Abgekämpft und müde – Geschichten einer Working Mum Teil 2

Abgekämpft und müde – Geschichten einer Working Mum Teil 2

Erlebnisse einer Mama in Vollzeit

Und plötzlich war es fast Weihnachten, als ich es endlich schaffe, den zweiten Text zu meinen Erlebnissen als Mama in Vollzeit zu schreiben. Das sagt eigentlich auch schon alles, oder? 

Zu Teil 1 geht es hier entlang!

Seit dem 1. Dezember ist mein Praktikum im Kreißsaal vorbei. Und ich muss sagen, so ganz erholt habe ich mich noch nicht. Ich genieße meine freie Zeit, lebe manchmal einfach nur so in den Tag hinein, bis ich meine Tochter vom Kindergarten abhole. Ich lese wieder, gehe abends nicht schon um neun Uhr ins Bett, um pünktlich für die Frühschicht aufstehen zu können. 

Ich merke jetzt immer öfter, dass ich mir selbst genug bin. Ich kann stundenlang im Haus sortieren und aufräumen, lesen, ein bisschen im Garten arbeiten, vielleicht mal einkaufen gehen und ich würde mich trotzdem nicht langweilen. Vor allem, weil ich ja trotzdem feste Termine am Tag habe, meine Tochter bringe ich in den Kindergarten oder hole sie ab, es muss Essen im Haus sein für die Kinder, ich muss kochen und das Haus halbwegs ordentlich halten. Vielleicht fällt es mir wegen dieser Genügsamkeit so schwer, mich in eine 40-Stunden-Woche einzufinden. Ich habe auch ohne Lohnarbeit genug zu tun. Meine beiden Kinder brauchen und kriegen viel Zuneigung und ganz nebenbei halte ich auch noch meine Beziehung am Laufen. 

Weder #BusyBee, noch #WorkingMum – schon immer

Ich war nie die, die immer beschäftigt war, schon als kleines Mädchen habe ich Zeit für mich alleine gefordert. Wenn mehr als zwei Termine für einen Tag in meinem Kalender stehen, wird es mir oft schon zu viel, bevor ich diesen Tag überhaupt begonnen habe. Wenn ich um 16 Uhr irgendwohin muss, kann ich vorher praktisch nichts machen, denn ich habe ja diesen einen Termin. Das sagt zumindest mein Kopf! Und dann frage ich mich, ob es auch anderen bei einer 40+-Stunden-Woche so geht. Dieses Gefühl, ausgelaugt zu sein. Nie genug Schlaf zu bekommen, nie genug Freizeit zu haben, nie mal einfach nichts zu tun. Ich brauche dieses Nichtstun sehr dringend und regelmäßig. 

Mit Kindern ist das natürlich nochmal schwieriger und wenn ich mich gerade in einer ruhigen Minute wähne und ein Buch aufschlage, kommt meine Große und will Pferd spielen oder der Kleine, der vom Sofatisch springen will. Als Eltern lebt man den Rhythmus der Kinder, Spontaneität fällt oft flach. Ich bleibe auch selten länger als bis 23 Uhr wach, weil ich weiß, dass meine beiden pünktlich morgens um halb sieben ihren Haferbrei verlangen. Und als ich mein Praktikum gemacht habe, war ich eh dauermüde und konnte die kinderfreie Zeit abends nur noch vor Netflix verbringen oder gleich im Bett. 

Was man halt 2020 so machte: 

Nebenbei haben wir im November auch noch ein Haus gekauft und unser eigenes Haus verkauft. Das bedeutete unfassbar viel Papierkram, Anrufe, Behördengänge, Terminvereinbarungen. Auch deshalb bin ich froh, gerade mal ein bisschen Platz in meinem Kopf zu haben für jegliche Renovierungsideen und Terminabsprachen mit Handwerker:innen.

Dieses Jahr ist mir irgendwie klar geworden, dass es nicht mehr aufhört. Kaum ist eine Sache abgehakt, kündigen sich schon die nächsten drei an. Das Gefühl mit etwas fertig zu sein, hatte ich seit mindestens zwölf Monaten nicht mehr. Das ganze Jahr war ein großer Schritt Richtung Erwachsenwerden. Mit Ende 20 darf das ja auch sein. Aber anstrengend finde ich es trotzdem. Und mit Kindern hat man eben nicht nur die Sorge um das beste Sportprogramm, die gesündeste Ernährung und den nächsten Urlaub. Natürlich überspitzt gesagt!

