Der Garten des Grauens

Der Garten des Grauens

Mit dem Haus kam ein Garten. Und jetzt steht Ragni vor der Herausforderung, die Wildnis in einen englisches Cottage-Paradies zu verwandeln

Mit dem Haus kam ein Garten. Und jetzt steht Ragni vor der Herausforderung, die Wildnis in einen englisches Cottage-Paradies zu verwandeln

Mit unserer Hausanschaffung haben wir auch einen riesigen Garten vermacht bekommen, der außer uralten Nadelbäumen und meterhohen Rhododendren wenig Schönes zu bieten hat. Ich versuche das mit meinem stümperhaften Gartenwissen zu ändern. Und weil Gärtnern dem Meditieren gleich kommt (auch für Lesende), nehme ich euch mit in unseren Garten des Grauens (und einige Idealvorstellungen).

Ich liebe ja seit einiger Zeit Gartenarbeit. Nach unserer Monsterrenovierung bleibt aber weder viel Geld für einen schön angelegten Garten, noch hatte ich bisher viel Zeit, mich um ihn zu kümmern. Das ändert sich jetzt langsam aber sicher. Die Bäume und riesigen Rhododendron-Büsche sind beinahe hundert Jahre alt, der Efeu im groß angelegten Beet durfte leider fast genauso lang munter sprießen. Deshalb musste erst mal ein Bagger Furchen in den Rasen ziehen und die ganzen Efeu-Wurzeln entfernen. Zurück blieb eine dichte, schwer zu bearbeitende Erde, die vor allem damit glänzte, mehr aus Steinen als aus Erde zu bestehen. Aber immerhin, diese kann ich als kostenlose Beetumrandung für weitere Beete nutzen. Positiv bleiben!

Garten des Grauens: Zwischenstand

Für jede neue Pflanze, die ich einpflanzen möchte, muss ich meinen Mann zur Hilfe holen, der mit Spitzhacke und Spaten die betonartige Erde bearbeitet. Traurig, aber wahr. Dann kommt noch ein klitschnasser Sommer hinzu, der mich nicht bei jeder nächstbesten Gelegenheit in den Garten stürmen ließ. Aber dennoch, ich bewege mich zurzeit viel zwischen Gartencentern, Gärtnereien und Baumschulen und verprasse mein schwer verdientes Geld für Rispenhortensien, Lavendel, Dahlien und Sonnenhut. Wie so oft gehe ich da ohne großes Konzept dran und mache einfach. In der Hoffnung, dass die einzelnen Stauden und Bodendecker sich ganz bald zu einem einheitlichen Bild zusammenfinden. Ich nehme euch ein bisschen mit auf meine Gartenreise. Mit ganz vielen Plänen und Ideen und mit Blumen vollgepackten Kofferräumen.

Ich habe im Frühling viele Blumensamen vorgezogen, es gibt ganz wunderbare Samensets zum Beispiel von Jora Dahl oder Sarah Stiller mit Blumen, die pflegeleicht, üppig und langlebig in der Vase sind. Aber unsere unperfekte Wohnsituation trug dazu bei, dass ich meine Zöglinge viel zu spät ausgepflanzt habe, weswegen einige Blumen den Absprung nicht geschafft haben und im Beet eingegangen sind. Also habe ich mir kurzerhand doch eine ganze Menge Blumen gekauft und eingepflanzt. Man muss nicht alles von der Pike auf beginnen. Farbtechnisch bin ich nicht sehr festgelegt. Nur blaue und gelbe Blumen passen irgendwie nicht in meine Ästhetik. Deshalb habe ich viele Rosa-, Lila, Weiß- und Cremetöne. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel und ich gehe da ganz mit dem Gärtner-Flow und kaufe das, was meinem Auge gerade gefällt. Wie gesagt, einen großen Plan habe ich nicht gemacht. 

