Kann jede*r Kunst sammeln? So war unser Paneltalk mit Salon XX
Wie sammelt man Kunst, ohne Millionen auf dem Konto? Dieser Frage ist der von Julia moderierte, erste Panel Talk von Salon XX nachgegangen. Hier fasst sie die Take-away für euch zusammen
Wie sammelt man Kunst, ohne Millionen auf dem Konto? Julia fasst für euch den ersten Panel Talk von Salon XX zusammen
Erinnert ihr euch noch? Diesen Frühling haben wir hier auf Beige eine Interviewreihe zum Thema Kunstkauf gestartet, für die wir unter anderem mit dem Galeristen Nils Müller, Diandra Donecker vom Auktionshaus Grisebach und der Londoner Sammlerin Valeria Napoleone gesprochen haben. Wir wollten wissen, wie wir mit dem Sammeln anfangen sollten, wo man am besten Kunst kauft und wen wir um Hilfe bitten können.
Vor zwei Wochen hatten wir die großartige Möglichkeit, all diese Fragen erneut zu stellen. Dieses Mal gleich mehreren Expert*innen auf einmal und live vor Publikum. In Zusammenarbeit mit Beige und den Goalgirls hat die neue Networking-Plattform Salon XX am 24. September einen Panel Talk zum Thema „How to start an Art Collection without being a Millionaire?“ organisiert. Der großartige Kopf hinter Salon XX ist Jasmin Pearson-Behr, die mit den in Zukunft regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen das Netzwerk von Frauen und nichtbinären Personen im Kulturbereich stärken möchte. Umso schöner, dass Jasmin mich gefragt hat, ob ich die Podiumsdiskussion moderieren möchte. Na klar wollte ich!
Die tolle Location für den Panel Talk bot aptm, wo es ebenfalls viel Kunst zu sehen und zu kaufen gibt. Einmal wöchentlich finden dort übrigens Events rund um das Thema Kreativität statt. Durch die Corona-Auflagen war die Teilnehmer*innenzahl zwar stark begrenzt, Beige durfte auf Instagram aber dennoch 2x2 Karten für die Veranstaltung verlosen.
Aber nun zu den knallharten Fakten des Abends. Folgende Gäst*innen waren dabei:
Nach langjähriger Arbeit für die Galerie EIGEN+ART und Initiierung des EIGEN+ART Labs, ist die Galeristin Johanna Neuschäffer seit 2018 Gründungsmitglied von OFFICE IMPART. Zusammen mit ihrer Kollegin Anne Schwanz arbeitet sie dort an einem erweiterten Galeriekonzept, das bestehende Strukturen und Regeln der Kunstwelt hinterfragt und gleichzeitig eine enge Zusammenarbeit mit anderen Galerien und Künstler*innen möglich macht.
Die Künstlerin Johanna Dumet kennt ihr vermutlich alle schon von Instagram. In meiner Bubble ist sie zumindest seit Monaten sehr präsent. Spätestens nachdem ich im Mai ein Interview mit ihr geführt habe, bin auch ich großer Fan. Vor kurzem hat Johanna ihre erste Solo-Ausstellung „Geil, oder?“ in der Berliner Weserhalle präsentiert, bei der alle gezeigten Werke in kürzester Zeit verkauft wurden – Chapeau!
Nach Stationen beim Auktionshaus Christie’s, der Galerie Jamileh Weber in Zürich und der DekaBank Art Collection in Frankfurt arbeitet Jonas Kriszeleit aktuell als stellvertretender Direktor für die Berliner Galerie Esther Schipper. Sicher habt ihr es auch schon in meinen Empfehlungen für das Gallery Weekend gelesen, ich empfehle aber auch hier nochmal, euch die beiden Ausstellung anzusehen, die dort noch bis Mitte Oktober laufen.
Natürlich möchten wir euch die Ergebnisse der Diskussion nicht vorenthalten und unsere Erkenntnisse mit euch teilen:
Instagram macht Kunst für alle zugänglich!
Die Digitalisierung hat die Rolle vieler Künstler*innen verändert. Auf Plattformen wie Instagram führen sie ihr eigenes Business, vermarkten ihre Kunst und treten in Kontakt mit potenziellen Interessent*innen. Dadurch wurde die klassische Rollenverteilung, bei der die Galerie die Organisation für Künstler*innen übernimmt, aufgehoben. Studio- und sogar Instagrammanager*innen sind keine Seltenheit mehr.