Wir suchen verzweifelt einen Betreuungsplatz für die beiden für nächstes Jahr. Wir wollen aber eben keine Verwahrungsanstalt für die Kinder, sondern eine Einrichtung, mit deren Werten und Konzepten wir uns wohlfühlen. Das ist viel verlangt in der heutigen Betreuungssituation. Und doch ist es eine Suche, die mich zurzeit an meine Grenzen bringt. Weil ich es so wichtig finde und es mich rasend macht, dass wir noch immer keine feste Zusage haben und die meisten Kindergärten am Ende des Jahres die Gruppen zuteilen. Was mache ich, wenn ich nächstes Jahr ohne Betreuung für die Kinder da stehe? Genau, gar nichts! Und auch wenn ich dem für einige Wochen oder sogar ein paar Monate durchaus etwas abgewinnen kann, habe ich sorge, dass ich so langsam völlig den Anschluss an die Arbeitswelt verpasse, an der ich mit 29 nun doch gerne langsam, wenn auch nicht in Vollzeit, teilnehmen würde. 

Sollte ich wirklich Hebamme werden, müsste ich ganze drei Jahre lang Schichtarbeit in 40 Stunden die Woche ableisten. Auch wenn die Ausbildung gerade zu einem Studium umgemodelt wird (was mir ein Rätsel ist), gibt es trotzdem die Arbeitsblöcke. Seine Arbeitszeiten kann man sich auch nicht einfach selbst einteilen, meistens bekommt man am Anfang des Monats einen Plan, nach dem man dann arbeiten geht. Und den Ausbilder:innen ist es egal, dass der Kindergarten freitags früher schließt oder eines der Kinder am Sonntag Geburtstag hat. Wenn ich dann irgendwann Hebamme bin, werde ich möglichst schnell in die volle Freiberuflichkeit starten oder zumindest nicht Vollzeit in einer Klinik arbeiten. 

Dann ist da natürlich noch die Betreuung meiner Kinder, die reibungslos laufen muss, wenn ich sie nicht übernehmen kann. Aber die beiden sind einfach noch klein und ich verpasse doch eine ganze Menge, wenn ich so viel weg bin. Wir haben zum Glück zwei hingebungsvolle Omas, aber die sind beide so jung, dass sie selbst noch arbeiten und nicht ständig Zeit haben. Und natürlich möchte ich auch einfach meine Kinder sehen und mit ihnen Zeit verbringen. Mal etwas unternehmen und nicht dauernd gerädert sein. Und auch eben die Zeit, die ich für mich brauche, die mit zwei Kindern so dünn gesät ist. 

Im Zweifel für den Zweifel

Ich bin mir wirklich noch nicht sicher, wie ich das nächstes Jahr handhaben werde. Mein Plan ist auf jeden Fall eine Bewerbung zu schreiben, ich bin aber räumlich so gebunden, dass ich wirklich alles nur auf diese eine Karte setze. Ein Arbeitsweg von einer Stunde oder mehr ist für mich nicht zu stemmen. Sollte ich dann wirklich angenommen werden, muss ich noch einmal tief in mich hineinhorchen. Ob es wirklich der richtige Zeitpunkt ist. Ob ich es noch auf ein paar Jahre ankommen lassen kann. Ob ich vielleicht den Wunsch auch ganz aufgebe. Vielleicht versuche ich es auch doch nochmal auf der journalistischen Schiene, obwohl da eine Festanstellung eher unwahrscheinlich ist. Ich habe das zwar gelernt, aber so richtig in dem Bereich gearbeitet habe ich noch nicht. Zumindest nicht in einer Anstellung, wo auch wirklich monatlich ein Gehalt reinkam. Und nur selbständig arbeiten liegt mir irgendwie auch nicht. Dafür bin ich zu unstrukturiert. Ich muss wirklich abwägen und überlegen. Wie gesagt, es hört einfach nicht mehr auf, auch nicht in 2021.

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