Ich will voll gewucherte Beete, mit hohen, mehrjährigen Stauden bepflanzt. Stauden sind Pflanzen, die buschartig und hoch wachsen, üppig blühen und im besten Fall jedes Jahr wieder kommen. Außerdem möchte ich auch neue Beete im Garten anlegen, Wege ebnen, Heilkräuter pflanzen, einen Bogen installieren und mit der Ramblerrose beranken lassen, Sitzgelegenheiten an verschiedenen Ecken integrieren. Ich träume von einem sogenannten Cottage-Garten, der wild wuchert und in dem man an jeder Ecke eine neue, schöne Pflanze entdeckt. Es folgen ein paar Inspirationen:

Natürlich habe ich auch noch ein paar Profitipps, damit der Garten nicht mehr allzu lange ein Schlammloch bleiben muss, sondern in den schönsten Farben und Formen erblühen kann. Daniel Welschenbach, der seinen Garten vor allem mit Stauden bepflanzt hat und Sarah Stiller, die den schönsten Cottage Garten erschaffen hat, haben mir ein paar Fragen beantwortet:

Welche Pflanze kann in kurzer Zeit üppig blühen und ist für Ungeduldige geeignet?

Daniel: Meine Lieblingsstaude ist Katzenminze. Sie ist widerstandsfähig, anspruchslos und blüht sehr lange. Da ich im Frühling selber einige Katzenminzesorten vorgezogen habe, weiß ich, dass sie schnell und reichlich blüht. Sehr empfehlen kann ich die Sorte kaukasische  Katzenminze. Aber auch Storchschnabel blüht schnell und sehr üppig. Meine Empfehlung ist die Sorte 'Nimbus'.

Sarah: Da würde ich immer auf einjährige Pflanzen setzen – die werden im selben Jahr gesät oder gepflanzt und blühen dann den ganzen Sommer. Einjährige geben alles, was sie haben, wie ein spektakuläres Gartenfeuerwerk, weil sie spätestens nach dem ersten Frost ihren ‚Soll‘ erfüllt haben. Wobei: wenn Einjährige sich so richtig wohlfühlen, dann versamen sie sich und man hat auch im nächsten Jahr noch was von ihnen. Kosmeen sind da ein ganz tolles Beispiel, eine Blütenpracht in (fast) allen Farben.

Wenn man nach Stauden sucht, die jedes Jahr wiederkommen, bin ich ein Riesenfan von Herbstanemonen. Die haben eine lange und ganz tolle Blütezeit. Und Rosen dürfen natürlich nicht fehlen, von denen hat man auch im ersten Jahr schon etwas.

Kann man überall Beete anlegen, sofern die Lage halbwegs günstig ist?

Daniel: Ja, es gibt eigentlich für jede Lage die passende Staude. Die Auswahl ist beschränkter, aber oft gibt es gerade für Bereiche wie z.B. den Schatten sehr tolle und besondere Pflanzen. Baumscheiben (der Bereich direkt am Stamm)  sind oft die kniffligsten Orte für Stauden. Unter unserer Kiefer, wo kaum Regen hinkommt und Halbschatten herrscht, wächst sehr gut ein Balkan-Storchschnabel.

Sarah: Prinzipiell kann man Beete eigentlich überall anlegen. Wichtig ist, dass der Boden den Ansprüchen der Pflanzen entsprechen sollte. Wenn man zum Beispiel ein Beet auf einer Wiese anlegt, sollte man überlegen, ob man eventuell den Boden verbessern möchte. Es sei denn man pflanzt Wildblumen, die sind dankbar, wenn der Boden eher karg als überdüngt ist.

Womit durchbrichst du am liebsten das Bild des langweiligen Rasens?

Daniel: Mit Vielfalt. Diese steht in unserem Garten an erster Stelle. Ich versuche immer wieder viele Stauden zu kombinieren und so eine große Üppigkeit zu erzeugen. Ich finde, eine große Rasenfläche macht oft mehr Arbeit als eine gut eingewachsene Staudenfläche.