Nichtsdestotrotz ist Instagram eine super Plattform, um sich eine eigene Meinung zu bilden, Künstler*innen direkt anzuschreiben und in persönlichen Kontakt mit den Künstler*innen zu treten. Instagram kann uns die Angst davor nehmen, in Galerien zu gehen und dort Leute anzusprechen. Hier können wir still und heimlich favorisieren, bis wir direkt in die DMs sliden. Dafür ein Herzchen!
Primärmarkt oder Sekundärmarkt?
Der Unterschied ist eigentlich ganz einfach. Kauft ihr direkt bei Galerien oder Künstler*innen ein, ist das der Primärmarkt. Beim Galeriekauf wird der Erlös übrigens immer 50/50 aufgeteilt: Die eine Hälfte bekommt der oder die Künstler*in, die andere Hälfte die Galerie.
Zum Sekundärmarkt zählen zum Beispiel Auktionshäuser, das Werk war also bereits im Umlauf. Auch manche Galerien organisieren Auktionen, so zum Beispiel die Weserhalle in Berlin. Im sogenannten Nachverkauf könnt ihr bei großen Auktionshäusern Kunst erstehen, die bei der eigentlichen Auktion nicht verkauft wurde. So hat übrigens auch Jonas Kriszeleit sein erstes Kunstwerk erstanden. Mittlerweile bieten viele Auktionshäuser auch Online-Auktionen an. Für mehr Infos könnt ihr gerne das Interview mit Diandra Donecker, CEO vom Auktionshaus Grisebach, lesen.
... was uns auch schon zur nächsten Erkenntnis führt: Verschiedene Systeme können koexistieren. Neben dem sehr traditionellen Kunstmarkt gibt es auch viele neue und unkonventionelle Konzepte, die nebeneinander bestehen und im besten Fall voneinander lernen können. Beim Kunstkauf gibt es kein richtig oder falsch – you do you!
Kunst kann man nicht nur an die Wand hängen
Beim Thema Kunstsammeln denken viele Menschen automatisch an ein Gemälde oder eine Zeichnung. Aber natürlich können wir auch Skulpturen oder Videokunst kaufen. Diejenigen, die sich für digitale Kunst interessieren, müssen keine Sorge haben, dass jemand ihr Kunstwerk unendlich vervielfältigt. Block-Chain und spezielle Wasserzeichen ermöglichen es, Eigentumsrechte und Copyrights zu sichern und Editionen deutlich zu machen. Beim Weiterverkauf eines solchen Werkes wird der gesicherte Blockchain-Code übergeben und garantiert, dass das Werk nicht hundertfach kopiert wird. Um solche Angelegenheiten kümmert sich zum Beispiel das Berliner Start-up BigchainDB.
Reden lohnt sich!
Auch, wenn es Überwindung kosten mag: Tretet in den Dialog mit den Menschen in Galerien. Nach dem Wert oder der Geschichte eines Werkes zu fragen, kann wirklich viel Überwindung kosten. Dabei seid ihr genau die Zielgruppe, die eine Galerie ansprechen will: Junge, an Kunst interessierte Menschen! Also traut euch auf Eröffnungen, Veranstaltungen oder zum Gallery Weekend und schnuppert so viel Galerieluft wie nur möglich. Kleiner Tipp: Unter der Woche sind die Galerien meist leerer und die Mitarbeiter*innen haben viel Zeit, euch ganz viel zu erzählen.
Emotional oder mit Konzept einkaufen?
Fun Fact: Alle drei Gäst*innen haben ihr erstes eigenes Kunstwerk aus emotionalen Gründen gekauft. Der persönliche Geschmack stand also bei allen im Vordergrund. Beim ersten Werk solltet ihr definitiv auf euer Herz hören, auch, wenn Hintergrundinformationen zur Qualität und zur Auflage natürlich wichtig sind. Übrigens: Ihr werdet mit eurer Sammlung mit hoher Wahrscheinlichkeit kein*e Millionär*innen werden – so viel Glück haben die Wenigsten! Deshalb solltet ihr weniger aus Kalkül einkaufen, sondern viel mehr, um den oder die Künstler*in auf ihrem Weg zu unterstützen.
Großer Name – kleiner Preis?
Falls ihr dennoch Wert auf einen ganz großen Namen in eurer Sammlung legt, ist es besonders bei großen Editionen oft möglich, Werke von bekannten Künstler*innen zu kaufen. Je höher die Auflage, desto günstiger ist das Kunstwerk meistens. Für das gleiche Geld könnt ihr natürlich auch junge, aufstrebende Künstler*innen supporten und ein Unikat erstehen.
