schüssel ist

Von umgedrehten Tatsachen, Love Island und ersten Zen-Tests

Von umgedrehten Tatsachen, Love Island und ersten Zen-Tests

Hier bin ich also. Seit vier Tagen nenne ich Bali mein Zuhause und ich habe mit einem kleinen Anflug von Erschrecken festgestellt: Das mit dem Badezimmerboden daheim, das wäre gar nicht notwendig gewesen. Aber hinterher ist man immer schlauer, nicht wahr? Hättet ihr aber die Fugen anstarrende Lisa gesehen und die Lisa, die ihr Gepäck aufgibt, in den Flieger steigt, umsteigt und schließlich im nächtlichen Bali aussteigt... ein Unterschied wie Tag und Nacht. Sorgenfalten treffen auf äußersten Pragmatismus.

Beim Verlassen des Fliegers wurden meine Knie aber doch etwas weich und mich packten ein paar Emotionen. Denn ich hatte vergessen, dass der Mond hier eine Schüssel ist und wie sehr ich das liebe.

Der erste Zen-Test fiel mit der Tür ins Haus

Und zwar noch am Flughafen. Ich war tatsächlich lebend angekommen (meine Sorge Nummer 1!) und hielt erleichtert mein Visum in der Hand, als ich am Gepäckband etwas Entscheidendes nicht sehen konnte: Meinen Rucksack. Geduld, dachte ich mir. Aber als nach 20 Minuten nur noch ein einsamer Seesack seine Runden drehte und ich wie versetzt beim ersten Date als Letzte am Band stand, pikste mich die Realität mit ihren fettigen Fingern direkt ins Auge: „Der kommt nicht mehr, Lisa. Das war's.“

Die Dame am Schalter nahm, nachdem ich mit viel Trara meine Notlage geschildert hatte, sowohl meinen Verlust als auch die große Kakerlake, die auf dem Tresen ihren Weg kreuzte, mit so eiskalter Contenance hin, dass es mich ansteckte. In Amsterdam sei mein Rucksack hängengeblieben, er würde mir morgen ins Hotel gefahren. Ändern konnte ich nun eh nichts mehr, dachte ich mir. Das war also mein erster Zen-Test vom Universum auf dieser Reise und ich hatte nicht vor, zu versagen. Nach einem kurzen Zwischenstopp in einem sehr „lässigen“ Surferoutlet am Rande von Denpasar, in dem es außer grellem Neonlicht ausschließlich offensichtlich aus den Neunzigern hergebeamte Ripcurl-Kleidung gab, kaufte ich ein Kleid, Shorts und ein T-Shirt und konnte mich um ein Uhr nachts endlich erschöpft in mein Bett fallen lassen.

Go with the flow

Keine Angst, mein Rucksack und ich haben nach zwei eher schlaflosen Nächten wieder zusammengefunden. Aber vielleicht sollte ich euch noch verraten, was ich hier auf Bali eigentlich genau mache. Denn die abenteuerlichen Backpacker-Fotos wird es erst in drei Wochen geben, wenn meine erste Station auf der Insel hinter mir liegt.

Tatsächlich bin ich für 24 Tage in einem Resort mitten auf Bali. Nördlich die Reisfelder, südlich der Dschungel. Gemeinsam mit rund 18 tollen Menschen aus aller Welt mache ich hier eine Yoga Teacher Trainer Ausbildung. Was ich damit anstelle – oder auch nicht, das entscheide ich, wenn ich wieder da bin. Hergekommen bin ich in erster Linie für mich. Ihr werdet unser schönes Ashram hier sicherlich bald von allen Winkeln kennen. Denn unser Tag beginnt um halb sechs in der Früh und endet gegen neun. Auf dem Programm? Pranayama, Self-Study-Time, Ashtanga und Hatha Yoga, Vinyasa, Philosophie und natürlich Mahlzeiten und Leisure-Time. Sonst wird ja der Hund in der Pfanne verrückt. Am Sonntag etwa ging’s zum Tirta Empul Tempel, einem hinduistischen Wassertempel mit heiligen Quellen, in denen sich die Hindus der Insel rituellen Reinigungen unterziehen.

Da kannten wir uns alle schon etwas besser, doch der erste Tag hatte auf jeden Fall was von Love Island – nur ohne den Paarzwang. 19 Fremde, die an einem paradiesischen Ort zusammenkommen und nicht wissen, was die kommenden drei Wochen eigentlich genau auf sie zukommt. Es hat wirklich nur die versteckte Kamera gefehlt, die uns dabei filmt, wie wir am Pool, auf den Zimmern oder im Essensbereich aufeinandertreffen und uns beschnuppern. Herrlich. Da ist Aljona, die eigentlich aus Russland kommt, als Bootsstewardess aber nur auf solchen lebt und das bevorzugt in Südfrankreich. Oder Kelsey, die in einer kanadischen Inselkommune lebt und für diesen Trip extra einen Bikini kaufen musste, da dort alle immer nackt baden. Oder Minon, die als Archäologin auf der ganzen Welt unterwegs ist – und jetzt eben hier. Oder einer unserer Yogalehrer, der, krank von seiner Arbeit als Programmierer und nach drei abgebrochenen Studien in eine Gurukula ging und der, hätte seine Gesundheit in nicht im Stich gelassen, jetzt vermutlich ein Mönch wäre. Mit 31 Jahren wohlgemerkt. Auch einer der Gründe, warum ihm fünf Stunden Schlaf ausreichen. Etwas, wonach ich nicht strebe...

Die Mondschüssel füllt sich

Ich habe vor Abflug noch groß herumgetönt, dass mein Leben bisher Jetlag-frei verlaufen ist. Nun, diese Zeiten sind wohl vorbei. Die ersten drei Nächte waren unglaublich kurz und meine Haut hat sich für all das hier erst mal mit einer schönen Explosion bedankt. So langsam renkt sich aber alles ein und mein Biorhythmus findet das Gleichgewicht wieder (das er vorher ehrlich gesagt gar nicht hatte). Schlaf und Haut, Körper und Geist sind auf einem guten Weg. In den letzten sieben Tagen habe ich mehr über mich gelernt als in den sieben Monaten zuvor. Ich wache mit den Geräuschen des Dschungels auf. Mit Gecko-Gegacker, Vogelgesang und diesem geheimnisvollen Rauschen. Einschlafen tue ich zu Froschgesang und Zykadengezirpe. Und der Schüsselmond? Der füllt sich langsam, genauso, wie mein Kopf sich vom alten Ballast trennt. Alles läuft also genau nach Plan.

Gibt es denn etwas bestimmtes, das ich euch kommende Woche beantworten soll? Dinge, die ihr wissen möchtet oder Einblicke, die ihr gerne hättet? Habt ihr Fragen oder Anregungen? Dann teilt es mir in den Kommentaren mit!

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