Sarah: Den langweiligen Rasen zu durchbrechen ist für mich das Allerliebste und Aufregendste und Tollste überhaupt! Am besten mit Beeten, da bildet der Rasen dann sozusagen die Wege zwischendrin. Das kann aber auch genauso gut ein Staketenzaun sein, eine Bank, ein Rosenbogen oder eine Sitzecke. Auch Bäume sind toll. Der Zierapfel Red Sentinel als Strauchbaum zum Beispiel verändert gleich das ganze Bild des Gartens. Und er bringt so viel Lebensglück, wenn im Spätherbst die Amseln zwischen den dunkelroten Äpfelchen von Ast zu Ast hüpfen.

Was braucht man, um Sitzecken und andere kleinere Bereiche optisch vom Rest des Gartens abzutrennen?

Sarah: Das könnte eine kleine Mauer sein oder eine niedrige Hecke aus Strauchefeu. Auch hier geht ein Staketenzaun gut. Besonders schön ist es, wenn man eine Art Eingang schafft, wie zum Beispiel mit einem Rosenbogen oder zwei Büschen. Ähnlich wie bei der letzten Frage ist es hier ganz wichtig, dass man eine Verbindung zwischen den verschiedenen Elementen schafft. Es sollte also nicht so aussehen wie ‚bestellt und nicht abgeholt‘, sondern eher so, dass alle Teile des Gartens (ob Beete, Wege, oder Kaffee-und-Kuchen-Ecken) doch aus einem Guss stammen.

Daniel: Man muss einfach eine Abgrenzung schaffen. Hier hilft es sehr den Blick durch hohe Pflanzen zu brechen, mit anderen Formen und Materialien zu arbeiten oder einfach ein ganz neues Thema zu haben. Ich bewundere es sehr, wenn man es schafft, in einem Garten immer wieder neue Räume zu kreieren.

Ein Lieblingsmaterial, um Wege durch den Garten schlängeln zu lassen?

Sarah: Also ich finde Rasen als Weg eine ganz tolle und pflegeleichte Lösung – das ist wahrscheinlich mein Liebling. Das ist nicht steril und es läuft sich so schön barfuß drauf. Kies ist auch toll. Ich lege da allerdings kein Unkrautflies drunter, weil ich es herrlich finde, wenn dann plötzlich eine Akelei oder ein Hornveilchen ihre Köpfchen durchstecken.

Daniel: Ganz klar, Kies oder Holz. Wir haben einige Kieswege angelegt und ich liebe einfach das Gefühl und die Geräusche beim Gehen, wenn man über den Kies läuft.

Das war jetzt schon ganz schön viel geballtes Gartenwissen, aber vielleicht denkt ihr ja auch zurzeit über eine kleine Stadtflucht oder einen Schrebergarten nach und vielleicht konnte ich Euch mit den Tipps hier ganz viel Inspiration einflößen. Ich bin jedenfalls wieder Feuer und Flamme, auch wenn es noch etwas dauern wird, bis mein Garten so wundervoll aussieht wie der von Daniel oder Sarah. 

Zugegeben, von den Ergebnissen auf den Bildern ist mein Garten noch weit entfernt und der nicht existente Sommer dieses Jahr im Rheinland hat sein Übriges dazu getan, dass alles langsamer vonstattenging, als ich es mir vorgestellt hatte. Im Dauerregen machte es einfach keinen Spaß, Blumen zu pflanzen. Und ja, um einen Garten anzulegen, braucht es Geduld. Da bin ich nicht so gut drin. Aber es dauert einfach, bis die Jungpflanzen zu einem schönen Bild zusammenwachsen, größer werden und irgendwann eben doch alles überwuchern werden.

Wir warten also auf nächstes Jahr, hoffen auf einen milden Winter und gehen dann im Frühling mit ganz neuem Elan an das Großprojekt Garten dran. Und ich werde Euch wieder mitnehmen. Jetzt verziehe ich mich erst mal in den Winterschlaf – ach nee, ist ja gerade erst Spätsommer. Puh. Ihr merkt, das nasskalte Wetter hier macht mir zu schaffen ...

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    Sarah Stiller

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