Kunst per Click-and-buy Button
Ein Instagram-Shopping-Button für Kunst? Neee! Da waren sich alle Gäst*innen einig: Kunst kriege dadurch Warencharakter, der spezielle Reiz des Sammelns gehe verloren. Trotzdem kann man Kunst auch online kaufen. Der Vorteil ist: Dort können wir transparent einsehen, wie hoch der jeweilige Preis ist. Auch Messen und Ausstellungen müssen inklusiver gestaltet werden und den Besucher*innen das Gefühl geben, sich die gezeigte Kunst leisten zu können. Alle Diskutierenden waren jedoch der Meinung, dass die Entscheidung zum Kunstkauf Zeit brauche und der Austausch mit der Galerie oder den Künstler*innen ein wichtiger und spaßiger Teil des Ganzen sei.
Take risks – ein bisschen zumindest!
Keine Sorge, wir wollen euch nicht zur Verschuldung anstacheln. Johanna Dumet hat es wunderbar zusammengefasst: „If you don’t go for it, nothing is gonna change!“ Wenn euch ein Werk wirklich gefällt, kauft es! Es ist Teil des Prozesses, aufgeregt zu sein und vermeintliche Fehler zu machen. Mit der Zeit werdet ihr euren persönlichen Weg herausfinden und feststellen, dass es gar keine Fehler geben kann, solange ihr das Werk toll findet.
Zum Schluss haben wir noch ein paar heiße Tipps von den Expert*innen für euch. Auf diesen Plattformen findet ihr eine Menge Inspiration rund um Kunst, Kunstkauf und spannende Künstler*innen:
- Artsy ist eine Online-Plattform, auf der ihr (fast) grenzenlos Kunst erstöbern, favorisieren und letztendlich auch kaufen könnt. Ihr könnt an Auktionen teilnehmen oder euch benachrichtigen lassen, wenn Werke nach eurem Geschmack angeboten werden.
- Auf gallerytalk.net könnt ihr euch über junge Künstler*innen informieren, spannende Interviews und ehrliche Reviews lesen. Das Online-Magazin bietet vielstimmige Empfehlungen zu deutschlandweiten und internationalen Ausstellungen und lässt euch ohne etepetete in die Kunstwelt eintauchen.
- Bei goodtotalk geht es um den Austausch: Das Festival stellt ein Crossover aus Kunst, Musik, Mode und Wissenschaft dar und bietet Talks, Diskussionen und Performances zu verschiedensten Teilbereichen zeitgenössischer Kunst. Dieses Jahr wurde das Festival in Form von „Ask me anything“-Formaten digital umgesetzt, alle Videos dazu findet ihr hier.
- Artland ist eine Online-Plattform für zeitgenössische Kunst, auf der Galerien die Kunst ihrer Künstler*innen hochladen können. Ihr wiederum könnt hier ohne Hemmungen stöbern, neue Werke entdecken - und habt den Preis direkt vor der Nase.
- Das Online-Magazin KubaParis ist auf die Berliner Kunstszene fokussiert und bietet englischsprachige Texte zu junger, zeitgenössischer Kunst. Der Newsletter versorgt euch mit allen wichtigen Infos.
- Apropos Newsletter: Meldet euch doch für das wöchentliche Update namens „The Weeker“ von OFFICE IMPART an, dann kriegt ihr regelmäßig Tipps für Events und Ausstellungen in euer Postfach geschickt.
- Alle weiteren täglichen Updates gibt es bei Index Berlin. Hier findet ihr tagesaktuelle Tipps zu Ausstellungen und Eröffnungen in Berlin.
Ich bin schon unglaublich gespannt auf alle weiteren Events von Salon XX. Die nächste Veranstaltung wird ein Persian Afternoon Tea bei der Galeristin Anahita Sadighi mit anschließender Tour durch ihre Galerien sein. Alle Infos dazu findet ihr hier. Danke allen Beteiligten für die großartige Organisation, die Unterstützung und natürlich das zahlreiche Interesse!
Wenn es euch jetzt auch schon in den Fingern juckt, dann schnappt euch eure liebste Begleitung, werft alle Schüchternheit über Bord und quatscht die nächste Galeristin oder den nächsten Künstler an - viel Spaß!
Dieser Artikel ist Werbung, da er Markennennungen enthält.
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Fotos:Marie Jaster